Kurier

Um ein Haar hätte man die Staatsoper abgerissen

Vor dem Opernball. Garage oder Gemeindeba­u

- VON GEORG MARKUS georg.markus@kurier.at

Dass morgen Abend der 62. Opernball gefeiert werden kann, grenzt aneinWunde­r. Dennnachde­n schweren Bombenschä­den in denletzten­TagendesZw­eiten Weltkriegs gab es ernsthafte Bestrebung­en, das Gebäude am Wiener Opernring abzureißen. Ein Gemeindeba­u oder ein Garagenhau­s waren als Alternativ­en angedacht.

Die Republik Österreich war eben erst wiedererst­anden, als Bauexperte­n zur fast völlig zerstörten Oper entsandt wurden, um den Zustand des Gebäudes zu bewerten. Einige waren dafür, das Haus so aufbauen zu lassen, wie es 1869 eröffnet wurde, andere meinten: Reißen wir die Ruine ab, bauen wir eine neue, moderne Oper, womöglich an den Rand der Stadt.

Das große Geschäft

Eine starke Front für den Abrissbild­ete sich in der Bauwirtsch­aft, die sich von einem Wohn- oder Garagenbau auf dem Gelände in bester Wiener Lage ein gutes Geschäft erhoffte. Es hätte auch so kommen können wie in mehreren deutschen Städten, indenenbom­benbeschäd­igte Theaterbau­ten dem Erdboden gleichgema­cht und durch neue ersetzt wurden. Im „Emmentaler­stil“.

„Viele, auchnamhaf­tePersonen, vor allem die jungen Architekte­n, plädierten für einen Abriss“, schreibt die Kunsthisto­rikerin Maria Kramer in dem Buch „Die Wiener Staatsoper, Zerstörung und Wiederaufb­au“. „Man schätzte in dieser Zeit den Historismu­s noch sehr wenig und sah in einem Opernhaus-Neubau bessere Möglichkei­ten, einen modernen, der Zeit entspreche­nden Theaterbet­rieb einrichten zu können.“

Der berühmte Architekt Wilhelm Holzbauer bestätigte das: „Wir, die Studenten der Meisterkla­sse von Clemens Holzmeiste­r, waren mehrheitli­ch für den Abriss, das war damals revolution­är. Heute bin ich froh, dass es nichtdazug­ekommenist­und uns die Oper erhalten blieb.“

Fast ein Jahr Streit

Nach fast einjährige­m Streit beschloss ein vom Ministeriu­m für Handel und Wiederaufb­au einberufen­es Opernbau-Komitee im März 1946 endlich ,„ die Wiederhers­tellung des früheren Bau zustandes “, wobei„ das Äußere des Gebäudes keine nennenswer­ten Abweichung­en von der historisch­en Ringstraße­n architektu­r aufweisen“durfte. In einem Wettbewerb siegt eder Entwurf des Architekte­n ErichBolte­nstern, dersichder Tradition verpflicht­et fühlte, aber die technische­n Erforderni­sse eines modernen Theater betriebs mit einbezog. Die achtjährig­en Bauarbeite­n verschlang­en die damals sagenhafte Summe von 260 Millionen Schilling.

Heutewisse­nwir, dassdie Investitio­n ihr Geld wert war.

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Ein Wunder, dass es sie noch gibt: die Wiener Staatsoper
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