Kurier

Eine Frau wie John Wayne

Frances McDormand. Die „Natural Woman“Hollywoods greift nach dem zweiten Oscar

- VON ELISABETH SEREDA

Der Titel ihres neuesten Films geht nicht eben leicht über die Lippen: „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Was allerdings seinem Erfolg und dem seiner Hauptdarst­ellerin keinerlei Abbruch tut – Frances McDormand( 60) ist nämlichauf­dembesten Weg zum Oscar (am 4. März), ihrem bereitszwe­iten( nach 1997 als schwangere Frau Sheriff

in „Fargo“). Golden Globe und Screen Actors Award hat sie heuer schon gewonnen. Die Rolle ist tough, frech, ungeschmin­kt – ganz so wie die starke Frau aus Chicago, die sich weigert, Selfies mit Fans zu machen. Lieber spricht sie mit ihnen. Wie hier mit dem KURIER – über ihre Rolle der Mutter (einer vergewalti­gten und ermordeten Tochter), die im Stil eines Westernhel­den um Gerechtigk­eit kämpft.

Wie war das Feeling, wie John Wayne ( ✝ 1979) zu sein? Frances McDormand: Erwardie Inspiratio­n für die Rolle! Ich mochte immer seinen Gang. Er hatte Schuhgröße 40, was für einen Mann seiner Länge (1,93 m) winzig ist. Es wirkte immer so, als hätte er Probleme, aufrecht zu bleiben. Der Herowardas­Image– inWirklich­keit war er „Marion Morrison“(Waynes richtiger Name) – der mit den kleinen Füßen.

Sie verkörpern ein Opfer, aber ohne es als Opfer anzulegen?

Ich hatte oft genug Opferrolle­n. Nun war’s ein großes Geschenk, das auf den Kopf zustellen. MildredHay­es (Rollenname) isteinOpfe­r, aber sie wehrt sich und ist am Ende alles andere als ein Opfer.

Kritiker haben diese Rolle mit jener in „Fargo“verglichen.

AlsichdasB­uchlas, dachte ich keine Sekunde, dass mich die Person an jemand erinnert, den ich schon mal gespielt habe. Erst auf dem Set fiel mir eine Parallele auf, als ic hinein er Szene demOffic er – Sam Rockwell – in die Eier trete. Da fiel mir plötzlich ein: Warte mal, in „Blood Simple“(Thriller, 1984) habe ich auch jemanden dorthin getreten! Und Regisseur M art inMcDonagh ließ es mich gleich zweimal machen( lacht )! Ich finde nicht, dass Mildred Hayes etwas mit der Marge Gunderson aus „Fargo“gemein hat, aber ich verstehe, dass manche das so sehen. Mildred repräsenti­ert die Wut, die wir als Frauen heute spüren. Wut ist vielleicht nicht das richtige Wort, es ist eher Rage (Zorn).

Können Sie das nachempfin­den?

Ichhabenie­Ragegespür­t, aber ich bin eine 60 Jahre alte Frau im heutigen Amerika – und ja, ich bin wütend.

Sie hassen Selfies, wie stehen Sie überhaupt zu Social Media?

Ichwünscht­e, Twitterund Social Media im Allgemeine­n würden eingehen. Stirb, Twitter, stirb! – Das sollte auf Plakatwänd­en stehen. Schauen Sie sich mein Handy an (zeigt auf ihr Flipphone). Old style. Ich kann kaum die Fotos sehen, die mir Freunde schicken. Zu klein. Ich finde, wir sollten alle dazu fähig sein, ein Schnur telefonzu benützen und Briefe per Hand zuschreibe­n.

Die „New York Times“bezeichnet­e Sie als „Natural Woman“, was viele Frauen für ein fragwürdig­es Kompliment hielten.

War es ja auch. Was die meinten, war, dass ich mich nicht schminke und ich daher nicht dem Schönheits­ideal eines Hollywoods­tars entspreche. So what? Ich bin kein Hollywoods­tar. Ichbin60, ich wurde mit 15 zur Feministin, bin ein Produkt der 1970er. Da wurden Natürlichk­eit und Nacktheit zelebriert. Frauen sahenauswi­eich, Schamhaare wurden nicht rasiert, keine trug Make-up, nichts wurde retuschier­t – schon gar nicht der Busen ... In den 1980ern sah der Playboy plötzlich aus wie ein Automagazi­n: Nackte Frauen glänzten so perfekt wieProdukt­e, mitdenenma­n aber keinen Sex haben will.

Behinderte Ihre Weigerung, da mitzuspiel­en, Ihre Karriere? Anfangs ja. Da erklärte man mir, ich hätte kein Talent, ich müsste mir die Zähne richten lassen und in High Heels gehen lernen. Ich sagte: ,Super, was ist die Rolle?’ Ich mache alles gern für eine Rolle. Heute noch sag eich, wenn mich ein Stylist für eine Szene anmalenwil­l :, Frag bitte den Kameramann oder die Kamera frau, die wissen viel besser, wie ich aussehen muss’.

Ihr größtes Kompliment?

Als kürzlich einer schrieb „Sie hat ein Gesicht wie ein Nationalpa­rk“. Dadachteic­h: Super! Ja, mit Berg und Tal undrauenKä­mmen, Klippen, Gipfel und tiefen Gletschers­palten. Dakannmani­nteressant­e Wanderunge­n machen!

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 ??  ?? Als Opfer kein Opfer zu spielen – das ist die hohe Kunst von Frances McDormand in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Darin tritt sie Sam Rockwell „in die Eier“
Als Opfer kein Opfer zu spielen – das ist die hohe Kunst von Frances McDormand in „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Darin tritt sie Sam Rockwell „in die Eier“
 ??  ?? „Big Five“im Kampf um den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle: Sally Hawkins, Meryl Streep, Margot Robbie, Saoirse Ronan, Frances McDormand (v. li.)
„Big Five“im Kampf um den Oscar für die beste weibliche Hauptrolle: Sally Hawkins, Meryl Streep, Margot Robbie, Saoirse Ronan, Frances McDormand (v. li.)
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