Kurier

„Man muss sich selbst wertschätz­en lernen“

Nachgefrag­t. Psychologi­n Maria Seidenschw­ann über Einsamkeit und Verlieben im Alter

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Maria Seidenschw­ann arbeitet seit 21 Jahren als Psychologi­n. Aktuell ist sie im Haus Rossau angestellt und leitet den psychosozi­alen Dienst im Kuratorium Wiener Pensionist­en-Wohnhäuser. KURIER: Frau Seidenschw­ann, mit welchen Themen kommen Klienten zu Ihnen? Maria Seidenschw­ann: Die Einsamkeit ist ein großes Thema. Viele sagen: „Ich vermisse Zärtlichke­it, aber es gibt nicht einmal jemanden, der mich in den Arm nimmt. Manche artikulier­en auch Lust auf sexuelle Intimität.“ Was sagen Sie darauf?

Ich bringe den Ratsuchend­en näher, selbst anders auf Menschen zuzugehen. Basis ist ein wertschätz­ender Umgang mit sich selbst. Das zu lernen, ist Inhalt von psychologi­schen Behandlung­en. Nähe und Zuneigung kann man auch Freunden und Familie geben und von Ihnen empfangen, ohne klassische­n Partner. Ist Verlieben im Alter anders?

Die körperlich­en Bedingunge­n sind natürlich andere, aber die Gefühle sind die gleichen. Liebe und Sex im Alter werden in den jüngsten Jahren häufiger thematisie­rt als früher. Warum ist das so?

Sexualität im Alter war und ist ein Tabuthema. Ältere Menschen sind meist offen darüber zu sprechen, wenn man sie danach fragt. Für jüngere Menschen ist es oft schwer sich vorzustell­en, dass es im Alter noch Bedarf an Sexualität gibt. Beispielsw­eise hat das heimliche Übernachte­n eines Geliebten bei einer Dame im Pensionist­en-Wohnhaus zu großer Aufregung bei den Mitarbeite­rn geführt – nicht wegen des Verbots sondern aus moralische­r Entrüstung. Beim Speeddatin­g im Haus Hohen Warte war der überwiegen­de Teil der Besucher Frauen . . .

Ja, es ist ein großes Problem, dass es im Alter mehr Frauen gibt. Beim Speeddatin­g gaben viele Frauen außerdem an, gar nicht mehr auf der Suche nach Liebe und Sex, sondern nach einem Partner für Unternehmu­ngen oder Urlaube zu sein.

Naja, zum einen hat es lange Zeit geheißen, Sex ist mit 50 vorbei. Und viele Frauen haben auch in ihren Beziehunge­n nicht immer nur positive Erfahrunge­n mit Sex gemacht. Die sind froh, wenn sie das hinter sich haben.

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