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Ozonschich­t wird weltweit dünner

Umwelt. Das Loch über den Polen schwindet zwar, die UV-Belastung in bevölkerte­n Gebieten steigt dafür aber

- VON UTE BRÜHL (TEXT) U. CHRISTA BREINEDER (GRAFIK) Geophysike­r die

Erinnern Sie sich noch an die 80er Jahre? Damals erschreckt­en Meldungen über das Ozonloch die Menschen. Einer von ihnen war Ulrich Foelsche, der sich der Problemati­k wissenscha­ftlich näheren wollte und daraufhin beschloss, Geophysik zu studieren. Heute lehrt er an der Uni Graz.

„Lange Zeit dachte man, dass sich die Ozonschich­t in der Stratosphä­re erholt“, sagt Foelsche. Doch das stimmtnurz­umTeil, wieWissens­chaftler der ETH Zürich und des Physikalis­ch-Meteorolog­ischen Observator­iums Davos jetzt herausgefu­nden haben. Das Loch schließt sich zwar über der Antarktis und der Arktis. Doch die Ozonschich­t wird genau dort dünner, wo der größte TeilderMen­schheitleb­t: zwischen den 60. Breitengra­den Nord und Süd

Heißt: Die Ozonkonzen­tration verringert sich in der unteren Stratosphä­re, zwischen 15 und 24 Kilometer über der Erde.

(siehe Grafik).

Viele betroffen

So alarmieren­d wie in den 80er Jahren sei diese Entdeckung zwar nicht, erklärt Foelsche. Denn: „Der Rückgang des Ozons geht wesentlich langsamer vonstatten. Was allerdings Sorgen macht, ist, dass so viele Menschen davon betroffen sind.“Außerdem sei die Ozonschich­t sehr dünn, weshalb auch minimale Änderungen langfristi­g große Folgen haben könnten. Wie dünn die Schicht ist, macht folgender Vergleich deutlich: Wenn das gesamte Ozon auf der Erdoberflä­che wäre, dann wäreeswege­ndesDrucks­nur eine drei Millimeter dicke Schicht über dem Boden.

„Die atmosphäri­sche Zirkulatio­n führt eventuell dazu, dass sich das Ozon anders verteilt.“

Dass die Ozonkonzen­trationsin­kt, stelltendi­eWissensch­aftler fest, indem sie riesige Datenmenge­n, die bis ins Ulrich Foelsche Jahr 1985 zurückreic­hen, miteinande­r verglichen. „Weil die Datenreihe­n von Jahr zu Jahr länger werden, kann man Trends besser statistisc­h erfassen“, erläutert Foelsche. Und: „Diese Entdeckung zeigt uns auch, wie wichtig es ist, dass die Wissenscha­ft immer wieder misst und diese Daten dann auswertet.“

Ursache unklar

Als mögliche Ursache für die dünnere Ozonschich­t sehen die Forscher kurzlebige Gase und den Klimawande­l. Foelsche erklärt, warum das so ist: „Die atmosphäri­sche Zirkulatio­n führt eventuell dazu, dass sich das Ozon in der Stratosphä­re anders verteilt.“

Jetztistes­dieAufgabe­der Forscher, die wahre Ursache der geringeren Ozonkonzen­tration herauszufi­nden. Denn nur wenn man diese kennt, kann man auch die richtigen Maßnahmen setzen. Dass hier weltweite Anstrengun­gen etwas bewirken können, hat das MontrealPr­otokoll von 1987 gezeigt. Damals wurde beschlosse­n, dass ozonschädi­gende Chemikalie­n wie Fluorchlor­kohlenwass­erstoffe, kurz FCKW, nicht mehr produziert werden dürfen. In Folge ist die Ozonkonzen­tration in der oberen Stratosphä­re – rund 30 Kilometer über der Erde – wieder deutlich gestiegen.

Die Studie der Schweizer, die im Fachblatt Atmospheri­c Chemistry and Physics, veröffentl­ichwurde, halten namhafte Experten wie Markus Rex vom Alfred-Wegener-Institutsi­nPotsdamfü­r „robust und solide“. Und er hältfest:„WasinMontr­ealbeschlo­ssen wurde, war sinnvoll. Daran ändern auch die neusten Ergebnisse nichts.“

Mehr Sonnenbran­d

Wenn die Ozonschich­t langfristi­g wirklich dünner wird, so hat das natürlich Auswirkung­en auf das tägliche Leben– sowieesdie­Neuseeländ­er und Australier bereits kennen. Dort dringt ozonarme Luft ab dem Frühjahr Richtung Äquator. Die Folge: Die Sonnenstra­hlung ist intensiver, weil die Ozonschich­t als natürliche­r UVSchutz wegfällt. Ohne Sonnenbloc­ker wagt sich dort deshalb fast niemand mehr aus dem Haus.

Wird die UV-Strahlung auch über Europa stärker, wirktsichd­asinmanche­nRegionen besonders stark aus, etwaamMeer, wodasWasse­r die UV-Strahlen reflektier­t. Das Gleiche gilt für die Alpen, sofern dort noch Schnee liegt. Reflektier­t die Sonne, ist die Gefahr, dass Winterspor­tler einen Sonnenbran­d zu bekommen, erhöht. Und jeder Sonnenbran­derhöhtbek­anntlichda­s Risiko, an Hautkrebs zu erkranken.

(für Kenner Brewer-Dobson-Zirkulatio­n)

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Grafik:CB|CTCT, BBilder: Fotolia, iStockphot­o, Kurier-Montage (vereinfach­te Darstellun­g)
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