Missbrauchsvorwürfe holen auch Trainer-Legende Charly Kahr ein
Ski alpin. Laut einer deutschen Zeitung nimmt die Missbrauchsaffäre neue Dimensionen an. Im Zentrum der Anschuldigungen steht nun der einstige Starcoach des ÖSV.
Zum 85. Geburtstag von Karl „Charly“Kahrtrafensichletztes Jahr zahlreiche frühere Wegbegleiter zu einer illustren Golfrunde in Schladming. Der Steirer war der erfolgreichste Cheftrainer der österreichischen Skinationalmannschaft in den 1970er- und 1980er-Jahren. Seine Bilanz: sieben Medaillen bei Olympia und 13 bei Weltmeisterschaften.
Jetzt wirft die Süddeutsche Zeitung aber dunkle Schatten auf diese Ära. Der deutschen Tageszeitung liegen Erklärungen von früheren Sportlerinnen vor, in denen Kahr als Beschuldigter auftaucht: In seinem Dunstkreis fällt auch erneut der Name der verstorbenen Ski-Legende Toni Sailer.
Die Vorwürfe gegen den Steirer, dervon1967bis1970 die österreichischen Alpinfrauentrainierte, reichenvon sexuellerNötigungbiszuVergewaltigung. Eine der ehemaligen Rennläuferinnen, die in dem SZ- Bericht anony- misiert wurden, schildert einen Vorfall Ende der 1960er-Jahre wie folgt: „Ich habe schon geschlafen, da ist Kahr auf einmal ins dunkle Zimmer gekommen und hat mich vergewaltigt. Ich habe ihn erst bemerkt, als er schon auf mir lag.“Und weiter: „Ich hätte mich wehren sollen. Aberdastraustdudich in dem Moment nicht. Er war mein Trainer, du hast zu ihm aufgeschaut als 16-jähriges Mädchen.“
Mit letzter Kraft
Eine Teamkollegin berichtet ebenfalls per eidesstattlicher Erklärung von einem Vorfall aus dem Jahr 1976, wo sie vom betrunkenen Kahr in dessen Hotelzimmer gezerrt wordenseinsollmitdenWorten: „So, heute kommst du dran!“Mit letzter Kraft hätte sie sich noch losreißen können. Anwesend in dem Zimmer soll damals auch Toni Sailer gewesen sein.
Die Süddeutsche Zeitung hatCharlyKahrmitDetailszu drei konkreten Vorwürfen konfrontiert. Über einen Anwalt ließ der frühere StarTrainer mitteilen, dass „die gegenmeinenMandantenerhobenen Vorwürfe samt und sondersausderLuftgegriffen sindundkeineinzigerdervon Ihnen genannten Vorfälle jemals stattgefunden hat“. AuchderÖSVgaban, vonden Vorwürfen nichts zu wissen. In der Kleinen Zeitung gab Kahr nur knapp an: „Mir bleibtnichtserspart. Soetwas brauchst im Leben und das mit 86 Jahren.“
Der Hauptgrund für den späten Gang an die Öffentlichkeit der ehemaligen Rennläuferinnen soll die seit Wochen schwellende Affäre um Missbrauch im Skisport sein, angeregt durch Schilderungen der ehemaligen ÖSVAthletin Nicola Werdenigg. ImZugedessenhatderÖsterreichische Ski-Verband eine Kommissioneingerichtet, die die Causa aufklären soll.
Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.