Ihr Credo: „Das Strafmaß ausschöpfen“
Zielstrebig
In Justizkreisen und von ehemaligen Ministern wie Wolfgang Sobotka oder Wolfgang Brandstetter wird Karoline Edtstadler (36) vieles zugetraut. Egal, welche Karrierestation die Staatsekretärin im Innenministeium bis jetzt absolvierte, die Salzburgerin hat sich stets einen guten Ruf
gen, durchaus im oberen Bereich, aber trotzdem dabei fair zu bleiben“, erklärt die Staatssekretärin ihre Urteilsfindung.
Eben diesen Strafrahmen soll sie nun in die Höhe schrauben. ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz hat die Salzburgerin mit Einrichtung einer Expertengruppe für eine StrafrechtsreformbeidenSexualstrafdelikten beauftragt. Was von zahlreichen Juristen kritisiert wird, weil es erst vor zwei Jahren eine Reform gab, sieht die 36-jährige Rechtsexpertin gelassen. „Ich bringe das nötige Knowhow erarbeitet. Dass sie Richterin wurde, war eher ein Zufall. Als sie ihr Gerichtsjahr absolvierte, erkannte sie, dass sie ein Talent für das Verfassen von Urteilen hat. Sie arbeitete als Strafrichterin, als Oberstaatsanwältin in der Korruptionsstaatsanwaltschaft und zuletzt als juristische Mitarbeiterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg.
mit, weil ich an der Reform seit 2012 mitgearbeitet habe. Ich habe klare Vorstellungen, wo man hier ansetzen muss.“Auch die Bedenken, dass sie FPÖ-Innenminister Herbert Kickl als Staatssekretärin weisungsgebundenist, wischtEdtstadler vom Tisch. „Was geändert wird, entscheidet am Ende der jeweils fachzuständige Minister. Im Bereich des Strafrechts ist das klar der Justizminister. möglicherweise ist davon aber auch die Frauenministerin oder der Innenminister betroffen.“
Spricht man mit Wegbegleitern über die 36-Jährige, dann hört man vor allem eines: „Sie ist eine toughe Lady, diemitvielElaninjedeHerausforderung geht.“Oder: „Man spürt, sie will was weiterbringen.“Die Staatssekretärin selbst bezeichnet sich als „sehr zielstrebig“. Wenn man es negativ auslegen will, könnte „man mich auch als stur bezeichnen“, meint Edtstadler lachend.
So zögerte sie auch keine Sekunde, als die Top-Juristin imDezembergegenzehnUhr abendsinStraßburg, denAnruf von Kurz bekam, ob sie Teil seines Regierungsteams sein will. Entschlossen stieg sie ins Auto, um am nächsten Morgen in Wien zu sein. „Für mich war klar, wenn ich einmal das Angebot bekomme in die Politik zu gehen, bin ich dabei.“
Und wie schaukelte die Salzburgerin, die schon mit 20 Jahren Mutter wurde („Mein Sohn ist ein Wunschkind“), Studium, Karriere und ihre Rolle als alleinerziehende Mutter? „Wenn ich zurückblicke, dann denke ich mirselber: Wow, wiehabeich damals alles geschafft?“In den Nachtstunden paukte sie Paragrafen. Ihre komplette Familie, selbst ihre acht Jahre jüngere Schwester, unterstützten Edtstadler. Heuteistsiefroh, dasssiejung Mutter wurde. „Ich kann es nur jedem empfehlen. Es ist wunderschön.“
Sohn im Internat
Als Edtstadlers Sohn zehnJahre war, stand der erste große Karriereschritt bevor: Der Wechsel nach Wien ins Justizministerium. „Damals war schon entschieden, dass mein Sohn ins Internat geht, weil er ein Scheidungskind ist. Wir wollten kein Gezerre zwischen den Elternteilen.“
Die räumliche Trennung fiel dem Sohn leichter als der Mutter. „Wenn man heute jungMutterwird, gibtesrelativ wenige Freunde, die auch Kinderhaben. MeinSohnwar stets von vielen Erwachsenen umgeben, deswegen hat erimmerdieNähezuanderen Kindern gesucht. Da war das Internat ideal.“
Ohne den Sanktus des Sohnes, der bei den Großelternlebt, machtedieÖVP-Politikerin keinen Karriereschritt. Selbst den Sprung nach Straßburg an den EuropäischenGerichtshoffürMenschenrechte, der doch 520 Kilometer von Salzburg entfernt ist, kommentierte er gelassen: „Seit ich klein bin, hast du mir vom EGMR erzählt. Mir geht es im Internat gut, mach’ es.“Die Autobahn zwischen Straßburg und Salzburg kennt sie wie ihre Westentasche. Mehrmals im Monat pendelte Edtstadler im Höchsttempo nach Hause. „Mein Rekord sind 4,5 Stunden“.
Beim Nachwuchs streift die unnachsichtige Juristin ihreharteSchalegerneundoft ab. Etwa als der Nachwuchs das Gymnasium schmeißen wollte. „Viele meinten, ich soll ihn durch die Schule boxen. Aber ich sagte: Er muss seiner Leidenschaft folgen.“Also absolviert er nun in Salzburg eine Zimmermannslehre, statt eine akademische Laufbahn wie die Mutter einzuschlagen. Da schlägt das Mutterherz das eiserne Juristenherz.