Zwiespältige Begegnungen mit dem zeitgenössischen Tanz in Brasilien
Das nach einem Umbau unter der neuen Leitung Bettina Koglers wieder eröffnete Tanzquartier präsentiert sich auch in der zweiten Woche als ein spannender Ort für außergewöhnliche Performances. So erweist sich das Solo „Boca de Ferro“als interessante Begegnung mit zeitgenössischem Tanz aus Brasilien.
Durchaus heftig ist dieses Stück von Marcela Levi und Lucía Russo für Ícaro dos Passos Gaya ausgefallen. Ein sinnliches Solo, das auf „Tecnobrega“basiert, einem musikalischen Konglomerat von Volksliedern und Computersounds. Dazu wird im Norden des Landes, in der Ama- zonasregion Pará, ausgelassen bis zur Ekstase getanzt, wird in deformierenden Posen verharrt, fließt reichlich Theaterblut.
Das versteht auch Gaya ganz hervorragend und mit völliger Hingabe zu vermitteln. Dazu soll jedoch auch das soziale Umfeld mitgetanzt werden, also bittere Armut und Flucht vor der Wirklichkeit. Da schneidet Gaya abgehobene Grimassen und zeigt auch einen leidenden Körper.
Was dem im Tanzquartier Studio gezeigten Stück trotz der physischen, von manchen fast als zu intensiv empfundenen Nähe zum Publikum fehlt, ist der Kontrast zum anderen Brasilien, das sich gerade in dieser Jahreszeit beispielsweise im Karnevalmit Samba ganz anders im oberflächlich glänzenden Scheinzeigt. Sofällt„Bocade Ferro“reichlich plakativ aus.
KURIER-Wertung: