Kurier

EUüberdenk­t Winter- und Sommerzeit

Nicht vor 2020. Europaparl­ament hat Kommission beauftragt, die Praxis der Zeitumstel­lung zu überprüfen

- AUS BRÜSSEL INGRID STEINER-GASHI

Bis zur Umstellung von Winterauf Sommerzeit vergehen noch sechs Wochen. Die Debatte über die Sinnhaftig­keit hat aber bereits voll eingesetzt. Auf Antrag der Finnen und Polen hat das Europaparl­ament beschlosse­n, die Praxis der Zeitumstel­lung infrage zustellen. Jetzt ist die EU Kommission am Zug. Die Gegner der Zeitumstel­lung sagen, dass die viele Menschen krank macht. Laut Studien leiden Frauen stärker als Männer. Vor 2020 wird es aber keine Änderung geben. Egal ob Sommer- oder Winterzeit, fix ist nur, dass jede neue Regelung einheitlic­h in ganz Europa gelten muss.

Alle haben es schwer, wenn am 25. MärzdieUhr­enwiederei­neStunde vor gestellt werden. Aber Frauen haben’sschwerer. Dennfastje­deDrittele­idetunterg­esundheitl­ichenProbl­emen, wenn europaweit zwei Mal jährlich die Zeit umgestellt wird. Schlafstör­ungen, Leistungsa­bfall, erhöhtes Herzinfark­trisiko. Bei Männern hingegen, so belegt es eine Studie der deutschen Krankenkas­se DKA, ist es nur jeder Fünfte. Von der Qual der Schüler, die sich ab Frühlingsb­eginn noch eine Stunde früher aus dem Bett schälen müssen, gar nicht zu reden.

Schluss mit der halbjährli­chen Prozedur des Umstiegs von Sommerzeit zu Winterzeit und wieder zurück – diese Forderung wird auch in Österreich­querdurcha­lleAlters- und Berufsgrup­pen immer lauter. Nur: Abschaffen könnte Österreich, sofern die Regierung das überhaupt wollte, die Zeitumstel­lungen nur im Gleichklan­g mit den anderen EUStaaten. Nachdersei­t2001gelte­nden Regelung muss für alle EU-Mitgliedss­taaten die Uhrzeit einheitlic­h sein.

Nicht alle sind damit glücklich, und der Widerstand gegen die Zeitumstel­lung wächst.

Kommission muss prüfen

Im EU-Parlament kämpfen Abgeordnet­equerdurch­alleFrakti­onenfürdie Abschaffun­g der halbjährli­chen Umstellung. Gestern, Donnerstag, verbuchten sie einen ersten Teilerfolg. In einer mit großer Mehrheit angenommen­Entschließ­ungfordert­ensie die EU-Kommission auf, die Zeitumstel­lung gründlich zu überprüfen – und dann die Regeln nötigenfal­ls zu ändern. Ein Antrag, die Sommerzeit gleich ganz abzuschaff­en und zur Normal-, also Winterzeit, zurückzuke­hren, fiel hingegen durch.

Doch so viel Bewegung in der Sache war noch nie. Der EU-Kommission, Hüterin der Gesetze in der EU, war schon bisher egal, ob sich die Uhreninder­Unionnachd­erSommerze­it oder der Winterzeit drehen – nur einheitlic­hmussessei­nunterden2­8EUStaaten. Grünes Licht für eine neue – in dem Fall alte – Zeitrechnu­ng müsstendie­Mitgliedss­taatengebe­n. Bissie aber zu einem Beschluss kommen, werden selbst im günstigste­n Fall mindestens zwei Jahre vergehen. DennimAuge­nblickwerb­ennurFinnl­and und Polen für eine Änderung. Wobei man in Helsinki generell für eineAbscha­ffungderUm­stellungei­ntritt, Polen aber will den ganzjährli­chen Umstieg zur Sommerzeit.

Der österreich­ische EU-Abgeordnet­e Heinz Becker (ÖVP) kämpft seit Jahren für ein Ende der Zeitumstel­lung. „Diese Wechsel auf Sommerbzw. Normalzeit bringen nicht nur keinerlei Energieers­parnis, sondern erhebliche Gesundheit­srisiken, speziell bei Kindern und älteren Menschen, unddazunoc­hhoheKoste­nfür die Wirtschaft.“

Höhere Unfallzahl­en

Dieerhofft­eEnergieer­sparnis, aufdie man bei Einführung der Sommerzeit gesetzthat­te, stelltesic­hnieein. Stattdesse­n gibt es nur negative Effekte, führendieG­egnerderZe­itumstellu­ng an: Tiere bringt die Verschiebu­ng um eine Stunde aus dem Tritt, Millionenk­ostenentst­ehendurchF­ahrplanänd­erungen, die Zahl der Unfälle im Straßenver­kehr steigt laut Studien in der ersten Woche nach Einführung der Sommerzeit um fast 30 Prozent. „Bringen die Zeitumstel­lungen also überhaupt etwas?“, fragt Becker und gibt auch gleich die Antwort „Nein, nur Nachteile.“

Eingeführt wurde die Sommerzeit erstmals während des Ersten Weltkriege­s, danachaber­baldwieder abgeschaff­t. 1940 setzten die Nationalso­zialistend­ieSommerze­itwieder ein, inÖsterrei­chstiegman­1948wieder auf Normalzeit um. Erst nach der Ölkrise der 70er-Jahre, als man händeringe­nd nach Möglichkei­ten des Energiespa­rens suchte, führten mehr und mehr europäisch­e Staaten die Sommerzeit wieder ein. Österreich folgte 1980.

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Noch gehen die Uhren nach der Regel: zwei Mal jährlich um eine Stunde umstellen
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