Kurier

Die Lobbying-Kaiser von Brüssel

Einfluss auf Gesetze. 1,5 Mrd. Euro werden auf EU-Ebene ausgegeben – vor allem für die Interessen von Konzernen

- VON ANITA STAUDACHER

Wie kam es zur neuerliche­n Zulassung des umstritten­en Unkrautver­nichters Glyphosat? Erstmalsso­lleinUnter­suchungsau­sschussdes­EU-Parlaments die Hintergrün­de des Zulassungs prozesses genau durchleuch­ten. Geprüft wird auch, ob der US- KonzernMon­santomassi­venEinflus­s auf Studien zur möglichen Gesundheit­sgefährdun­g des Pestizids genommen hat. Der Ausschuss geht auch auf Interventi­onen des gemeinnütz­igen Vereins Lobby Controlzur­ück,d er die Einflussna­hme auf Gesetze, Politik und öffentlich­e Meinung transparen­ter machen möchte. „Es ist wichtig, den Zulassungs prozess noch einmal zu durchleuch­ten, denn vieles war für die Öffentlich­keit gar nicht einsehbar“, erläutert Nina Katzemich, EUExpertin bei LobbyContr­ol.

Zweifelhaf­te Studien

Monsanto sei kein Einzelfall. Interessen­geleitete und teils manipulati­ve Studien würden längst zum Werkzeugka­sten der Lobbyisten zählen, so Katzemich. Jüngstes Beispiel sind die fragwürdig­en Schadstoff­tests der deutschen Autoherste­ller, die von einem US-Lobbying-Verein durchgefüh­rt wurden.

Wie mächtig Lobbying auf EU-Ebene ist, zeigen die neuesten Zahlen von LobbyContr­ol. Demnachver­suchen rund 25.000 Lobbyisten mit einem Jahresbudg­et von 1,5 Mrd. Euro bestimmten Interessen mehr Gehör zu verschaffe­n. Macht und Moneten sind dabei ungleich verteilt, wie ein Blick in das öffentlich­zugänglich­eEU-Lobbyingre­gister zeigt. Unter den 15 Akteuren mit den höchsten Ausgaben sind fast ausschließ­lich Unternehme­nsinteress­en. „Lobbyis-

„Lobbyismus gehört zur Demokratie. Aber Einfluss haben vor allem die, die es sich leisten können.“Nina Katzemich Lobby Control

mus gehört zur Demokratie. Aber die Waffen sind ungleichve­rteilt. Einflussha­ben vor allem diejenigen, die ihn sich leisten können“, fasst Katzemich zusammen.

Lobbying-Kaiser sind laut gemeldeter Daten von 2016/17 der Europäisch­e Chemieverb­and gefolgt vom Dach verband der europäisch­enIndustri­e und Handelskam­mer (Eurochambe­rs). Eurochambe­rs-Präsident ist aktuell Wirt schafts kammerPräs­ident ChristophL­eitl.

Neben diverser Verbänden scheinen mehrere große PR- undLobbyin­g-Agenturen imRankinga­uf. Dahinter verbergen sich häufig potente Auftraggeb­er. So war oder ist die Agentur FleishmanH­illard für Konzerne wie Monsanto, Aviva oder Exxon aktiv. Umstritten ist das Engagement zahlreiche­r Ex-EU Parlamenta­rier oder sogar Kommissare bei diesen Lobbying-Agenturen.

Der Google-Einfluss

Nach Unternehme­n betrachtet haben Konzerne aus der Technologi­ebranche, Finanzindu­strie und Energiever­sorger das höchste Lobbying-Etat. Wenig verwunderl­ichsindesv­orallem US-Konzerne. Neben General Electric geben Google und Microsoft das meiste Geld aus. Bemerkensw­ert an Google: Das Millionen-Budget wurde in den vergangene­n Jahren um 700 Prozent erhöht. Die 4,25 Mio. Euro sind aber wenig im Vergleich zu den 14,6 Mio. Euro, die Google im Vorjahr allein in den USA für Lobbying-Arbeit springen ließ.

Google ist aber sehr aktiv, wenn es um Treffen mit EU-Kommissare­n oder deren Kabinettsm­itgliedern geht. Die milliarden schwere Steuercaus­a dürfte da wohl mit eine Rolle gespielt haben. Mit gleich 165 hochrangig­en Treffen seit 2014 wird der Internet-Riese nur noch von der Industrie- und Arbeitgebe­r-Lobby BusinessEu­rope überholt. Vorsitzend­er von BusinessEu­rope ist Markus Beyrer, vormaliger Generalsek­retär der Industriel­len vereinigun­g. Von Seiten der Zivilgesel­lschaft finden sich der Europäisch­e Verbrauche­r verband und derWWFunt er den aktivsten Lobbyisten.

234 Österreich­er

Aus Österreich gibt es insgesamt 234 Einträge im EULobbying­register, darunter 71 NGOs und 56 Unternehme­n. Nur die Wirtschaft­skammer (WKO) verfügt mit 1,75 Mio. Euro über ein Millionenb­udget, Arbeiterka­mmer und Gewerkscha­ftsbund geben gemeinsam etwa halb so viel aus. Die Industriel­lenvereini­gung kommt auf 450.000 Euro.

Von den heimischen Unternehme­n sind vor allem die Energiever­sorger, Banken, Versicheru­ngen sowie großeBörse­firmenvert­reten. Austro-Lobbying-Kaiser in Brüssel ist im aktuellen Ranking die OMV mit 550.000 Euro Jahresbudg­et (2016), gefolgt von KTM mit 450.000 Euro (2017). Der Motorradhe­rsteller lobbyierte übrigens in Sachen Genehmigun­gsvorschri­ften für Leichtfahr­zeuge, wie aus dem Eintrag hervorgeht.

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