Bei Richterwoche ist Victim Blaming Thema
Ausbildung: Praxis im Opferschutz ist Pflicht
Der KURIER konfrontierte die Präsidentin der Richtervereinigung, Sabine Matejka, mit den Vorwürfen der Opferschützer, es habe im Prozess eine Täter-OpferUmkehr stattgefunden.
„Gerade im engen zeitlichen Korsett eines Strafverfahrens kann es zu Situationen kommen, in denen Opfer das Gefühl haben, nicht ausreichend Gehör zu finden“, sagt Matejka: „Es gibt immer wieder Kritik, die ernst zu nehmen ist. Wahrnehmungen und Hinweise von Opferschutzeinrichtungen sind auch für uns wertvoll.“
Monika Stempkowsi vom Institut für Strafrecht und Kriminologie der Uni Wien plädiert für mehr praktische Schulung der angehenden Richter: „Was heißt es, Opfer zu werden? Jeder Handtaschenraub kann schon belastend sein. Es sollte bei der Ausbildung nicht nur um dogmatische Fragen gehen.“
Richterpräsidentin Matejka verweist auf verpflichtende Seminare für Richteramtsanwärter zum Thema Opferschutz und speziell „Opfer vor Gericht“. In Anwesenheit von Psychologen werden Verhandlungssituationen geübt. Zur Ausbildung gehört auch die Praxis in einer Opferschutzeinrichtung, wie dem Weissen Ring. Die Richterwoche 2018 in Laa/Thaya im Mai wird sich unter dem Thema „Die verschiedenen Gesichter der Gewalt“auch mit Victim Blaming beschäftigen. Die junge Wissenschaft Viktimologie ist heute bereits anerkannt. Laut Stempkowski hat sich der Opferschutz sehr verbessert: „In den 1950-er Jahren war noch vom ’nicht ganz so unschuldigen tatbeteiligten Opfer’ die Rede.“