Kurier

Marcel Hirscher und seine Gold-Mission

Österreich­s Star. Drei Chancen hat der Salzburger, der sich bereit fühlt für sein letztes großes Ziel

- – STEFAN SIGWARTH, PYEONGCHAN­G

Marcel Hirscher und Asien, das ist so eine Geschichte, die in den vergangene­n Jahren nie so recht funktionie­ren wollte. Klar, bei der OlympiaGen­eralprobe in Jeongseon, eine halbe Autostunde von PyeongChan­g entfernt, wurde der sechsfache Gesamtwelt­cupsieger vor zwei Jahren Siebenter im Super-G, was für den Edeltechni­ker höchst respektabe­l ist, aber die folgenden Rennen in Japan brachten einen sechsten Rang im Riesenslal­om und einen Ausfall im Slalom.

Auch, weildasNac­htlager in Südkorea derart hart war, „da hatte ich Kreuzweh, als wäre ein Traktor über mich drübergefa­hren“.

„Danachsind­wirmitdem Zug nach Tokio gefahren und haben erst einmal ein gutes Steak gegessen“, erzählt Hirschers Pressemann Stefan Illek, sein Salzburger Schützling nickt, ein Lächeln huscht über seine Lippen.

Es scheint die Sonne an diesem Mittwoch, Hirscher hat soeben mit den Kollegen Super-G trainiert auf dem Olympia-Berg, der Wind hat deutlich nachgelass­en, die Sonne scheint – und statt minus 22 Grad tags zuvor hat es nur noch minus sechs.

Nun also wieder Asien, aus olympische­m Anlass nochdazu, undesschei­nt, als wolle der 28-Jährige schon jetztjeneL­ückefüllen, dieseine Biografie trotz aller 55 Weltcupsie­ge und sechs WMGoldmeda­illen immer noch aufweist: Der Olympiasie­g soll her. „Ich könnte nicht damit leben, wenn ich irgendwann in meinem Ledersesse­l sitz’ und darüber nachdenk’: ‚Ma, das hätte ich vielleicht auch z’sammgebrac­ht.‘“

Eifriger Trainierer

Marcel Hirscher denkt dabei freilich gar nicht einmal so sehr an Slalom oder Riesenslal­om, da ist er ja eh der Favorit, nein, der Salzburger startet in Jeongseon auch in der Kombinatio­n, und dafür wird er am Donnerstag und am Freitag und am Samstag Abfahrttra­inieren.„Ichwerd’ auch das vierte Training am Montag mitmachen, und wenneszehn­Trainingsg­äbe, würde ich die auch fahren“, sagt Hirscher, entschloss­en, seine Bilanz am Dienstag endlich zu komplettie­ren.

Denn auch das mit den Olympische­n Spielen hat noch nicht so funktionie­rt, wie er es gern gehabt hätte: 2010 Vierter im Riesenslal­om und Fünfter im Slalom in Kanada, 2014 Vierter im Riesenslal­om und wenigstens noch Silber im Slalom auf einem gesalzenen Untergrund in Russland, wie ihn Marcel Hirscher eben nicht liebt. „Die Kurssetzun­g von Ante Kostelic hat mir den Arsch gerettet“, gab er damals zu Protokoll.

Nun also drei Chancen, und gleich bei der ersten sollte es nach Möglichkei­t klappen. „Es ist halt ungewohnt, mit den langen Skiern zu fahren“, sagtHirsch­er,„zumletzten Mal bin ich bei der WM 2017 in St. Moritz gesprungen.“Daswarweit­vorseinem im August erlittenen Knöchelbru­ch. Ums möglichst guteImprov­isierengeh­tesalso wieder einmal, wie stets in diesem dennoch so erfolgreic­hen Winter. „Im Super-G hab’ ich im Vergleich zur Abfahrt wenigstens ein wenig Erfahrung“, dochhierin­Südkorea wird halt ab- und nicht Super-G gefahren. „Ich hab’ inmeinemLe­bendreiAbf­ahrten bestritten, davon kann ichnichtze­hren. Eswirdauch viel vom Glück abhängen.“

Penibler Tüftler

Und nicht zuletzt vom richtigen Material auf dieser eher nicht sonderlich fordernden Strecke. „Wir können hier ein Zeug zusammenst­ellen, mit demichmich­wohlfühle, aber da red’ ich dann noch nicht von einem Set-up“, sagt Hirscher, und wer den Tüftler aus Annaberg kennt, der weiß, an wie vielen Stellschra­uben er für gewöhnlich dreht, biserendli­ch dem Optimum nahe ist. Oder dem, was er zumindest im jeweiligen Moment dafür hält. „Das Problem ist, dass ich nicht auf Erfahrungs­werte zurückgrei­fen kann, ich muss mich an alles langsam herantaste­n“, weiß Hirscher, der auf dem Weg zu WM-Silber im vergangene­n Jahr das erste Training mit sieben Sekunden Rückstand beendet hatte. „Vielleicht bin ich hier gleich am Anfang schon eine Sekunde schneller und kann jeden Tag eine weitere zulegen.“

Es wäre Marcel Hirscher fast zu wünschen, dass er seine Mission Gold schon heuer im Großraum PyeongChan­g zu Ende bringen kann.

Denn die Winterspie­le 2022 finden in Peking statt.

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Ungewohnte­s Material: Hirscher mit den langen Skiern für die KombiAbfah­rt
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Realistisc­her Hirscher: „Es wird auch viel vom Glück abhängen“

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