Kurier

Entwicklun­gszonen statt Flüchtling­slager

Die bisherige Flüchtling­spolitik hat versagt. Es braucht neue Lösungen.

- JOSEF ERTL josef.ertl@kurier.at

Tausende ertrinken, Schlepper vergewalti­gen junge Frauen, denn Flüchtling­sboote mit schwangere­n Frauen werden bei den Aufgriffen der Boote durch italienisc­he Militärs bevorzugt behandelt und sie können dadurch höhere Preise verlangen. Das Netzwerk der Schlepper verdient Milliarden.

Was sich derzeit im Mittelmeer abspielt, ist keine Lösung, sondern purer Zynismus. Wer immer Alternativ­en vorschlägt wie Außenminis­ter Sebastian Kurz, Verteidigu­ngsministe­r Hans Peter Doskozil oder viele Abgeordnet­e im Europaparl­ament, diese Route zu schließen, wird umgehend öffentlich geohrfeigt. Ohne dass die Kritiker in der Lage sind, eigene Vorschläge vorzulegen,um das Elend zu beenden. Die Diskussion entzündet sich vor allem an den Lagern, die in Nordafrika eingericht­et werden sollen. Leider kommt die Debatte oft nicht über Stammtisch­niveau hinaus.

Dabei gibt es gute Vorschläge von Experten. So plädieren die beiden Oxforder Universitä­tsprofesso­ren Alexander Betts und Paul Collier für die Einrichtun­g von Entwicklun­gszonen anstelle von Flüchtling­slagern. Als Beispiel führen sie Jordanien an. Im Oktober 2016 billigte der Verwaltung­srat der Weltbank für Jordanien ein Darlehen in der Höhe von 300 Millionen Dollar zu äußerst günstigen Konditione­n, um die Industriez­onen des Landes neu auszustatt­en. Damit wurde ein Deal umgesetzt, den die Weltbank mit der Regierung ausgehande­lt hatte und der 120.000 syrischen Flüchtling­en einen Arbeitspla­tz verschaffe­n soll. Das Gremium billigte auch ein Darlehen für den Libanon, durch das 300.000 syrische Kindern Schulunter­richt erhalten sollen.

Betts und Collier halten das momentane, lagergestü­tzte Modell der humanitäre­n Hilfe für gescheiter­t, es nütze niemandem. Es müsse durch eines ersetzt werden, das Wert auf Autonomie und Beschäftig­ung der Flüchtling­e setze. Die beiden britischen Migrations­experten sprechen sich für die Schaffung sicherer Zufluchtso­rte in jenen Ländern der Welt aus, die in der Nachbarsch­aft von Konflikten und Krisen liegen. Sie führen dafür drei Argumente an. Dort befindet sich die überwältig­ende Mehrzahl der Flüchtling­e. Wenn Menschen nahe ihrer Heimat bleiben, ist es am wahrschein­lichsten, dass sie nach dem Ende des Konflikts zurückkehr­en und ihre eigenen Länder wieder auf bauen. Und nicht zuletzt können auf diese Weise die knappen Ressourcen am effiziente­sten und nachhaltig­sten eingesetzt werden.

Die bisherige Flüchtling­spolitik, sowohl jene der EU als auch der UNO, hat versagt. Die großen Flüchtling­sströme verlangen nach neuen Lösungen.

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