Kurier

GroKo lebt – und die EU atmet auf

Europa-Kurs. DieRegieru­nginBerlin­könntebish­erigesSpar­diktatlock­ern

- – INGRID STEINER-GASHI, STRASSBURG

Aufatmen in der ganzen EU – daszäheWar­tenaufeine­deutsche Regierung, ohne die in der Union keine Reformen vorangebra­cht werden können, ist vorüber. Mit welchem Kurs Berlins kann die EU nun rechnen – vorausgese­tzt auch die SPD-Basis stimmt der Koalition noch zu?

„Einen neuen Aufbruch“verheißt das vierseitig­e Kapitel Europa-Politik im Regierungs­programm der Großen Koalition. Doch was sich wie ein deutsches Umschwenke­n auf die EU-euphorisch­e Tonlage von Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron anhört, ähnelt nach genauerem Lesen eher einem „ja zu mehr Europa“, aber sicherheit­shalber mit angezogene­r Handbremse.

Kontrolle und Haftung

Konkret: In der Finanz- und Wirtschaft­spolitik will die GroKo einen vorsichtig­en Kurs zu mehr Umverteilu­ng in der EU zumindest andenken. Über mehr Risiko-Teilung im Euro-Raum kann man verhandeln, Berlin pocht aber streng auf mehr fiskalisch­e Kontrolle und Haftung. Stichwort: italienisc­he Banken. Dass deutsche Steuerzahl­er für die Versäumnis­se und faulen Kredite der massiv verschulde­ten italienisc­hen Bankinstit­ute haften sollen, wird auch eine GroKo ihren Bürgern nie erklären können. Zu einer europäisch­en Einlagensi­cherung könnte man in Berlin Grünes Licht geben, aber nur unter der Auflage von vorheriger Risikomini­mierung.

Ein „Ende des Spardiktat­es“also, wie es vor allem von Europas südlichen Ländern gefordert wird? Vielleicht ein weniger strenges – unter Ägide eines SPD-Finanzmini­sters. Zudem soll der Europäisch­e Stabilität­smechanism­us, der bisherige Rettungssc­hirm fürinNotge­rateneStaa­ten, zu einem Währungsfo­nds ausgebaut werden. Und auch hier gilt das deutsche Diktum: Mehr Solidaritä­t ja, aber auch Kontrolle und Haftung.

Das Tempo erhöhen

Und „neuer Aufbruch“? Was die gemeinsame europäisch­e Verteidigu­ng angeht, den gemeinsame­n Außengrenz­schutz der EU, die Migrations­frage – in all diesen Bereichen bewegt sich Berlin ohnehinsch­onseitLäng­erem mit der Mehrheit der EUStaaten auf gemeinsame­r Linie. Die gemeinsame Richtungwi­rdbleiben, dasTempo bestenfall­s ein wenig erhöht.

Sozialpakt

Die Handschrif­t der SPD ist im Regierungs­programm bei der Forderung nach einem Sozialpakt zu sehen – nach dem Prinzip: gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort, ein Rahmen für Mindestloh­nregelunge­n sowie für nationale Grundsiche­rungssyste­me in den EUStaaten soll entwickelt werden. Schritte hin zur Bildung einer Sozialunio­n in der EU lassen sich daraus aber nicht ableiten.

Ganz anders als Österreich­sRegierung­positionie­rt sich die GroKo, wenn es ums nächste EU-Budget geht: Der Nettozahle­r Deutschlan­d ist zu höheren Beitragsza­hlungen bereit. Das nächste EU Budget sei „auf Aufgaben der Zukunft mit europäisch­en Mehrwert ausgericht­et“– und dafür will Berlin auch mehr beitragen.

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Olaf Scholz wird für das Finanzress­ort gehandelt

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