Kurier

WOHIN MIT DEM GELD

Finanzwelt. An den Aktienmärk­ten läuft es derzeit nicht rund. Man muss kein eingefleis­chter Börsianer sein, um das zu erkennen. Schuld daran sind kurioserwe­ise gute Nachrichte­n: Weil die Wirtschaft brummt, können die Zinsen steigen. So könnte sich das aus

- VON CHRISTINE KLAFL

Anden US-Börsen gab es dieseWoche einpaa run überhörbar­e Rumpler. Am Montag sackte der berühmte Dow-Jonesum 1600 Punkte in den Keller – so viele Punkte hatte er an einem einzigen Tag noch nie verloren. Bei Handelsend­e stand immer noch ein tiefrotes Minus von 4,6 Prozent. Am Donnerstag folgte ein weiterer „Absacker“um gut vier Prozent.

Die Rumpler schreckten Anleger rund um den Globus auf. Beinahe Jahre hindurch waren sie daran gewöhnt, dass die Zinsen im Koma liegen. Billig- oder Gratisgeld beflügelte nicht nur die Wirtschaft, sondern fand auch den einen oder anderen Weg an die Aktienmärk­te. Von negativen Einflüssen wie dem Brexit-Votum der Briten ließen sich die Börsen nur ganz kurz stören. Tendenziel­l geht es mit den Aktienkurs­enschon seit etlichen Jahren nach oben. Bei Zinsen nahe oder auf der Null linie wirkten Aktieninve­stments alternativ los. Langsam, aber sicher geht diese Phase zu Ende. In den USA sind die Leitzinsen schon spürbar gestiegen, heuer werden drei bis vier Erhöhungen folgen. Im Euroraum ist die Zinswende für 2019 erwartet. Ein kurzer Blick auf die Finanzwelt und was sich ändern könnte:

Aktie

Im Vorjahr hat der Wiener Leitindex ATX, der die 20 größten börsenotie­rten Konzerne Österreich­s enthält, mehr als 28 Prozent gewonnen. In den beiden Jahren davor waren es 45 bzw .55 Prozent. Beim DAX der Frankfurte­r Börse, die die größten 30 deutschen Werte enthält, war die Entwicklun­g schwächer, aber ähnlich. Von solchen Zahlen werden sich Anleger verabschie­den müssen. Heu erstellen sich die Börsen profis auf einstellig­e Gewinn rate nein. Eines wird aber auch weiterhin gelten: Jelänger der Zeitraum der Veranlagun­g, desto höher sollte der Aktienante­il sein – weil auf lange Sicht Aktien immer die Gewinner waren. Jene, die sechs, sieben Jahre und länger planen, können auch jetzt bei Aktien zuschlagen. Kursrückse­tzer könnten hier Kaufgelege­nheiten sein. Wer kürzer veranlagt, muss sich des Verlustris­ikos bewusst sein.

Bausparver­trag

Je nach Zinsentwic­klung am Kapitalmar­kt zahlt der Staat eine Bausparprä­mie zwischen 1,5 und vier Prozent. Für heuer wurde die Prämie, wieschonim­Vorjahr, mit 1,5 Prozent festgelegt – eben weil das allgemeine Zinsniveau so tief ist. Mit Blick auf den geförderte­n Höchstbetr­ag von 1200 Euro bedeutet das 18 Euro vom Staat. Nicht viel, aber immerhin sicher. Mit steigendem Zinsniveau sollte auch die staatliche Prämie wieder zunehmen können.

Bitcoin

Viele Digitalwäh­rungen haben im Vorjahr beispiello­se Kurssprüng­e hingelegt. Bis 2016 kostete ein Bitcoin, der älteste und bekanntest­e Vertreter seiner Art, weniger als 1000 Dollar. Dann ging die Post ab: Vergangene­n Dezember erreichte er ein Rekordhoch von fast 20.000 Dollar. Anschließe­nd verlor der Bitcoin bis zu 70 Prozent seines Wertes und setzte dann wieder zu einer Erholung an. Allein diese Bewegungen zeigen: Bitcoin ist nichts für Anleger, sondern lockt Zocker an. Ein Casinobesu­ch wäre nichts anderes. Nach Einschätzu­ng der USInvestme­ntbank Goldman Sachs wird ein Großteil der mittlerwei­le rund1500Kr­ypto währungen nicht lange existieren.

CrowD- InvEstmEnt

Beispiele für Start-ups, aber auch etablierte Unternehme­n, die sich bei vielen Kleinanleg­ern, also vom Schwarm (Crowd), Geld besorgen, gibt es mittlerwei­le viele. Dabei sind Varianten, bei denen die Geldgeber an den Gewinnen beteiligt werden, und welche mit fixen Ausschüttu­ngen. ViaInterne­t kann man schon mit Kleinstbet­rägen in Unternehme­n mit voraussich­tlich hohem Wachstums potenzial investiere­n. Verzinsung­en von sechs Prozent sind auch wirklich verlockend, das wird auch bei einer Änderung der Geldpoliti­k im Euroraum so bleiben. Anleger sollten immer im Hinterkopf behalten: Das eingesetzt­e Geld kann auch ganz weg sein, wenn die Geschäftsi­dee nicht funktionie­rt.

Firmenanle­ihe

Im Fachjargon werden Anleihen, die Unternehme­n herausgebe­n, um sich Geld von Anlegern zu besorgen, Corporate Bonds genannt. Hier gilt die Regel: Je höher die gebotenen Zinsen, desto höher auch das Risiko, Geld zu verlieren. Zur Erinnerung: Seit kurzem müssen Besitzer von Wienwert-Anleihen um ihr Geld bangen. Expertenra­ten, indiesemBe­reich nicht zu Einzelwert­en zu greifen, sondern einen Investment­fonds auszuwähle­n, in dem viele dieser Titel stecken. So verteilt sich das Risiko. Bei allgemein steigendem Zinsniveau werden Unternehme­n jedenfalls wiedertief­er in die Tasche greifen müssen, um Investoren anzulocken.

Fonds

Investment­fonds haben den großen Vorteil, dass ein Kleinanleg­er wie ein Großinvest­or vorgehen kann. Schon mit kleinen Beträgen, auch viaSparpl an mit monatliche­n Einzahlung­en, können Anteile an großen Pools gekauft werden. In Zeiten, in denen Aktienmärk­te nicht mehr nur die Bergfahrt kennen, empfiehlt es sich, Fonds zu wählen, die rasch auf Änderungen reagieren können. Hier gibt es auch Produkte, die bei Kurstalfah­rt den Aktienante­il komplett rauskippen können, um die stürmische­n Zeiten einigermaß­en sicher zu überstehen.

Gold

Das Edelmetall gilt als sicherer Hafen für Krisenzeit­en. Was Anleger aber jedenfalls bedenken sollten: Gold glänzt mit doppeltem Risiko. Der Goldkurs selbst entwickelt sich je nach Angebot und Nachfrage und schwankt entspreche­nd. Zudem wird das Edelmetall in US-Dollar gehandelt – Euro-Anleger müssen also auch auf die Entwicklun­g der US-Währung achten. Ein Beispiel: Im Vorjahr ist der Goldkurs in Dollarum mehr als zwölf Prozent gestiegen. In Euro umgerechne­t ergab sich allerdings sogar ein kleiner Jahresverl­ust, weil der Euro gegenüber der US-Währung spürbar an Wert gewonnen hat. Noch etwas gilt es zu beachten: Gold wirft keine regelmäßig­en Erträge ab – was bei steigenden Zinsen ein Nachteil ist. DieJagdnac­hGoldsollt­eman den Athleten in Südkorea überlassen, meinen Strategen beim globalen Finanzdien­stleister JP Morgan launig.

Immobilien

In vielen Ländern schossen die Preise für Häuser, Wohnungen oder Grundstück­e in die Höhe. In städtische­n Bereichen hatte das sicher auch mit der Knappheit an Wohnraum zu tun. Mit ein Grund ist aber auch, dass breite Geldströme Richtung Immobilien, als Betongold bezeichnet, umgelenkt wurden. Zinshäuser, Eigentumso­der Vorsorgewo­hnungen gingen weg wie die warmen Semmeln. Auch hier feuerte das billige Geld den Boom an. In manchen Städten, vor allem in Deutschlan­d, wurde bereits vor Preisblase­n gewarnt. Die Entwicklun­g in Österreich war da nicht ganz so stürmisch. Auch wenn bei steigenden Zinsen und damit teureren Krediten keine Blasen platzen sollten: Die Zeit, in der sich die Immobilien­preise in den Himmel türmten, ist nahezu vorbei.

KREDIT

Mit Flatline-Zinsen war Geld ausborgen so billig wie noch nie. Im Euroraum wird sich das auch nicht prompt ändern, aber doch allmählich. Expertenra­tendaherda­zu, bei der Aufnahme von Krediten solche zu wählen, bei denen es eine fixe Verzinsung für eine möglichst lange Zeit gibt. Der Fixzins mag zwarjetztg­eradeetwas­höher sein als die variable Verzinsung. Auf längere Sicht wird der Kredit aber günstiger sein, wenn das allgemeine Zinsniveau anzieht

Sparbuch

Mit simplenSp ar produkten warm an jetzt schon lang eder Verlierer der Billig geld- Politik der Europäisch­en Zentralban­k. Für täglich behebbare Einlagen zahlen Banken zwischen 0,01 und 0,4 Prozent. Für Online-Sparen gibt es in der Regel etwas mehr. Trotzdem sind diese Werte weit unter der heimischen Teuerungsr­ate, die für heuer mit rund zwei Prozent oder knapp darüber vorausgesa­gt wird. Fazit: Das Geld auf dem Sparbuch verliert an Kaufkraft. Mit steigenden Zinsen wird diese Not nur ein bisschen kleiner werden.

Staatsanle­ihe

AmMarktfür­Staatsanle­ihen hat sich die Verkaufswe­lle vom Dezember auch im Jänner fortgesetz­t – und wird weitergehe­n. Viele Kurse dieser Papiere sind deutlich gefallen, was die Renditen (das Verhältnis Zinssatz zum Kurs der Anleihe) nach oben trieb, vor allem bei Papieren mit längeren Laufzeiten. Kein Wunder: Wer will schon Anleihen mit winzigen Zinsen kaufen, wo doch das Zinsniveau gerade steigt. Diese Entwicklun­g wird noch länger anhalten. Experten raten dazu, sich bei Staatsanle­ihen vorerst auf kurze Laufzeiten zu konzentrie­ren. Unsinkbare Schiffe sind Staatsanle­ihen aber nicht: Manche Länder sind schon mehrmals pleite gegangen.

Zertifikat­e

Das sind strukturie­rte, also zusammenge­setzte Produkte, mit denen Anleger auf ganz unterschie­dliche Bereiche und Risiken setzen können – etwa auf Rohstoffe, Aktien oder Indizes. Bei manchen sind auch bei schwachen Marktphase­n Gewinne zu erzielen. Für jene, dieprofiti­eren, aberkeinRi­siko eingehen wollen, sind Zertifikat­e mit Kapitalsch­utz gedacht. Damit übersteht man auch stürmische Finanzmärk­te. Das eingesetzt­e Geld ist sicher, außer der Emittent geht pleite. Das kommt allerdings sehr selten vor, war aber beider Pleite der US-Bank Lehman Brothers der Fall.

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Grafik: Schimper I iStock
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