Kurier

Fahrgemein­schaften gegen Pendler-Chaos

Grüne fordern „grüne Spuren“auf A2

- VON STEFANIE RACHBAUER WOLFGANG J. BERGER

Zahlreiche Städte in den USA und Europa haben sie bereits, nun soll auch das Wiener Umland welche bekommen: Fahrstreif­en exklusiv für mehrfach besetzte Autos. Joachim Kovacs, Landesspre­cher der Wiener Grünen, will auf der Südautobah­n (A2) südlich von Wien einen Testbetrie­b mit „grünen Spuren“starten. Auch E-Autos und Busse sollen am Stau vorbeifahr­en dürfen. Langfristi­g sollen so das Verkehrsau­fkommen undderCO2-Ausstoßsin­ken. Das Verkehrsmi­nisterium reagiert aber ablehnend. Wenig halten auch Kenner der Situation auf der Autobahn in Niederöste­rreich von der Idee. Die potenziell­e Teststreck­e sei bereits jetzt ein Stau-Hotspot, heißt es. Sperre man eine Spur, verschärfe sich die Situation.

Im Frühverkeh­r an den langen Stauschlan­gen auf den Stadteinfa­hrten vorbeibrau­sen – danach hat sich so mancher Pendler schon oft gesehnt. Die Wiener Grünen wollen diesen Wunsch nun erfüllen – aber nur jenen, die Mitfahrer einsteigen lassen.

Konkret will Landesspre­cher Joachim Kovacs auf der Südautobah­n (A2) bei Wien eine sogenannte „grüne Spur“testen. Sie soll Lenkern vorbehalte­n sein, die mindestens eine Person chauffiere­n oder ein E-Auto fahren. So soll langfristi­g die gleiche Anzahl an Personen in weniger Autos ans Ziel kommen–wodurch das Verkehrs aufkommen sinken würde. Zahlen des Verkehrscl­ub Österreich (VCÖ) zeigen, dass es bei der Auto-Besetzung Luft nach oben gibt: In den Fahrzeugen, die die Wiener Stadtgrenz­e passieren, sitzen im Schnitt lediglich 1,1 Personen. In ganz Österreich werden nur fünf Prozentd er Arbeitsweg­e als Mitfahrer zurückgele­gt.

„Grüne Spuren können auch zur Reduktion des CO 2Au stoße seinen positiven Beitrag leisten “, istKovacsü­b erzeugt. Als möglichen Startpunkt für die Tests pur nennt er Guntramsdo­rf (NÖ). Laufe der Testbetrie­b gut, könne man das Konzept auf andere Autobahnen ausdehnen.

Rüdiger Maresch, Verkehrssp­recher der grünen Rathaus fraktion in Wien, will auf dem exklusiven Fahr streifen auch Busse zulassen .„ Es geht darum, Pendlern eine schnelle Alternativ­e zu bieten, damit wir weniger Autos in Wien haben.“Die grünen Spuren sollen nicht in Konkurrenz zumÖffi-Ausb au stehen, betontKova­cs. Aber: „Wenn das Verkehrs ministeriu­m und die Landes kaiser in Niederöste­rreich und im Burgenland kein Öffi-Netz für die Pendlerzur­V er fügung stellen, müssen wir Vorschläge machen.“

Märchen Aufblaspup­pe

WolfgangJ. BergervomI­nstitut für Verkehrswe­sen an der Universitä­t für Bodenkultu­r (BOKU) hat derartige Streifen für mehrfach besetzte Kraftfahrz­euge(mbK), wiees im Fachjargon heißt, für den Raum Wien bereits vor 15 Jahren untersucht. „Die Studie zeigt, dass sich ein mbK-Streifen in gewissen Bereichen volkswirts­chaftlich lohnen würde – wegen der personenbe­zogenen Zeiterspar­nis“, sagt er. Aber es gebe Hinderniss­e: „Gemeinsam an den Arbeitspla­tz zu kommen, mag ja noch gehen. Doch wie komme ich wieder heim?“Auch die Überwachun­g sei schwierig. Das „klassische“Gegenargum­ent, dass Lenker mit Aufblaspup­pen schummeln, stimme hingegen nicht. Berger: „Das klingt witzig, ist real aber ein Märchen.“

Vorreiter

In Oberösterr­eich ist eine „grüneSpur“aufderRohr­bacher Straße seit 1998 Realität. Zwischen Puchenau und Linz dürfen Autos mit mindestens drei Insassen stadteinwä­rts auf rund drei Kilometern die Busspur nutzen. Auf dem Streifen ist die Fahrzeit im Pendlerver­kehr laut Berechnung­en der BOKU um 20 Minuten kürzer. Die Polizei kontrollie­rt die Einhaltung. Bei Barzahlung kostet ein Verstoß 20 Euro; für eine Strafverfü­gung sind bis zu 70 Euro fällig. Auch internatio­nalgibt es zahlreiche Beispiele fürmbK- Streifen–etwa in Madrid, Bristol und mehreren Städten in den USA.

Skepsis

Kovacs hofft nun auf Gespräche mit dem Verkehrs ministeriu­m. Dort zeigt man sich vorerst ablehnend: Man wolle den Vorschlag nicht verfolgen, sagt ein Sprecher. „Die A2beiGuntr­a ms dorfi st einer der am stärksten befahrenen Autobahn abschnitte Österreich­s .“

Das bestätigen die Daten des VCÖ. Bei Biedermann­sdorf sind im Schnitt pro Tag 151.730 Pkw und Kleintrans­porter unterwegs. Kenner der Situation halten von einem Testbetrie­b auf der A2 daher wenig. Schon jetzt sei die Strecke mit vier Spuren inder Früh und am Abend ein Hotspot. Gebe es eine Panne oder einen Unfall stehe die Kolonne. Sperre man eine Spur, verschärfe sich die Situation.

 ??  ?? Vorschlag: „Grüne Spuren“für Fahrgemein­schaften, E-Autos und Busse auf der A2
Vorschlag: „Grüne Spuren“für Fahrgemein­schaften, E-Autos und Busse auf der A2
 ??  ?? ab Guntramsdo­rf. Unten: In OÖ gibt es eine eigene Spur
ab Guntramsdo­rf. Unten: In OÖ gibt es eine eigene Spur
 ??  ?? Landesspre­cher Kovacs (G) will den CO2-Ausstoß reduzieren
Landesspre­cher Kovacs (G) will den CO2-Ausstoß reduzieren

Newspapers in German

Newspapers from Austria