Operation Gleichklang: Wer für Ku
Kabinett der Kontrollierten. Mit Türkis-Blau hat auch ein neuer Kommunikationsstil Einzug gehalten: Preisgegeben wird nur das Nötigste, ein strenges Regime verhindert Querschüsse wie unter Rot-Schwarz. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt, wie die Regierun
Sie sind die, die keiner kennt, die aber trotzdemimmerimBildsind, wenneinhochrangiger Politiker auftaucht. Die, die mit kritischer Miene danebenstehen, keine Armlänge von ChefoderChefinentferntdenWegdurchlauernde Journalisten bahnen und für einen reibungslosen Auftritt sorgen sollen. Sie sind die jungen Schattenmänner und -frauen, die RegierungspolitikderÖffentlichkeit„verkaufen“.
Sie, das sind die Öffentlichkeitsarbeiter und Pressesprecher der Bundesregierung. Und sie sind so viele wie nie zuvor.
An die fünfzig PR-Profis in 14 Ministerien und zwei Staatssekretariaten kümmern sich umeinenmaximalfriedvollenAuftrittderRegierung – und der läuft im höchsten Maße kontrolliert und gleichgeschaltet ab (siehe Artikel rechts). DieWortwahlderRegierendenistin den meisten Fällen ident. Was ein Minister öffentlich sagen soll, passiert laut Regierungsinsidern häufig den Tisch von Gerald Fleischmann, dem Kommunikationschef von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Im Kanzleramt wird zwar beteuert, dass dies nur „fallweise“passiere – doch gerade in der Anfangsphase der ÖVP-FPÖ-Regierung wurden die Aussa- gen der Minister am Ballhausplatz genau überwacht. Das Ziel der „Operation Gleichklang“: absolute Kontrolle über den gemeinsamen Außenauftritt. Ausritte und Querschüsse, wie unter der Vorgängerregierung üblich, gelten als No-Go. Bis auf wenige Störgeräusche, vor allem von der blauen Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, funktionierte das bisher auch.
InderPR-Sprachenenntmandas„Message Control“, und Türkis-Blau lebt diese in selten dagewesenerEntschlossenheitvor. Sowenden sich auch blaue Ministerien bei heiklen Anfragen an ihre Marketing-Chefs, die wiederum sprechen sich mit demKanzler-Team ab.
Bei Rot-Schwarz regierte das Chaos
Bisher, erzählt ein leitender Pressesprecher der einstigen rot-schwarzen Regierung, war „Message Control“ein Fremdwort: „Wir wolltendaszwarimmer, abereswaraufgrunddes gegenseitigen Misstrauens nie möglich.“So wurden nicht selten schwarze Minister von medialen Ausritten ihrer eigenen Parteikollegen überrascht, ganz zu schweigen vom ständigen Wettrennen um Themenführerschaften zwischen SPÖ und ÖVP. Eine Kommunikationsstrategie, wie es sie unter Türkis-Blau nun stets für die anstehenden Wochen gibt, war mangels Handschlagqualität nie möglich, erzählen rot-schwarze Zeitzeugen.
Nach Lesart der Koalition sollen Woche für Woche – als Vorbild dient der penibel durchgetaktete Wahlkampf der ÖVP – Themen (um-)gesetzt werden. Bevor beim wöchentlichenMinisterratVorhabenpräsentiert werden, platzieren die zuständigen Minister HäppchenindenMedien, umdasFundament zu legen – und um andere Themen abzuwürgen. Jüngstes Beispiel: In Vorbereitung auf die kommende „Sicherheitswoche“ließ Innenminister Herbert Kickl in Absprache mit der Regierungsspitze fallen, welche Asylverschärfungenersichkonkretvorstellenkönne.
Ein Vehikel dafür ist laut Insidern nicht seltenderBoulevard, derdertürkis-blauenRegierung bisher außerordentlich gut gesinnt ist. Dassahmannichtzuletztbeim75erdeshöchst umstrittenen Krone- Postlers Michael Jeannée, dem der Kanzler höchstpersönlich und in höchsten Tönen lobend beiwohnte.
„Die Kontrolle in der Kommunikation hat eineneueDimensionerreicht“, sagtPolitikberater Thomas Hofer. „Die Minister entscheiden nicht mehr autonom, was sie sagen und wann.“HofererinnertdieserAnsatzvorallem an die erste schwarz-blaue Regierung: „Auch dakamenJournalistenschweranInformationen, weil die Regierung kommunikativ äußerststrengagierte.“Dassdietürkis-blaueKoalition aus zahlreichen Quereinsteigern ohne parteiinterneHausmachtbesteht, seiderKontrollestarkzuträglich.„WerwederpolitischeErfahrung noch ein ausgeprägtes politisches Selbstbewusstsein hat, der wird sich natürlich eher an die Regeln halten.“Damit, so Hofer, hältinÖsterreichnunderinternationaleTrend Einzug, nur dasNötigstepreiszugeben.
Dassdiesklappt, istlautInsidernvorallem einem Umstand geschuldet: Der Junior-Partner spielt artig mit. Denn eine streng koordinierte Regierungskommunikation „zahlt eben immer stark auf das Konto des Kanzlers ein“, erklärt ein ehemaliger ÖVP-Ministersprecher – und das wollte die Volkspartei der SPÖ nie gönnen, geben selbst ÖVP-Funktionäre zu. Die FPÖ aber lasse den Dingen ihren Lauf, füge sich aufgrund mangelnder Regierungserfahrung gewissermaßen. Die koalitionsinterne Hilfe ging teils so weit, dass freiheitliche Politiker schon einmal Texte aufsagten, die ÖVP-Mitarbeiter geschrieben haben.
Und solange diese Eintracht hält, erklärt Hofer, hält auch die „Message Control“.