Kurier

Ein Absturz zum Jubiläum

- WOLFGANG WINHEIM wolfgang.winheim@kurier.at

Schon am ersten Wettkampft­ag verfassten Agenturen die Eiltmeldun­g: „Nordkoreas Diktatoren-Schwester und Olympia-Überraschu­ngsgast Kim

Yo-jong lädt Südkoreas Präsidente­n nach Pjöngjang ein.“

Die zweiten Olympische­n Spiele in Südkorea könnten bewirken, was Donald Trump verpasst hat. Eine Annäherung der verfeindet­en Nachbarn, wie sie bei den ersten Spielen undenkbar war. Damals drohte Nordkorea, einen Staudamm zu sprengen und Seoul zu überfluten. Das war 1988 ...

... als Seoul Schauplatz von Sommerolym­pia war;

... als Russlands Kicker unter Regie ihres ukrainisch­en Spielmache­rs AlexejMich­ailitschen­ko

(heute unvorstell­bar) Olympiasie­ger wurden;

... als Ost- und Westdeutsc­he getrennt marschiert­en;

... undalsimse­lben Jahrzuvor noch die Winterspie­le – in Kanada – stattfande­n. Bei diesen machte sich ÖSV-Coach

Hans Pum den Olympiasie­ger 1980, Leonhard Stock, mit einem Wortbruch zum Feind, indem er Stocks Freund und vermeintli­chen Super- G- Fix starter Gerhard P fa ffenbichl er in eine Qualifikat­ion gegen

Helmut Mayer jagte. Prompt gewann derKärntne­rMayer nicht nur die Qualifikat­ion, sondern anderntags Silber. P um durfte sich feiern lassen, nicht ahnend, dass ihm bei Olympia 2014 Mayers Sohn

Matthias Mayer mit Abfahrtsgo­ld sogar noch mehr Freude bereiten würde.

Auch 1998 bewies Pum ein goldenes Näschen, als er in Nagano den, vom Abfahrtsho­rrorssturz gezeichnet­en Hermann Maier anstelle des chancenrei­chen Pepi Strobl auf die Super-G-Startliste setzte. (Erfolgs-)Resultat bekannt. Inzwischen stieg Pum, 63, zum –auch für Nordische undBo ar der zuständige­n–Gesamt sport chef des Ö SV auf. Inzwischen gilt der ausgebilde­te Fußballtra­iner mit nunmehr zehn Olympia teilnahmen als weltweit dienstälte­ster Alpin co ach.

Inzwischen hat der Jubilar mehr Triumphe als politische Obersportl­er (= aktuell Heinz Christian Strache), aber auch bitterste Momente erlebt. Womit nicht der Absturz der ÖSVAdler auf der koreanisch­en Schanze gemeint ist.

Als 2010 in Kanada die 21. Spiele für die Alpinen medaillenl­os endeten wie gestern für Gregor Schlierenz­auer und Co. die 23. begannen, wurde Pum im Slalomziel vermisst.

„Typisch Schönwette­r-Funktionär. Bei Pleiten net zu sehen“, motzten und schrieben Berichters­tatter. Uninformie­rt darüber, dass P um kurz vorher abgereist war, weiler von einer lebensgefä­hrlichen Erkrankung seines Sohnes erfahren hatte.

Den Sündern vor Ort war ihre Fehlleistu­ng eine Lehre. Ungeachtet dessen wird die journalist­ische Grundregel („Zuerst recherchie­ren, dann urteilen“) immer öfters ignoriert. Zumal unterbezah­lte Reporter im Kampf um Clicks Rennläufer­n ähneln: Jeder will der Schnellste sein. Halb wissen droht im Online-Zeitalter wichtiger zu werden alsSeriosi­tät. Weshalb auch im Fall Kim/Kim Skepsis angebracht ist.

 ??  ??
 ??  ?? Enttäuscht: Gregor Schlierenz­auer nach dem ersten Bewerbstag
Enttäuscht: Gregor Schlierenz­auer nach dem ersten Bewerbstag

Newspapers in German

Newspapers from Austria