Asylwerber: Mehr als jede dritte Beschwerde ist erfolgreich
Negative Bescheide. Viele halten nicht in der nächsten Instanz
Auf den ersten Blick sehen die Zahlen gut aus :60.048 Asyl entscheidungen hat das Bundesamt für Fremden wesen undAsyl(BFA) im Vorjahr getroffen. Der Berg, der sich während der Flüchtlingswelle2015/’16angehäufthat, ist so gut wie abgebaut. 23.628 Fälle liegen derzeit beim B FA.
Auf den zweiten Blick relativiert sich die Erfolgsbilanz: Drei Viertel der abgewiesenen Asylwerber haben laut Innenministerium im Vorjahr Beschwerde eingelegt, aktuell werden 16.443 Personen inder Grund versorgung finanziert, die gerade auf eine Entscheidung der zweiten Instanz warten.
Innenminister Herbert Kickl ermahnte am Montag die Rechtsberater, den Abgewiesenen „keine falsche Hoffnungen“zu machen.
Nur: So falsch sind die Hoffnungen gar nicht, denn das Bun des v er wal tungsgericht(BV wG) hat 2017 immerhin 36 Prozentd er angefochtenenEnt scheidungen des BFA aufgehoben bzw. abgeändert (lt. BVwG eine Hochrechnung, die endgültige Bilanz liegt noch nicht vor). Vereinfacht heißt das: Mehr als jeder dritte Negativ bescheid wurde von einem Richter revidiert.
„Fehlerquote“
Nun stellt sich die Frage: Arbeitet das BFA so schlampig? Grundsätzlich dürfe man die 36 Prozent nicht als „Fehlerquote“interpretieren, heißt es beim BVwG, das quer durch alle Bereiche rund 32 Prozent der Behördenentscheidungen abgeändert hat. Asyl ist aber der mit Abstand größte Bereich.
Oft sei es das schlicht eine Frage der Beweiswürdigung. Etwa, dass ein Richter die Schilderung einer Fluchtgeschichte für glaubwürdiger hält als der Beamte vor ihm. Erkanndannselbstständig Asyl bzw. subsidiären Schutz oder einen Aufenthaltstitel gewähren. Bei groben Verfahrensfehlern wird der Fall zur Gänze an das BFA zurückverwiesen – mit der Aufforderung, nochmals zu ermitteln.
Wo genau die Fehler sind, wird nicht kommuniziert. Die Grünen Bundesräte David Stögmüller und Ewa Dziedzic wollen es aber genau wissen und stellen jetzt parlamentarische Anfragen an das Innen und Justizministerium .„ Die hohe Zahl ist erschreckend, wundert uns aber nicht. Immer wieder hören wir von Betroffenen, dass zum Beispiel Fehler bei der Übersetzung passieren, die sich negativ auf das Verfahren auswirken“, sagt Stögmüller zum KURIER. Unter den 1381 BFAMitarbeitern gibt es angeblich nur rund 600 so genannte „Case Owners“, die im Vorjahr 60.048 Entscheidungen getroffen haben. Die Behörde müsse arbeiten wie am Fließband, lautet die Kritik. Das Innenministerium weist das zurück: Die Mitarbeiter arbeiten „sehr gut“, zusätzliches Personals ei mittlerweile nicht mehr notwendig.
Stögmüller: „Asylverfahren sollen nicht nur schnell, sondern auch transparent und fair ablaufen. Deshalb wollen wir jetzt ein faktenbasiertes Bild darüber, wie die Behörde arbeitet und erwarten vom Innenminister, dass er aktiv wird.“An den Zahlen sehe man auch, „wie wichtig das BVwG als unabhängige zweite Instanz ist“, betont der Grüne Bundesrat. Immerhin hängen von den Entscheidungen menschliche Schicksale ab.