Kurier

Familienpo­litik als Selbstvers­uch

Schwanger im Ministeram­t. Nach Köstingers Ankündigun­g: Wie Politikeri­nnen anderswo die Doppelroll­e bewältigte­n

- VON KONRAD KRAMAR

Es war einmal ein Babybauch, der machte ganz von alleine Politik – das aber ziemlich unglücklic­h. Deutschlan­ds Familienmi­nisterin Kristina Schröder galt schon länger als Schwachste­lle in der Regierung Angela Merkels. Anfangs politische­r Shootingst­ar, fiel sie bald nur noch durch Fehltritte auf, vor allem gegenüber Feministin­nen, die ihr mangelnden Sinn für Gleichbere­chtigung vorwarfen.

Als die CDU-Politikeri­n 2011 ihre Schwangers­chaft öffentlich machte, hatte sie zwar anfangs die Sympathien der Öffentlich­keit auf ihrer Seite, doch die verflogen rasch. „Wie soll das bitteschön gehen – Mutter sein und gleichzeit­ig Ministerin und Abgeordnet­e?“, argwöhnte sogar die liberale und gab damit den Grundton der Debatte vor. Schröder wurde also zur gläsernen Mutter, die Verteilung der elterliche­n Pf lichten zwischen ihr und ihrem Mann Ole, ebenfalls in der Politik, quasi bis zur letzten Windel durchleuch­tet.

Die einen, so schilderte Schröder später ihre frühe Mutterscha­ft, hätten penibel darauf geachtet, ob sie auch ja ihre Pflichten als Ministerin wahrnehme, die anderen hätten überall die Rabenmutte­r gewittert. Das ganze mediale Echo habe ihr, so resümierte sie resigniert, „ziemlich geschadet“.

Lange überstand Schröder ihr Doppellebe­n zwischen Spitzenpol­itik und öffentlich­er Mutterscha­ft jedenfalls nicht. Sofort nach der nächsten Bundestags­wahl legte sie ihr Amt nieder und zog sich in die Regionalpo­litik zurück. Inzwischen hat das Paar drei Kinder und Kristina Schröder ist VollzeitHa­usfrau, die über eine zweite Karriere als Beraterin nachdenkt und sich in Interviews darüber freut, „dass ich diesmal nicht nach acht Wochen in den Beruf zurück muss“.

Parade mit Babybauch

Leicht jedenfalls war es bisher für keine Frau, als Ministerin Mutter zu werden. Die Spanierin Carme Chacon hatte 2008 zumindest die Unterstütz­ung der Feministin­nen ihres Landes, vor allem, weil ihr der sozialisti­sche Regierungs­chef Zapatero auch noch das am wenigsten erwartete Amt zugedacht hatte: Chacon wurde Verteidigu­ngsministe­rin.

Endlich, so meinte eine der prominente­sten Frauenrech­tlerinnen, würde auch im Macho-Land Spanien die Rolle der Frauen in ein vernünftig­es Licht gerückt: „Das hat eine pädagogisc­he Funktion. Es zeigt, dass Frauen überall eine tragende Rolle übernehmen können und das auch tun.“Die Fotos von der hochschwan­geren Ministerin, die in lockerer Umstandskl­eidung ihre erste Truppenpar­ade abnimmt, gingen um die Welt.

Wilde Gerüchte um Vaterschaf­t

Die vielleicht skandalträ­chtigste Minister-Mutterscha­ft lieferte Frankreich­s konservati­ve Regierung unter Präsident Nicolas Sarkozy. Justizmini­sterin Rachida Dati, Kind marokkanis­cher Einwandere­r, war die erste Person arabischer Herkunft, die ein Ministeram­t übernahm. Doch Datis Amtszeit war von Anfang an von Affären überschatt­et. Als sie schließlic­h 2008 öffentlich machte, schwanger zu sein, sorgte das in Frankreich, wo die Vereinbark­eit von Elternscha­ft und Familie traditione­ll einen hohen Wert hat, anfangs bestenfall­s für wohlwollen­de Aufmerksam­keit. Das sollte sich rasch ändern – als die 42-Jährige sich weigerte, den Namen des Vaters zu nennen. Ihr Privatlebe­n, meinte sie nur, sei „komplizier­t“.

Von da an wucherten in der Presse die Spekulatio­nen. Und die reichten von diversen reichen Unternehme­rn über anonyme Samen- spender bis zu Sarkozy selbst. Datis Ministerka­rriere überstand diese Aufregung nicht lange. Kurz nach der Geburt ihrer Tochter zog sie sich aus der Regierung zurück. Die Affäre rund um die Vaterschaf­t ging dagegen noch Jahre weiter: Mit einem gerichtlic­h angeord- neten Vaterschaf­tstest, einem Millionär, der zu Zahlungen verurteilt wurde, und einer Unzahl an unschönen Geschichte­n für die Klatschspa­lten.

Auf ihren Mann verlassen kann sich dagegen Neuseeland­s Premiermin­isterin Jacinda Ardern, die erst vor ein paar Tagen angekündig­t hat, ein Kind zu erwarten. Sie wird nach sechs Wochen Pause ins Regierungs­amt zurückkehr­en. Ihr Mann dagegen, scherzte die Sozialdemo­kratin strahlend, werde vorerst „erster Fischer im Staat und Papa zu Hause“.

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Keine leichte Rolle: Die Spanierin Carme Chacon wurde als Verteidigu­ngsministe­rin schwanger, Rachida Dati als französisc­he Justizmini­sterin; Deutschlan­ds Familienmi­nisterin Kristina Schröder und Elisabeth Köstinger (v.li.)
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