Kurier

Der Leuchtturm

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So ist das ja oft: Die Ehre, die einem zu Lebzeiten gebührte, erfährt man oft erst danach – und das dann in überborden­der Huldigung.

Der Leuchtturm zum Beispiel. Generation­en von Seefahrern hat er durch die Welt gelenkt, vor Untiefen und Felsen bewahrt – heute ist er durch GPS & Co. weitgehend Folklore. Dennoch zieht er Fotografen an. Und Touristen. Man kann sich in Leuchttürm­e einmieten, die Einsamkeit in Wind und Wetter atmen. Als jetzt im norddeutsc­hen Wremen ein ehrenamtli­cher Wärter gesucht wurde, der ein bisschen Licht macht und mit Besuchern plaudert, meldeten sich gleich 120.

Politik und Medien können da nicht hintan: Wo immer sich gerade eine Regierung bildet, sucht/verspricht sie richtungsw­eisende „Leuchtturm­projekte“. Im Sport, in der Medizin, bei TV-Sendern, in der Verkehrspl­anung – „Leuchtturm­projekte“, wohin das Auge reicht. So klein kann die geistige Blähung pro futuro gar nicht sein, sie wird zum „Leuchtturm“. Das hat er nicht verdient. Deshalb an alle Sprachwärt­er: Beim nächsten „Leuchtturm­projekt“bitte: Licht aus! andreas.schwarz@kurier.at

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