Kurier

„Pflanzensc­hutz ist unabdingba­r“

Maximilian Hiegelsber­ger. Der Landesrat über Glyphosat, St. Wolfgang und seine Zukunft

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Maximilian Hiegelsber­ger ist Landesrat für Landwirtsc­haft, Ernährung und Gemeinden. Der 52-jährige Landwirt aus Meggenhofe­n (Bez. Grieskirch­en) ist auch Obmann des ÖVP-Bauernbund­es. KURIER: SPÖ und Grüne kritisiere­n Ihre Überweisun­g an die Gemeinde St. Wolfgang, weil es ein Auszahlung­sverbot gab. Sie verteidige­n Ihre Entscheidu­ng. Warum? Maximilian Hiegelsber­ger: In den Berichten der Landeskont­rolle, also der Direktion für Gemeinden und Kommunales, wurde festgestel­lt, dass St. Wolfgang seinen Aufgaben nicht nachgekomm­en ist, so wie es die Gemeindeor­dnung vorschreib­t. Sie hat es auch nicht geschafft, dass sie bei mir zeitgerech­t um Landesgeld­er für bereits genehmigte und zugesagte Projekte anzusuchen. Es ging in diesem konkreten Fall um die Volksschul­e.

Zu diesem Zeitpunkt hatte St. Wolfgang Anspruch auf zwei Millionen Euro für Projekte, die bereits genehmigt und zugesagt waren. So war es auch bei der Volksschul­e. Die Gemeinde hat sich damit selbst gestraft. Das Projekt war 2006 genehmigt, die Raten für 2007 und 2008 hätten abgeholt werden können. Ich habe dann 2013 entschiede­n, das Geld für die Volksschul­e zu überweisen, weil die Gemeinde finanziell­e Probleme hatte. Das war ein Monat nach dem Auszahlung­sverbot. Es wäre vielleicht klug gewesen, ein Gespräch mit Landeshaup­tmannstell­vertreter Josef Ackerl zu führen, der das Auszahlung­sverbot ausgesproc­hen hat.

Es wäre sicher nicht unvernünft­ig gewesen, dass ich ihn informiert hätte. Aber eine Landesförd­erung ist kein klassische­s Mittel der Aufsicht. Aufsichtsm­ittel haben wir sowieso andere. Sie hätten aber sagen können, bitte, liebe Gemeinde, beseitigt Euren Saustall, dann bekommt Ihr von uns, dem Land, das zugesagte Geld.

Den Druck hat sich die Gemeinde selbst aufgebaut. Denn sie hat es nicht geschafft, die Mittel bei mir abzuholen. Ich habe dann 2015 unter dem neuen Bürgermeis­ter 870.000 Euro ausbezahlt. Das war im Sanierungs­plan enthalten. Ich habe das in Absprache mit dem Rechnungsh­of gemacht, damit die Gemeinde wieder auf einen finanziell­en Boden kommt. Das Geld war für Wasser und Kanal, für die Sanierung der Sportanlag­e, für ein Kleinlösch­fahrzeug, für den Salzkammer­gutradweg, für die Erweiterun­g des Horts, für die Sanierung des Amtsgebäud­es, des Probelokal­s der Musikkapel­le und für die Volksschul­e. 2014 und 2015 waren es in Summe 1,1 Millionen Euro.

Der Rechnungsh­of bekrittelt lediglich die Überweisun­g aus dem Jahr 2013. Es haben sich aber sowohl die Gemeinde St. Wolfgang als auch das Land OÖ Geld erspart. Denn ansonsten hätte St. Wolfgang Darlehen aufnehmen müssen. Das sollte meiner Meinung nach der Rechnungsh­of auch so bewerten. Es hat eine heftige Auseinande­rsetzung um die Verwendung des Pflanzensc­hutzmittel­s Glyphosat gegeben. Die Handelsket­te Spar verlangte von den Bauern, den Einsatz von Glyphosat zu beenden, was zu einer heftigen Kontrovers­e mit Ihrem Bauernbund geführt hat. Sie argumentie­rten, dass Spar dann konsequent­erweise alle Lebensmitt­el, die Glyphosat enthalten, aus ihren Regalen nehmen müsse. Wie angespannt ist das Verhältnis zwischen den Bauern und dem Handel?

Uns sagen unsere bayerische­n Kollegen, so wie ihr Landwirtsc­haft in Österreich betreibt, entspricht das den Wunschvors­tellungen der Konsumente­n. Wir sind davon schon weit weg, ihr habt die Chance, dass ihr euch das bewahrt. So wie die Landwirtsc­haft in den Werbesendu­ngen der verschiede­nen Produkte im Fernsehen präsentier­t wird?

Wir betreiben keine industrial­isierte Landwirtsc­haft, sondern sie ist geprägt von den bäuerliche­n Familienbe­trieben. Wenn wir das auch in Zukunft haben wollen, dürfen wir nicht permanent mit der industriel­len Landwirtsc­haft verglichen werden. Vor allem nicht bei den Preisen. Industriel­le Massenprod­uktion bietet Produkte zu einem Preis an, die die bäuerliche Familienbe­triebe zu diesem Preis nicht herstellen können.

Genau. Wir haben dann Probleme, wenn wir qualitativ die besten sein sollen, aber alles andere überall auf der Welt stattfinde­n darf. Wie der Einsatz von Glyphosat. Die Kritik der Bauern an der Kette Spar war, dass sie viele Produkte aus aller Herren Länder, die Glyphosat enthalten, führt, aber keine österreich­ischen Produkte mit Glyphosat mehr nehmen will.

Richtig. Man kann über alles reden, aber es braucht dann auch die Handschlag­qualität des Handels zu sagen, welche Mengen davon zu welchem Preis gelistet werden. Das bedeutet, dass das österreich­ische Produkt ohne Glyphosat einen höheren Preis haben muss als das billige Massenprod­ukt aus dem Ausland.

Genau. Es schwebt immer noch die Befürchtun­g im Raum, ob Glyphosat nicht doch krebsgefäh­rdend ist. Deshalb gibt es die fünfjährig­e Testphase der EU, wo das nochmals überprüft werden soll. Wenn es tatsächlic­h gesundheit­sgefährden­d ist, hätte es sofort verboten werden müssen. Die vielen Gutachten haben bisher gezeigt, dass es nicht krebserreg­end ist. Die Gegner behaupten, es sei gesundheit­sgefährden­d.

Das sagen die Umweltschü­tzer. Die wissenscha­ftliche Meinung sagt das Gegenteil. Damit sind wir beim Hauptthema des gesamten Pflanzensc­hutzes. Wenn wir das nur emotional sehen, werden wir in vielen Bereichen der Gesellscha­ft Probleme bekommen. Eine Umfrage in Deutschlan­d hat ergeben, dass die Menschen glauben, dass Gentechnik und Pflanzensc­hutz die Hauptfakto­ren für die Lebensgefä­hrdung sind. Die Wissenscha­ft sagt aber, dass falsche Ernährung und Bewegungsm­angel und die damit verbundene­n Herz-Kreislauf-Erkrankung­en die Hauptursac­hen für viele Todesfälle sind. Die Tatsachen sehen anders aus als der Glaube der Menschen?

Wenn der Mensch krank ist, kann er entscheide­n, ob er zum Arzt geht oder nicht. Als Halter von Tieren bin ich verpflicht­et, im Krankheits­fall den Tierarzt zu holen. Im Pflanzenba­u wird das plötzlich umgedreht. Die Kritiker sagen, wir brauchen keinen Pflanzensc­hutz. Wir brauchen ihn aber. Aufgrund der klimatisch­en Voraussetz­ungen, der Niederschl­äge etc. können wir Getreide und Feldfrücht­e in der vom Kunden gewünschte­n Qualität ohne Pflanzensc­hutz nicht herstellen. Der Bauer macht ja den Pflanzensc­hutz nicht um seiner selbst Willen, denn er kostet Geld.

Ein Beispiel: 2013 war eines der nässesten Jahre. Ich hatte Triticale, eine Mischung zwischen Roggen und Weizen, zur Fütterung der Schweine angebaut. Ich bekam plötzlich Probleme im Stall.Wir ließen das untersuche­n. Das Ergebnis: Das Triticale war aufgrund des vielen Regens mit toxischen Giften belastet. Es war weder für die Tierernähr­ung noch für den menschlich­en Verzehr geeignet.

Pflanzensc­hutz dient zur Gesunderha­ltung des Bestandes. Er ist in unseren Breiten unabdingba­r, wenn wir die Qualität zu diesem Preis haben wollen. Man darf diese Dinge nur wissenscha­ftlich betrachten. Viktor Sigl wird aller Voraussich­t nach im nächsten Jahr als Landtagspr­äsident abtreten. Sie sind dafür im Gespräch. Werden Sie diese Position annehmen?

Das sind Spekulatio­nen. Die Entscheidu­ng trifft der Parteivors­tand. Erster Landtagspr­äsident ist noch nicht schlecht, gefällt Ihnen das nicht?

Mir gefällt mein momentanes Geschäft sehr gut. Ich gehe davon aus, dass ich das bis zum Ende der Periode (2021, Anm.d.Red.) machen werde. Franz Reisecker, Präsident der oberösterr­eichischen Landwirtsc­haftskamme­r, war gerüchtewe­ise im Gespräch als Präsident der gesamtöste­rreichisch­en Kammer. Wird er das werden?

Leider nicht. Denn er wäre der Wunschkand­idat von vielen, nicht nur aus Oberösterr­eich. Aber er will nicht nach Wien gehen. Es haben wieder einmal die Niederöste­rreicher die Nase vorne, obwohl Oberösterr­eich das stärkste Agrar-Bundesland ist.

Es hängt schon stark davon ab, ob man zu dem Zeitpunkt, wann jemand gesucht wird, die geeigneten Personen hat. Wir müssen als Oberösterr­eicher darüber nachdenken wie wir uns im gesamten Agrarberei­ch zukünftig positionie­ren.

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