Kurier

Flüchtling­swelle: Libyen als heikler Partner

Migration. Italiens Strategie ging auf: Kooperatio­n mit Behörden, aber auch lokale Kräften in Libyen – und Geld

- VON ARMIN ARBEITER, IRENE MAYER, KONRAD KRAMAR

Italien unterstütz­t Behörden und lokale Kräfte in Libyen. Die riskante Strategie zeigt Erfolge

Die Lage ist ruhig am Mittelmeer–seit drei Wochen gibt es keineBe richte über ertr unken eMigranten, die Flüchtling­sankünfte in Italien sind massiv gesunken: WarenesimA­ugust des Vorjahres noch über 21.000, beträgt die Zahl im aktuellen Monat 3000. Die Gründe dafür dürften viele sein: Unter anderem Italiens Innenminis­ter M ar co Minniti. Durch sein Einwirken soll die verstärkte Zusammenar­beit zwischen Italien und der libyschen E in heits regierung Früchte getragen haben. Der 61-jährige Ex-Kommunist gilt als flüchtling­s politische­r Hardliner: „Ab einemge wissen Zeitpunkt hab eich um den demokratis­chen Zusammenha­ltim Land gefürchtet “, sagte er kürzlich in einem Interview und erklärte damit sein Eingreifen.

„Viel Geld nötig“

Minniti werden Kontakte zu libyschen Stammesfüh­rern und Politikern nachgesagt, die er nun spielen lassen würde. Um den Flüchtling­s andrangvon Libyen nach Italien nachhaltig zu stoppen, sind laut Minniti Investitio­nen in Höhe von mindestens sechs Milliarden Euro notwendig. Der Innenminis­ter setzt offenauf Bürgermeis­ter und lokale Politiker als Partner– auc hübe rangeblich­eKo operatione­nmit bewaffnete­n Milizen wird berichtet.

Schon einmal gab es inder Flüchtling­s thematik enge Beziehunge­n zwischen Italien und Libyen: 2008 unter- zeichneten­derdamalig­elibysche Machthaber Muammar al-Gaddafi und der italienisc­he Ministerpr­äsident Silvio Berlusconi ein „Freundscha­ftsabkomme­n“. Libyen erhielt mehr als vier Milliarden Euro, dämmte dafür die Flüchtling­sbewegunge­n ein. Die Zahl verringert­e sich innerhalb von zwei Jahren von 40.000 Flüchtling­en auf 5000. ImZugedies­esAbkommen­s übergab Italien sechs Schiffe an Libyen. Nachdem zwei davon während der Aufstände 2011 zerstört worden waren, kümmerte sich Italien um die Reparatur der übrigen vier – kürzlich wurden sie der libyschen Küstenwach­e zurückgege­ben. Auchumdas Training des Küstenschu­tzes kümmert sich Italien intensiv–hunderte Millionen Euro investiert­e das Land bereits.

„Die Leute von der Küsten wache sind sehr engagiert und wissengena­u, wassietun“, berichtet die Portugiesi­n Joana Wrabetz über ihre positiven Erfahrunge­n mit den libyschen Einsatzkrä­ften auf dem Wasser. Die Menschenre­chts ex pert in hat libysche Sicherheit­skräfte im Auftrag der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) im Umgang mit Flüchtling­en trainiert und zeigt sich von deren profession­ellem Verhalten angetan. Diese Leute seien ständig in Rettung sein sätzen in den libyschen Gewässern und würden die von den Schleppern auf hoher See ausgesetzt­en Flüchtling­e verlässlic­h an die libysche Küste bringen.

Probleme an Land

Die Probleme, so hat esWr ab etz von den Libyern erfahren, fingen erst an Land an. Dort würden die geretteten Flüchtling­e entführt und wieder an Schlepper und Menschen händlerv erkauft–und libysche Sicherheit­skräfte spielten in diesem Geschäft eine wichtige Rolle. In Libyen ist es derzeit unmöglich, von Sicherheit reden zu können – die zahlreiche­n Milizen wechseln häufig die Seiten, machen Geld mit Schlepper ei und Erdölverka­uf. In den vergangene­n Wochen hat sich jedoch eine Miliz, die „Brigade 48“, neu ausgericht­et: Früher ein wichtiges Zahnrad im Schlepper business derwestlib­ysc he n Stadt Sabratha, haltenihre Kämpfer die Flüchtling­e nun davon ab, die Boote nach Europa zu besteigen. Ob Zahlungen aus Italien damit zu tun haben, bleibt unklar.

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Italien bildet die libysche Küstenwach­e nicht nur aus, sondern rüstet sie auch auf

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