Um ein Haar hätte man die Staatsoper abgerissen
Vor dem Opernball. Garage oder Gemeindebau
Dass morgen Abend der 62. Opernball gefeiert werden kann, grenzt aneinWunder. Dennnachden schweren Bombenschäden in denletztenTagendesZweiten Weltkriegs gab es ernsthafte Bestrebungen, das Gebäude am Wiener Opernring abzureißen. Ein Gemeindebau oder ein Garagenhaus waren als Alternativen angedacht.
Die Republik Österreich war eben erst wiedererstanden, als Bauexperten zur fast völlig zerstörten Oper entsandt wurden, um den Zustand des Gebäudes zu bewerten. Einige waren dafür, das Haus so aufbauen zu lassen, wie es 1869 eröffnet wurde, andere meinten: Reißen wir die Ruine ab, bauen wir eine neue, moderne Oper, womöglich an den Rand der Stadt.
Das große Geschäft
Eine starke Front für den Abrissbildete sich in der Bauwirtschaft, die sich von einem Wohn- oder Garagenbau auf dem Gelände in bester Wiener Lage ein gutes Geschäft erhoffte. Es hätte auch so kommen können wie in mehreren deutschen Städten, indenenbombenbeschädigte Theaterbauten dem Erdboden gleichgemacht und durch neue ersetzt wurden. Im „Emmentalerstil“.
„Viele, auchnamhaftePersonen, vor allem die jungen Architekten, plädierten für einen Abriss“, schreibt die Kunsthistorikerin Maria Kramer in dem Buch „Die Wiener Staatsoper, Zerstörung und Wiederaufbau“. „Man schätzte in dieser Zeit den Historismus noch sehr wenig und sah in einem Opernhaus-Neubau bessere Möglichkeiten, einen modernen, der Zeit entsprechenden Theaterbetrieb einrichten zu können.“
Der berühmte Architekt Wilhelm Holzbauer bestätigte das: „Wir, die Studenten der Meisterklasse von Clemens Holzmeister, waren mehrheitlich für den Abriss, das war damals revolutionär. Heute bin ich froh, dass es nichtdazugekommenistund uns die Oper erhalten blieb.“
Fast ein Jahr Streit
Nach fast einjährigem Streit beschloss ein vom Ministerium für Handel und Wiederaufbau einberufenes Opernbau-Komitee im März 1946 endlich ,„ die Wiederherstellung des früheren Bau zustandes “, wobei„ das Äußere des Gebäudes keine nennenswerten Abweichungen von der historischen Ringstraßen architektur aufweisen“durfte. In einem Wettbewerb siegt eder Entwurf des Architekten ErichBoltenstern, dersichder Tradition verpflichtet fühlte, aber die technischen Erfordernisse eines modernen Theater betriebs mit einbezog. Die achtjährigen Bauarbeiten verschlangen die damals sagenhafte Summe von 260 Millionen Schilling.
Heutewissenwir, dassdie Investition ihr Geld wert war.