Polit-Nachhilfe: Wie man Neulinge auf Linie bringt
Coaching. Wasmachtman, wenneinemArmin Wolf eine kritische Frage stellt? Richtig: nicht antworten. Stattdessen zuerst höflich Danke sagen, dass man in der wichtigsten NachrichtensendungdesLandeszuGastseindarf; undambesten denModerator mit Namenansprechen.
Wer die Antrittsinterviews vieler Minister gesehen hat, der konnte eine sich wiederholendeLive-DemonstrationdieserTaktikbeobachten. Von Heinz Faßmann bis Margarete Schramböck übten sich vor allem die Quereinsteiger darin. Woher der Gleichklang kommt? Von Coaching-Agenturen – die ÖVP etwa wird von der Wiener Agentur „Intomedia“beraten, der etwa auch der Polit-Journalist Peter Pelinka angehört.
Gelehrt wird dort Simples wie „keine dreiminütigen Grundsatzreden zu halten“, wie ExORF- Mann Gerald Gross sagt, selbst Medientrainer. Oderausweichen, um„nichtamNasenring herumgeführt zu werden“, dazu gewisse Begrifflichkeiten: Team, Vertrauensvorschuss, zukunftsfit oder Herzensanliegen tauchen im Regierungssprechverdächtig oft auf.
Ausscheren ist nicht vorgesehen
AbernichtnurKommunizierenimGleichklang (auch so ein Lieblingswort), sondern auch der Auftritt im Gleichschritt – wie etwa bei Kurz’ undStrachesDoppelconférencen– willgelernt sein. Ausscheren ist nämlich nicht vorgesehen, wie man an Formulierungen ablesen kann: Nach dem etwas verunglückten Interview von FPÖ-MinisterinBeateHartinger-Klein, beidem sie mit dem Satz „beim Arbeitslosengeld wird eskeinenZugriffaufVermögengeben“vonder Koalitionslinie abwich, setzte es folgende Sprachregelung: Den Satz „wer länger gearbeitet hat, bekommt höheres Arbeitslosengeld. Bei wem das nicht der Fall ist, bekommt geringeres“hörte man danach von fast jedem Regierungsmitglied – mehr aber auch nicht.
Warum diese gleichlautende Kommunikation funktioniert? Gerade weil so viele Quereinsteiger im Team sind, sagt Politberater Rudolf Fussi. „Die Minister sind ja alle nichtderParteioderihrenLändernverpflichtet, sondernnurSebastianKurz, dersiegeholt hat.“Kalkül vermutet er auch dahinter, dass KurzzukontroversenThemenkaumFernsehbilderabliefert– erwollenichtnegativkonnotiert werden. In der Causa „Germania“etwa setzte er nur einen Tweet ab, vor Kameras stellten sich andere. Bei ihnen war aber auch wieder Gleichklang hörbar: „ Widerwärtiges antisemitisches Lied“hieß es da stets.
So viel Übereinstimmung muss laut Gross nicht immer gut sein: „Medientrainings werden oft dafür verantwortlich gemacht, wie unerquicklich Politik sein kann.“Ein Beispiel dafür, dass die „alles aus einem Guss“-Politik ohnehinnichtbeiallenfruchtet, istJustizminister Josef Moser. Bei seinem ZiB-Erstauftritt lieferte er so viele Schachtelsatz-Ungetüme ab, dass selbstdieModeratorinsprachloswar:„Daswar jetzt schonein Ministerratsvortrag.“