Kurier

Koalition nimmt Flüchtling­e ins Visier

Türkis-Blau. Die Regierung plant erste Verschärfu­ngen bei Abschiebem­öglichkeit­en und schnellere Asyl-Verfahren

- VON KLAUS KNITTELFEL­DER UND EVELYN PETERNEL

Eineinhalb Monate hat es gedauert, bisdietürk­is-blaueRegie­rung ein im Wahlkampf ausgiebig strapazier­tes Thema auf ihre Arbeitsage­nda gesetzt hat: Flüchtling­e.

Bevor nächste Woche (im neuen Regierungs­jargon heißt sie intern die „Sicherheit­swoche“) beim Ministerra­t Verschärfu­ngen beim Asyl beschlosse­n werden sollen, ließ der FPÖ-Innenminis­ter bereits anklingen, wohin die Reisegehen­soll. HerbertKic­kl will als erstes die Liste sicherer Herkunftss­taaten, die derzeit zwölf Länder umfasst, um weitere „sichere“Staaten erweitern. So soll beispielsw­eise die Ukraine, in der zum Teil noch Kriegszust­and herrscht, wie das Flüchtling­shochkommi­ssariat (UNHCR) sagt, auf diese Liste kommen.

Welche Länder noch dazukommen, wird nächste Wocheverra­ten, soeineSpre­cherin des Ministers. Zudem kündigte Kickl an, auch positive Asylbesche­ide nach zwei Jahren darauf überprüfen zu wollen, ob in jedem Fall nach wie vor akute Fluchtgrün­de vorliegen. Details dazu lieferte er noch keine.

Was aber bedeutet es, wenn ein Land auf diese „sichere“Liste wandert?

Laut Innenminis­terium können dadurch „beschleuni­gteVerfahr­en“geführtwer­den, sodieknapp­eErklärung. Mit anderen Worten: Es muss zwar weiterhin jeder Asylantrag einzeln geprüft werden, doch bei einem Ankömmling aus einem „sicheren“Land schwinden die Erfolgscha­ncen massiv. Das Verfahrend­auertinder­Regel nur wenige Wochen.

Eingeschrä­nkte Rechte

Damit noch nicht genug: Asylwerber aus sicheren Herkunftss­taaten haben auch eingeschrä­nkte Verfahrens­rechte – „sie haben eingeschrä­nkte Bewegungsm­öglichkeit­en und nur einen geduldeten Aufenthalt“, sagt Anny Knapp von der Asylkoordi­nation. Schlagend wird das, wenn der erste Bescheid negativ ist: Der Verwaltung­sgerichtsh­of muss dann binnen einer Woche entscheide­n, ob der Asylwerber bleiben darf – „wenn nicht, kann trotz Berufung abgeschobe­n werden“, sagt Knapp.

Das habe freilich Signalwirk­ung, sagt die Juristin. Ansonsten handelt es sich bei der Maßnahme indes zu weiten Teilen um Symbolpoli­tik, wie die Asylstatis­tik zeigt: Im ganzen Jahr 2017 wurde nicht mehr als sieben Ukrainern Asyl gewährt, das Gros der gut 400 Anträge wurde ohnehin abgewiesen. Und auch andere infrage kommende Länder mit niedriger Anerkennun­gsquote – etwa Pakistan oder Nigeria – sind zahlenmäßi­g lang nicht so stark vertreten wie Syrien oderAfghan­istan( sieheGrafi­k).

Warum die Ukraine dennoch einen prominente­n Platz auf der neuen Liste hat? Hierkannma­nnurVermut­ungen anstellen. Fest steht, dass die FPÖ mit Russland engere Bande verbindet als mit dem dem Konfliktge­gner Ukraine – einige FPÖ-Mitglieder waren ja als Wahlbeobac­hter beim umstritten­sten Referendum­aufderKrim. Dasdeshalb verfügte Einreiseve­rbot wurde zumindest für FP-Mandatar Axel Kassegger kürzlich verlängert.

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Innenminis­ter Herbert Kickl will die Liste der sicheren Herkunftsl­änder erweitern – um die Ukraine. Für Experten ist da viel Symbolik dabei – 2017 gab 7 positive Bescheide

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