Selber schuld? Victim Blaiming.
Ehefrau von Terrasse gestoßen. Opfervertreterinnen kritisieren, dass Tote zum Monster gemacht und Täter geschützt worden sei.
Jetzt üben Opfervertreterinnen scharfe Kritik daran, wie das Verfahren abgelaufen ist. „Übrig geblieben ist: Diese schreckliche Frau hat den armen Mann so provoziert, dass der sich gar nicht anders zu helfen wusste, als sie über den Balkon zu schmeißen“, sagt Rosa Logar, Geschäftsführerin der Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie.
Freilich laufen Prozesse, in denen auf Totschlag plädiert wird genau nach dieser Formel ab: Was hat den Täter dazu getrieben, sich zur Tat hinreißen zu lassen? In der Verhandlung muss auch ausgebreitet werden, wie sich das Opfer verhalten hat.
Die Interventionsstelle übernahm mit Anwältin Petra Smutny die juristische Prozessbegleitung für die Hinterbliebenen. Dass die Verteidigung beleuchten will, was das Opfer dazu tat, dass E. die Tat beging, sei „logische Strategie“, aber: „Im Sinne der Fairness hätte man auch das Vorleben und das Verhalten des Täters vor und nach der Tat – dass er sie gewürgt und danach keine Hilfe geholt hat – beleuchten müssen“, sagt Smutny
Doch eine Tatrekonstruktion habe nicht – wie in Mordprozessen üblich – stattgefunden. Stattdessen eine Täter-Opfer-Umkehr. Der Fall sei ein Paradebeispiel für Vic-
Karin E. war Bankerin. „Selbstständig, strebsam, gut in ihrem Beruf “, beschreibt Rosa Logar. Im Prozess sei das Opfer aber als „besonders dominante Karrierefrau“dargestellt worden. „Das ist ein allgemeines Phänomen, aber in diesem Fall war es extrem“, meint Logar. Selbstbewusste, zielstrebige Frauen könnten schnell zu „Monstern“gemacht werden, die nur die Karriere und Dominanz des Mannes im Sinn haben. „Und das soll dann wieder die Gewalt rechtfertigen“, sagt sie.