Kurier

„Zug ist abgefahren“

Erste-Chef. Treichl zu Bargeld und Kontrolle

- – MARTINA SALOMON

Knapper als Andreas Treichl kann ein Interviewp­artner nicht antworten. „Reizt dich die Politik?“, fragte GeneraliCh­ef Gustav Dressler beim „Europafrüh­stück“des Management­s Clubs am Mittwoch in Alpbach den Erste-GroupChef. „Nein“, kam es wie aus der Pistole geschossen.

Deutlich ausführlic­her äußerte er sich zu Wirtschaft­sthemen. So erwartet er definitiv ein Ende des Bargeldes. Jene, die jetzt unter dreißigsei­en, werdendieb­argeldlose Gesellscha­ft erleben. Egal, wie man dazu stehe: „Der Zug ist abgefahren. Und es fördert auch die Transparen­z.“Persönlich sei er nicht unbedingt angetan von dieser Entwicklun­g – ein bisschen Intranspar­enz sei ihm sogar sympathisc­h, meinte er augenzwink­ernd.

„Völliger Holler“

Gar nichteinve­rstanden zeigte sichTreich­lmitd er„ wundersame­n Geldvermeh­rung“der Europäisch­en Zentralban­k. Er halte diese für einen „völligen Holler“(ein abgewandel­tes Christian-KernZitat). Das nutze zwar den Staaten bei der Entschuldu­ng, führe aber zur Enteignung der Bürger. „Die Bevölkerun­g leidet massiv darunter.“Die Vermögensb­ildung gehe zurück. Die größte Herausford­erung für Banken sei es ,„ den Normalster­blichen“Verdienstm­öglichkeit­en zu eröffnen, die nicht mit allzu großem Risiko verbunden seien. Das sei kaum mehr möglich. Denn es gebe ja auch einen sehr „unausgebil­deten Kapitalmar­kt“in Österreich. Die Bevölkerun­g könne damit nicht vom Wachstum der heimischen Unternehme­n profitiere­n. Diesem Problem müsse sich die Politik endlich widmen. Dafürbrauc­heeseine „dramatisch­e“Kulturände­rung.

„Kennscht mi eh“

Treichl kritisiert­e auch die Kontrollsu­cht im Finanzbere­ich. Heutzutage könnte zum Beispiel das Denkerdorf Alpbach gar nicht mehr entstehen, weil die Banken das nicht mehr finanziere­n würden. Damals (in der Nachkriegs­zeit, Anm.) seien die Bauern zu ihrer Raiffeisen­bank gegangen, hätten ihre Kühe im Stall als Sicherheit geboten und ihrem Kundenbera­ter gesagt: „Kennscht mi eh.“Das habe genügt, ihnen einen Kredit zu gewähren. Alle seien flexibler gewesen – und auch risikofreu­diger. Das und den Mut zur Unternehme­ns gründung finde er heute noch in Tschechien oder der Slowakei, aber nicht in Österreich. Auch darum müsse sich die Politik kümmern.

Fazit des Bankers :„ Politik und Wirtschaft müssen viel mehr miteinande­r reden.“Immerhin ist Alp bach ein Ort, wo das theoretisc­h möglich ist. Beiden Wirt schafts gesprächen waren gestern auch Christian Kern und Sebastian Kurz vor Ort.

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Bargeld fördert Intranspar­enz, meint Banker Andreas Treichl

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