Perfekter Frontmann, furioses Finale
Depeche Mode. Dave Gahan und Kollegen versetzten in der Wiener Stadthalle über 13.000 Fans in Euphorie
So schön kann düster sein!
Immer wieder, wenn sie in Wien sind, zeigen Depeche Mode, dass ihr eklektischer, elektronischer Rock, der harmonisch und thematisch in Sehnsucht und Trübsinn badet, nicht im Widerspruch zu einem Glück-berauschten Konzerterlebnis steht.
Auch wieder, als Frontmann Dave Gahan, Gitarrist Martin Gore und Keyboarder Andrew Fletcher Sonntag vor mehr als 13.000 Fans in der Stadthalle ihre „Global Spirit“-Show zeigten.
Die hatte alles, was man sich heutzutage von Depeche Mode erwartet: Hits wie „Barrel Of A Gun“und „Precious“. Dazu eine elegante Video-Show von Langzeit-Kollaborateur Anton Corbijn. Und einen Frontmann, der permanent läuft, tanzt und mit seiner ebenso schönen wie mystisch dunklen Stimme den Depeche-Mode-Sound ideal vollendet.
Pirouetten
Auch in der Stadthalle ist Gahan im Fokus der Show. Allerdings wirkt er diesmal anfangs eine Spur zögerlicher, als man ihn auf dieser Bühne schon gesehen hat.
Ja, die Stimme ist nach wie vor prächtig. Und bewundernswert fit ist der 55-Jährige ohnehin. Er tänzelt seine Ballett-Schritte, schwingt die Hüften, läuft über den Balkon, der in die LED-Wand am Bühnenhintergrund eingebaut ist, dreht Pirouetten und schwingt dabei den Mikrofon-Ständer.
Aber – noch – mag der Funke nicht so recht überspringen.
Unterstützt werden Depeche Mode auch auf dieser Tour von dem höchst präzisen österreichischen Drummer Christian Eigner. Dazu kommen die Videos von Anton Corbijn, die mit ihrer simplen, klaren, aber ein- dringlichen Bildsprache ausgewählte Songs wie „Useless“oder „In Your Room“illustrieren.
Bei „Insight“übernimmt Martin Gore das Mikro, zeigt, was für ein seelenvoller Sänger er ist. Und, dass er als Frontmann ein bisschen zu schüchtern und linkisch ist.
Nach „Home“– ebenfalls von Gore gesungen – lassen sich Depeche Mode trotzdem vom Publikum dirigieren. Die Fans singen noch Minuten nach Song-Ende beharrlich das Gitarrenriff weiter – bis die Band noch einmal mit einsteigt.
Triumphzug
So mündet das Konzert mit „Everything Counts“und „Enjoy The Silence“dann doch wieder im üblichen Triumphzug. Gahan dreht wieder Pirouetten, nein, jetzt wirbelt er sie wie besessen, mit jeder Faser seines Körpers intensiv bei der Sache. Eigner soliert wie rabiat. Nur Andrew Fletcher steht immer noch stoisch hinter seiner Tasten-Burg. „Personal Jesus“und „Walking In My Shoes“in der Zugabe treiben dann allen wohlige Schauer über den Rücken.
So kennt man Depeche Mode, so liebt man sie. Schön, dass sie nach wie vor so eine Euphorie entfachen können. Mit so einem fulminanten Schluss ist die Anlaufphase dahin gleich wieder vergessen.