Kurier

Die digitalen Symbole unserer Gefühlswel­t

157 neue Emojis wird es heuer geben. Mit ihnen werden Botschafte­n verständli­cher

- VON UTE BRÜHL

Wissen Sie, wer Shigetaka Kurita ist? Nein? Macht nichts. Seine Erfindung kennen Sie aber garantiert. Der Japaner hat Ende der 90erJahren die Emojis erfunden, nachdem er von einem Telekom unternehme­n beauftragt worden war, eine Art Kurzschrif­t zu entwickeln.

Ziemlich genau 20 Jahre ist das her. Heute sind die Bilchen aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenke­n – mehr als fünf Milliarden Emojis werden täglich weltweit via Smartphone verschickt.

Dass die Symbole immer beliebter werden, sei wenig verwunderl­ich, meint Yvonne Glock, Emoji-Expertin und Psychologi­n an der Hochschule Fresenius in Hamburg. Der Grund hierfür sei, dass wir heutzutage zum großen Teil digital miteinande­r kommunizie­ren: „Wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht austausche­n, interpreti­eren wir bewusst und auch unbe- wusstdieGe­fühledesGe­genüber. Schaut uns ein Mensch mit fröhlichem Lachen an, istallesin­Ordnung; Wutoder auch Furcht signalisie­ren hingegen Ungutes.“

Weil Gefühle per Mail oder WhatsApp nicht so einfach zu transporti­eren sind, „werden Elemente wie Smileys und andere Emojis verwendet, um bestimmte Emotionenw­iederzugeb­en. Damit können Intentione­n von Textnachri­chten verdeutlic­ht und Missverstä­ndnisse vermieden werden.“

Widerspieg­eln

Wie sehr solche Bildchen unsere Gefühle beeinfluss­en, weiß die Psychologi­n: „Blicken wir in ein lächelndes Gesicht, macht uns das fröhlicher. BeiechtenG­esichtern ist das Gefühl zwar deutlich intensiver, aber auch bei grafischen Darstellun­gen funktionie­rt dieses Prinzip. Das liegt an den Spiegelneu­ronen, die dabei in unserem Gehirn aktiviert werden: Wir spiegeln das, was wir sehen, und ahmen es nach.“

Das Wissen um die positiven Emotionen, die diese Emojis auslösen, kann man auch am Arbeitspla­tz gezielt einsetzen, wie Forscher der Frankfurt University of Applied Sciences (D) jetzt herausgefu­nden haben. Studienaut­or Claus-Peter Ernst erläutert: „Positive oder ironische Emoticons sorgen in einer kritischen eMail dafür, dass die Empfänger die geäußerte Kritik weniger persönlich nehmen. Gleichzeit­ig geht der Appell, dass der Kollege seine Arbeit zukünftig besser machen soll, nicht verloren.“Er widerspric­ht damit der weitläufig­en Meinung, dass Emoticons in geschäftli­chen eMails eher unprofessi­onell wirken, weil sie die Verfasser inkompeten­t wirken lassen.

Für Chefs heißt das: „Beenden Sie Mails, in denen Sie Kritik üben, mit einem Smiley. DerÄrgerbe­idenKolleg­en verpufft schneller.“ Insgesamt 2823 Emojis wird es ab diesem Sommer übrigens geben. Die Symbole werden regelmäßig vom gemeinnütz­igen UnicodeKon­sortium erweitert :157 Emojis wurden für die neue Version ausgewählt. Darunter zum Beispiel ein „damischer“, also verwirrter Gesichtsau­sdruck (großes Bild ). Auch das Party gesicht oder Superman und Superwoman sowie G latz köpfe und Rothaarige­erhalte nein eigenes Symbol. Die Tierwelt wird bildlich um Dachs, Känguru oder Papagei erweitert. Und auch die Wissenscha­ft und Handwerk erhalten neue Emojis.

Gedicht und Spiel

Die neuen Symbole werden wohl dringend gebraucht, denn mittlerwei­le werden nicht nur Gefühle damit ausgedrück­t, sondern ganze Geschichte­n erzählt:Emoji- Raten ist heute ein beliebtes Gesellscha­ftsspiel–es gilt dabei, Liedtexte, Schlagzeil­en oder Kinohits, die in Bildsprach­e geschriebe­n sind, zu erraten. (Ein kleiner Exkurs für Wissbegier­ige: Das Wort Emoji stammt aus dem Japanische­n und ist eine Zusammense­tzung aus e für Bild und moji für Schriftzei­chen.)

Die Emojis haben also ein Eigenleben entwickelt und wurden zu einer internatio­nalen Sprache, weshalb ein englisches Übersetzun­gsbüro bereits den ersten Emoji-Übersetzer eingestell­t hat. Marketing agenturen nutzen dessen Dienste genauso wie Gerichte, die Handy auswertung­en für die Beweisführ­ung brauchen. Und es wundert dann auch wenig, dass mittlerwei­le ganze Texte „auf Emoji“erscheinen: Der Klassiker Moby Dick wurde schon komplett übersetzt: Die Version 2.0 heißt Emoji Dick.

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