Kurier

30 Kandidaten für Abfahrtsgo­ld

Ski alpin. Die Piste in Jeongseon ist eher einfach – das macht den Sieg schwierig

- AUS JEONGSEON STEFAN SIGWARTH

Der Zuschauer hatte es gut beim ersten Abfahrtstr­aining der Herren: freie Platzwahl, Sonnensche­in, kein Wind, angenehme Temperatur­en, Hans Pum hatte am Donnerstag­mittag die ganze Tribüne im Zielraum von Jeongseon für sich alleine. Der ÖSV-Sportchef wurde Zeuge, wie der Kanadier Manuel Osborne-Paradis nach einem Torfehler die Bestzeit markierte, 1:40,45 Minuten brauchte der Bronzemeda­illengewin­ner des WM-SuperG von 2017 für die 2965 Meter lange Prüfung, die am Sonntag ausgetrage­n wird (3UhrMEZ, 11UhrOrtsz­eit).

Ein anderer Kurs

Fast eine Sekunde war er schneller als der Norweger Kjetil Jansrud, der die Generalpro­be vor zwei Jahren gewonnen hatte; und das auf einer um 108 Meter längerer Strecke. „Ich halte nichts davon, das zu vergleiche­n“, sagt Bernhard Russi, „jetzt haben wir drei Meter mehr Schnee und eine andere Kurs setzung .“

Der Schweizer Vater der Piste von Jeongseon erwartet mit der Wärme am Freitag und Samstag eine Siegerzeit von 1:38 Minuten am Sonntag. „Sie waren noch nicht am Limit, und erst das Limit wird zeigen, was möglich ist.“Klar aber ist für den Olympiasie­ger von 1972: „Die Jury hat alles gemacht, um für den Idealfall zu sorgen, auch mit den Test fahrten von Didier Défago“, der Olympiasie­ger von 2010 brauste mehrmals den vom oberösterr­eichischen FISRenndir­ektor Hannes Trinkl ausgeflagg­ten Kurs hinunter. „Hannes hat mit viel Gefühl gesetzt“, lobt Russi.

Besser machen können die Athleten ihre Arbeit in zwei Passagen, „dort können sie mit noch mehr Zug auf den Skiern fahren“Marcel Hirscher könnte beispielsw­eise ein Tor weniger auslassen, gleichwohl ward er Kombinier er mit den3,93Se kunden Rückstand mehr als zufrieden. Weniger als sechs Sekunden waren der Plan, „es war super, wirklich. Ich hatte nie einen Moment, an dem ich mir dachte, was ich jetzt machen soll.“Der sechsfache Gesamtwelt­cupsieger fuhr mit Riesenslal­om-Schuhen, „es ist alles improvisie­rt – und ich wollte nicht zu viel riskieren. Wennetwasp­assieren würde, könnte ich mir schön ans Hirn greifen.“

Das große Tüfteln

Seine Kollegen von der Abteilung Abfahrt zeigten beileibe nicht alles, MatthiasMa­yer öffnete seine Hocke weit vor dem Zielsprung und kam 0,75 Sekunden hinterOsbo­rne-Par adis als Vierter ins Ziel, Max Franz (+0,94) wurde Sechster .„ Ich wollte eine B es ichtigungs fahrt machen “, sagte Olympiasie­ger Mayer, „es würde mir halt taugen, wenn es ein bissl eisiger würde.“Und sein Kärntner Landsmann Franz berichtete von einem Plan, der „schneidig in die Hose gegangen“ist, „beim ersten Sprung bin ich dort gelandet, wo ich gar nicht hinwollte.“

Generell wird wohl der Olympiasie­ger werden, der am präziseste­n fährt: „Es ist ein Spiel mit der Linie“, weiß Franz, „und eine Tüftelei am Material. WennderSch­neeso bleibt, sind dünne Kanten besser. Wenn es härter wird, brennt es dir die Kante weg.“

Eine „Materialsc­hlacht“prophezeit Hannes Reichelt, der 37 Jahre alt werden musste, um zum zweiten Mal bei Olympia dabei zu sein. „Mit 2,08 Sekunden Rückstand kann ich nicht zufrieden sein“, sagte der Salzburger, „ich hab’ nie richtig Tempo aufbauenkö­nnen, daistnoch einiges zutun für meinen Serviceman­n und mich .“

DassdieOly­mpia-Abfahrt von 2018 optisch eher einfach ist („Ich langweile mich zu Tode“, maulte der Liechtenst­einer Marco Büchel), lädt freilich zum Leichtsinn ein: „Es ist wirklich nicht einfach“, sagt Reichelt, „es gibt viele, die hier schnell sein können. Es gibt keine Passage, wo man mit Mut und Brutalität viel Zeit gutmachen könnte wie etwa an der Steilhang-Ausfahrt in Kitzbühel.“

„Jeder aus den Top 30 kann hier gewinnen“, betont der Schweizer Weltmeiste­r BeatFeuz, deramSonnt­ag31 wird. Eine Goldene als Geschenk? „Warum nicht?“, fragt Feuz. Zumal für Samstag ein wenig Neuschnee, ja sogar ein paar Regentropf­en vorhergesa­gt sind, ehe zum Renntag hin dann wieder der südkoreani­sche Winter seine Zähne zeigen wird mit rund 16 Grad minus.

Dann werden auch mehr Zuschauer auf der Tribüne sein – für Donnerstag waren ja gar keine Karten zu haben.

 ??  ?? Erstes Herantaste­n: Vincent Kriechmayr kam mit 1,88 Sekunden Rückstand auf Manuel Osborne-Paradis ins Ziel von Jeongseon, das bedeutete Platz 22 für den Oberösterr­eicher
Erstes Herantaste­n: Vincent Kriechmayr kam mit 1,88 Sekunden Rückstand auf Manuel Osborne-Paradis ins Ziel von Jeongseon, das bedeutete Platz 22 für den Oberösterr­eicher
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Nicht leicht, das macht es schwierig: Die Piste fordert die Tüftler

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