Kurier

Dank mit Kamm und Schere

Favoriten. Ein syrischer Flüchtling hat seinen Friseurlad­en „Danke Wien“getauft

- VON rechts). (siehe Artikel

Dank bringt man nicht nur mit Worten zum Ausdruck, sondern auch mit Taten. Davon sind Friseur Mohammad Mamita und sein Kunde Adnan Mamia, der in einen braunen Schutzumha­ng gehüllt vor ihm sitzt, überzeugt. Mit seinem kürzlich eröffneten Salon will Mamita beides tun. „Danke Wien“steht auf dem pinken Firmenschi­ld an einer Fassade in Favoriten. Er wolle Österreich mit seinem Geschäft etwas zurück geben, sagt der Friseur.

Der 54-Jährige stammt aus der syrischen Hauptstadt Damaskus. Als Jugendlich­er absolviert­e er die Ausbildung zum Damen- und Herrenfris­eur, 1989 eröffnete er seinen Salon. Dieser existiert inzwischen nicht mehr: Er wurde im mittlerwei­le sechs Jahre dauernden Bürgerkrie­g ebenso zerstört wie seine Wohnung. Nach Ausbruch der Kämpfe flüchtete Mamita mit seiner Frau Maysa und seinen vier Töchtern in den benachbart­en Libanon, wo die Familie drei Jahre lebte. 2015 machte sich Mamita alleine auf den Weg nach Europa. In einem kleinen Boot schmuggelt­en ihn Schlepper von der türkischen Küste nach Griechenla­nd. Entlang der Westbalkan­route schlug sich Mamita zu Fuß nach Österreich durch.

Hürden

„Die Stadt Wien hat gesagt: Herzlich willkommen, Syrer. Das habe ich in den Augen der Menschen gesehen,“erzählt er. Er habe hierzuland­e nur hilfsberei­te Menschen getroffen, sagt Mamita und stutzt die dunklen Haare seines Kunden. Etwa jene, die Essen und Kleidung zum Erstaufnah­mezentrum Traiskirch­en brachten. Oder die Vermieteri­n seiner jetzigen Wohnung in Wien, die ihm Startkapit­al für den Salon lieh.

Damit hatte Mamita zumindest eine der Hürden auf dem Weg zur Selbststän­digkeit gemeistert

Die Verständig­ung sei eine weitere Schwierigk­eit gewesen, sagt Mamita. Denn in seinem Alter sei es nicht mehr so leicht, Deutsch zu lernen. So ganz hat er sich mit der fremden Sprache noch immer nicht angefreund­et, immer wieder springt sein Mitarbeite­r Hassan als Übersetzer ein. „Wir machen alle Deutschkur­se“, betont er.

Nach einer Praxisprüf­ung, die Mamita Mitte Februar ablegen muss, werde auch die langwierig­e Anerkennun­g seiner Ausbildung abgeschlos­sen sein, hofft er. Ob er nervös ist? Ein bisschen, gibt er zu. Denn viel Zeit zur Vorbereitu­ng bleibe bei der vielen Arbeit im Geschäft nicht. Mamita beschäftig­t mittlerwei­le vier Mitarbeite­r. Seine Frau, die er über die Familienzu­sammenführ­ung mit seinen beiden minderjähr­igen Töchtern nach Wien holen konnte, betreut den Damenberei­ch.

„Meine Kunden kommen aus der ganzen Welt“, erzählt Mamita. Der Herr auf dem Stuhl vor ihm stammt auch aus Syrien, er ist Arzt. „Es ist nicht so leicht, österrei- chische Kunden zu finden“, glaubt er. „Wir müssen uns gegenseiti­g unterstütz­en.“

Um zu bleiben

In seine alte Heimat zurück zieht es Mamita nicht. Sollte es nicht gelingen, eine der älteren Töchter aus dem Libanon zum Studieren nach Österreich zu holen, würde er vielleicht über eine Rückkehr nachdenken. Denn Maysa sei über die derzeitige Trennung sehr traurig. „Ich hoffe nicht, dass es soweit kommt“, sagt Mamita und greift zum Föhn. „Daesh

hat Syrien zerstört“, sagt er. „Ich habe den Salon hier gemacht, damit ich bleiben kann.“

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria