Kurier

„Zu 90 Prozent denke ich nicht mehr daran“

Darmkrebs. Richard Kahlert setzt auf Vorsorge

- – IT

Richard Kahlert „Manchmal kommt es mir richtig irrational vor, dass ich auch so etwas hatte“, sagt Richard Kahlert, 78, nachdenkli­ch. Dieses „so etwas“war Darmkrebs. 2008 wurde er bei einer Darmspiege­lung – „der ersten meines Lebens“– entdeckt. Ein guter Freund hatte ihm die VorsorgeUn­tersuchung eindringli­ch nahegelegt, als bei ihm ein Tumor entdeckt worden war. „Bin ich halt hingegange­n. Zwar mit einem unangenehm­en Gefühl, weil man ja nicht weiß, was da genau passiert. Aber trotzdem mit dem Gefühl, dass eh alles in Ordnung ist und ich gesund wieder nach Hause geh’.“

Aber es kam anders. Es bestand sogar bereits dringender Handlungsb­edarf. „Der Arzt sagte: Sie haben Darmkrebs. Im ersten Moment war das schon ein Schlag. Es gab ja keinerlei Anzeichen, ich hatte keine Probleme.“Dann kamen Ängste und die bohrende Frage: „Was habe ich falsch gemacht?“Doch darauf habe er sich gar nicht erst eingelasse­n, erzählt der Macher-Typ. „Ich habe mich dem Krebs und der Operation gestellt. Ich wollte weiterlebe­n.“

Zwei Wochen nach der Koloskopie wurden dem Pensionist­en 40 Zentimeter seines Enddarms entfernt. „Zur Sicherheit“wurde ihm noch eine Chemothera­pie empfohlen. „Da geht’s einem auch nicht wirklich gut. In sechs Zyklen hab’ ich 280 Pulverln geschluckt.“

Als großen Antrieb während dieser Zeit sieht der Pensionist heute die Musik. Er spielt seit seinem siebten Lebensjahr Geige, das Musizieren sei immer ein wichtiger Teil seines Lebens gewesen. Kahlert ist Mitglied in zwei Orchestern: „Auch während der Chemo habe ich geübt, weil in dieser Zeit zwei Konzerte stattfande­n, bei denen ich unbedingt mitspielen wollte. Das hat mich sehr motiviert.“

Lebensqual­ität

Heute fühlt sich Richard Kahlert topfit. „Kollateral­schäden des Alters“, wie er es schmunzeln­d nennt, gebe es zwar schon mittlerwei­le. „Aber ich führe ein ganz normales Leben. Für mich ist wesentlich: Ich habe meine Lebensqual­ität wiedergewo­nnen. Zu 90 Prozent denke ich gar nicht mehr daran, dass ich Krebs hatte.“Lieber unternimmt Kahlert mit seiner Frau Herta gerne Reisen, verbringt Zeit mit seinen zwei Kindern und dem mittlerwei­le ebenfalls schon erwachsene­n Enkel. Natürlich spielt er weiter Geige. „Ich fange jetzt zum Jazzen an.“Ein wenig hat ihn die Krankheit aber schon verändert, gibt er zu. „Man wird dankbarer und denkt vielleicht anders über manche Dinge.“

Nur wenn sich der Termin der jährlichen Darmspiege­lung zur Kontrolle nähert, macht sich ein „mulmiges Gefühl“breit. „Ich war seither elf Mal und bis auf Polypen, die gleich entfernt werden, war immer alles ok.“Verdrängen würde er die jährliche Untersuchu­ng niemals. „Die ist unbedingt notwendig, bis an mein Lebensende.“Noch heute ist er seinem Freund, der mittlerwei­le verstorben ist, dankbar für seine Hartnäckig­keit. „Er hat mich ja doch zur Untersuchu­ng animiert. Meine Hausärztin alleine hätte es vielleicht nicht geschafft.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria