Flüchtlingswelle: Libyen als heikler Partner
Migration. Italiens Strategie ging auf: Kooperation mit Behörden, aber auch lokale Kräften in Libyen – und Geld
Italien unterstützt Behörden und lokale Kräfte in Libyen. Die riskante Strategie zeigt Erfolge
Die Lage ist ruhig am Mittelmeer–seit drei Wochen gibt es keineBe richte über ertr unken eMigranten, die Flüchtlingsankünfte in Italien sind massiv gesunken: WarenesimAugust des Vorjahres noch über 21.000, beträgt die Zahl im aktuellen Monat 3000. Die Gründe dafür dürften viele sein: Unter anderem Italiens Innenminister M ar co Minniti. Durch sein Einwirken soll die verstärkte Zusammenarbeit zwischen Italien und der libyschen E in heits regierung Früchte getragen haben. Der 61-jährige Ex-Kommunist gilt als flüchtlings politischer Hardliner: „Ab einemge wissen Zeitpunkt hab eich um den demokratischen Zusammenhaltim Land gefürchtet “, sagte er kürzlich in einem Interview und erklärte damit sein Eingreifen.
„Viel Geld nötig“
Minniti werden Kontakte zu libyschen Stammesführern und Politikern nachgesagt, die er nun spielen lassen würde. Um den Flüchtlings andrangvon Libyen nach Italien nachhaltig zu stoppen, sind laut Minniti Investitionen in Höhe von mindestens sechs Milliarden Euro notwendig. Der Innenminister setzt offenauf Bürgermeister und lokale Politiker als Partner– auc hübe rangeblicheKo operationenmit bewaffneten Milizen wird berichtet.
Schon einmal gab es inder Flüchtlings thematik enge Beziehungen zwischen Italien und Libyen: 2008 unter- zeichnetenderdamaligelibysche Machthaber Muammar al-Gaddafi und der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein „Freundschaftsabkommen“. Libyen erhielt mehr als vier Milliarden Euro, dämmte dafür die Flüchtlingsbewegungen ein. Die Zahl verringerte sich innerhalb von zwei Jahren von 40.000 Flüchtlingen auf 5000. ImZugediesesAbkommens übergab Italien sechs Schiffe an Libyen. Nachdem zwei davon während der Aufstände 2011 zerstört worden waren, kümmerte sich Italien um die Reparatur der übrigen vier – kürzlich wurden sie der libyschen Küstenwache zurückgegeben. Auchumdas Training des Küstenschutzes kümmert sich Italien intensiv–hunderte Millionen Euro investierte das Land bereits.
„Die Leute von der Küsten wache sind sehr engagiert und wissengenau, wassietun“, berichtet die Portugiesin Joana Wrabetz über ihre positiven Erfahrungen mit den libyschen Einsatzkräften auf dem Wasser. Die Menschenrechts ex pert in hat libysche Sicherheitskräfte im Auftrag der Internationalen Organisation für Migration (IOM) im Umgang mit Flüchtlingen trainiert und zeigt sich von deren professionellem Verhalten angetan. Diese Leute seien ständig in Rettung sein sätzen in den libyschen Gewässern und würden die von den Schleppern auf hoher See ausgesetzten Flüchtlinge verlässlich an die libysche Küste bringen.
Probleme an Land
Die Probleme, so hat esWr ab etz von den Libyern erfahren, fingen erst an Land an. Dort würden die geretteten Flüchtlinge entführt und wieder an Schlepper und Menschen händlerv erkauft–und libysche Sicherheitskräfte spielten in diesem Geschäft eine wichtige Rolle. In Libyen ist es derzeit unmöglich, von Sicherheit reden zu können – die zahlreichen Milizen wechseln häufig die Seiten, machen Geld mit Schlepper ei und Erdölverkauf. In den vergangenen Wochen hat sich jedoch eine Miliz, die „Brigade 48“, neu ausgerichtet: Früher ein wichtiges Zahnrad im Schlepper business derwestlibysc he n Stadt Sabratha, haltenihre Kämpfer die Flüchtlinge nun davon ab, die Boote nach Europa zu besteigen. Ob Zahlungen aus Italien damit zu tun haben, bleibt unklar.