Ein Zuhause für Nomadentöchter
Schulprojekt. Bildung verhilft Mädchen zu Selbstbestimmung
Frauen sind, vor allem als Schwangere oder Stillende, neben Kindern und Alten die Hauptleidtragenden der Dürre, sie schultern die schwerste Last. Während die Männer mit den verbleibenden Tieren auf der Suche nach Wasser umherziehen oder – falls alle Tiere verendet sind – oft in den Dörfern sitzen, müssen die Frauen die Familie versorgen. Sie sind es, die Essen auftreiben und, meist mit Baby am Rücken, stundenlang zu Wasserstellen marschieren. „Sie müssen die Starken sein, sie verspüren großen Druck“, sagt Ibrahim Abdallah, Mitarbeiter der nordkenianischen Hilfsorganisation PACIDA, im Gespräch mit dem KURIER.
In der patriarchalischen Gesellschaft der Viehnom- aden gelten Frauen wenig. Bildung bleibt ihnen großteils verwehrt, und im Alter von zehn bis zwölf Jahren werden bis zu 90 Prozent der Mädchen genitalverstümmelt, unabhängig von ihrer Religion. Die lebensgefährliche Prozedur gilt als Voraussetzung für eine Verheiratung, die meist wenig später erfolgt. „Die Regierung stellt Heiraten mit Mädchen unter 18 Jahren zwar unter Strafe, es gibt die Praxis aber immer noch“, so Abdallah.
Rettungszentrum
Sora Duba kämpft gegen diese Probleme an. Er ist Direktor der „Kalacha Nomadic Girls Boarding School“, eines Beispiel gebenden Internats für Mädchen im Alter von sechs bis 14 Jahren, das von der Ca- ritas Österreich in Zusammenarbeit mit PACIDA unterstützt wird. „Unsere Schule ist ein Rettungszentrum für Mädchen, die vor Genitalverstümmelung oder Zwangsheirat geflohen sind“, sagt Duba. Hier finden sie Zuflucht und erhalten Bildung, die ihnen ein eigenständiges Leben außerhalb ihrer Gemeinschaften sichern soll. Doch nicht nur von ihren Familien verstoßene Mädchen leben und lernen in Kalacha, sondern auch Mädchen, deren Eltern auf eine bessere Zukunft hoffen.
Anfangs sei es schwer gewesen, die Nomaden, zu 99 Prozent Analphabeten, zu überzeugen, ihre Töchter in die Schule zu schicken, erzählt Duba. Dann habe das Interesse kontinuierlich zuge- nommen: „Die Eltern wollen etwas Neues für ihre Kinder.“
Dieser Fortschritt steht allerdings auf wackeligen Beinen. Grund ist die Dürre, wegen der viele Eltern das Schulgeld in Höhe von wenigen Euro im Quartal nicht mehr zahlen können: Vor der Dürre besuchten 700 Mädchen im Alter die Schule, heute sind es nur noch rund 500. Eine Woche Überleben Aktion der Katholischen Kirche