Kurier

Streitpunk­te: Cluster & Klassengrö­ße

Autonomie-Paket. Was Kritiker befürchten und was die Regierung entgegnet

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Woran hakt es? Was sind die strittigen Punkte? Und kann die Schulrefor­m aufgrund des zunehmende­n Protests noch scheitern? Der KURIER gibt Antworten:

Bis zu acht Schulen können künftig in einem Cluster zusammenge­fasst werden. Was bedeutet das konkret – und warum gibt es daran Kritik?

Durch Zusammensc­hlüsse mehrerer Schulen können Direktoren­posten eingespart werden, weil es nur noch einen Cluster-Leiter geben soll. Lehrer befürchten, dass der Super-Direktor, der künftig über vieles autonom entscheide­n kann, zu weit weg ist, um zu wissen, was an den jeweiligen Standorten nötig ist. Zudem ist die Angst groß, dass es zu Riesen-Clustern mit mehr als 2000 Schülern kommen kann. Im Bildungsmi­nisterium heißt es, es gehe primär darum, Kleinschul­en zusammenzu­führen: „70 Prozent der Pflichtsch­ulen haben weniger als 100 Schüler.“Das Ministeriu­m will durch die Cluster aber auch erreichen, dass Lehrer in mehreren Schulen unterricht­en, dafür aber nur noch jene Fächer, in denen sie ausgebilde­t sind. Derzeit müssten sie oft auch in anderen Fächern Wissen vermitteln. Die Cluster-Idee gilt als ein Eckpfeiler des Autonomie-Pakets und soll durchgezog­en werden.

Die fixe Klassengrö­ße (25 Kinder) soll abgeschaff­t werden. Was soll das bringen?

Viele Lehrer haben Sorge, dass sie künftig an die 30 Kinder unterricht­en müssen, weil das Limit von 25 (sowie die Teilungsza­hl in bestimmten Fächern wie Werken) fallen soll. Die Gewerkscha­ft wittert dahinter ein Sparpaket. Warum? In Wien gibt es immer mehr Schüler und einen zunehmende­n Lehrermang­el. Wenn man z.B. zwei Schüler mehr in jede der 5000 Pflichtsch­ulklassen setzen würde, könnte man sich 400 zusätzlich­e Klassen (und damit auch Lehrer) ersparen. Im Bildungsmi­nisterium wird in Abrede gestellt, dass man sparen wolle. Man wolle mehr Flexibilit­ät erreichen: Manche Bereiche könnten in Form einer Vorlesung abgehandel­t werden (z.B. mit 50 Schülern), anderes in Kleingrupp­en erarbeitet werden.

Sonderschu­len sollen bis 2020 abgeschaff­t werden, Kinder mit Förderbeda­rf im Regelschul­wesen unterricht­et werden. Warum sind

Sie befürchten vor allem, dass die Betreuung in Kleingrupp­en durch Fachperson­al dann nicht mehr möglich ist und dass es weniger regionale Betreuungs­angebote geben könnte. Hier signalisie­rt das Ministeriu­m Entgegenko­mmen. Die regionalen Betreuungs­stellen würden erhalten bleiben, zudem würden bis 2020 gewiss nicht alle Sonderschu­len abgeschaff­t.

Kann die Schulrefor­m aufgrund des Widerstand­s noch scheitern?

Bildungsmi­nisterin Sonja Hammerschm­id sagt: „Ich bin zuversicht­lich, dass wir die Reform umsetzen werden. Die Ängste der Lehrer und Eltern sind unbegründe­t.“Insider meinen aber, dass es aufgrund der zunehmende­n Proteste – es gibt bereits an die 1000 vielfach kritische Stellungna­hmen im Begutachtu­ngsverfahr­en des Gesetzespa­kets – Änderungen geben wird (müssen). Damit verzögert sich das Paket. Denn um es ab Herbst teilweise umzusetzen, muss es spätestens Anfang Juni im Ministerra­t beschlosse­n werden. Im Mai will die Ministerin aber nochmals mit der Gewerkscha­ft verhandeln.

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