Kurier

Kulturerle­bnis und Kontraste

Bezaubernd­e Medinas, geschichts­trächtige UNESCO-Weltkultur­erbestätte­n, gepflegte Golfplätze, Strandhote­ls für die ganze Familie und freundlich­e Tunesier, die sich auf das Comeback des Tourismus freuen.

- VON MARIA GURMANN (TEXT UND BILDER)

Tunesien. Friedlich und freundlich werden Touristen empfangen. Das orientalis­che Weltkulutr­erbe, die herrlichen Strände und die kurze Anreise sind die Atouts dieses Landes.

Was waren das für Zeiten. Als Mahmoud Hunderte Touristen empfing, die die riesigen Kreuzfahrt­schiff e Tag für Tagaus spuckten. Sie drängten die Stiegen aufgänge seines Hauses in einem der Souks der Altstadt von Tunis hinauf. Anden Wändendie herrlichen Teppiche und Kelims, auf den Terrassen Mosaike und Keramikvas­en.

Stolz zeigt Mahmoud die verblasste­n Fotos von Königen und Präsidente­n, die er vor vielen Jahrenin seinem „Dar“– wie die traditione­llen Häuser mit Innen höfen, mehreren Stockwerke­n und Terrassen genanntw erden–begrüßt hatte. Mit dem „Arabischen Frühling“, der zum Sturz der Regierung führte, blieben die Touristen und Kreuzfahrt schiffe schlagarti­g aus. Der vollbärtig­e Händler mit dem grauen Haar ist trotz der Wirtschaft­skrise 2011 optimistis­ch. „Jetzt habe ich einige Räume und Terrassen in ein Kaffeehaus und eine Bar umfunktion­iert, das Geschäft läuft, so kann ich überleben.“

Schön langsam entdecken Reisende wieder die einzigarti­gen Kultur schätze, die herrlichen Strände und die abwechslun­gsreichen Angebote: von Golfen,Trekk ing und Vogel beobachtun­g s touren bis zu verschiede­nen Wasserspor­t möglichkei­ten. Die Tunesier sind freundlich und fröhlich, „obwohl die Demokratie uns nicht das erhoffte Paradies gebracht hat“, wie es Slim, unser Chauffeur, ausdrückt. Die Textilindu­strie ist eingebroch­en, die Arbeitslos­igkeit gestiegen.

Weltgeschi­chte

In der Medina von Tunis bahnen wir uns durch die engen Gassen. Reizvoll ist der Kontrast von orientalis­chem Weltkultur­erbe, Art Déco und Modernismu­s. In den verschiede­nen Teilen des Souks konzentrie­ren sich die Gewerbe: hier die Töpfer mit ihren buntbe malten Keramiken, da die Kunstschmi­ede- Handwerker, die vertieft auf ihre Kupfergefä­ße klopfen und in der nächsten Gasse die Gewürzhänd­ler mit den appetitlic­h zur Schau gestellten bunten Kardamom-, Paprika-, Zimtoder Anisberge.

Es zieht uns in die Innenhöfe der schmalen Häuser, hinauf zu den verschiede­nen Ebenen. Dort eröffnens ich kleine Oasen. Meist sind es gemütliche Restaurant­s und Cafés mit Terrassen, wiedasElAl­i( www.el-ali.com). Der Blick von den Dächern über die Medina, dieses Labyrinth, das die Geschichte aus Jahrhunder­tenspeiche­rt. Mittendrin­dieEzZitou­na-Moschee aus dem 9. Jh., eine der wichtigste­n in der islamische­n Welt.

Paul-Klee-Feeling

Ein Tipp von Freunden führt uns zu zwei besonderen architekto­nischen Leckerbiss­en: die kleinen 2*-Art-déco-Hotels DarEl Medina (www.darelmedin­a.com) und Grand Hotel de France (Rue Mustapha M'Barek). Letzteres ist nicht so groß und luxuriös wie der Name, dafür umso berühmter. Paul Klee war hier Gast und man hat den Eindruck, es sei alles noch wie vor 100 Jahren. Auf ihrer legendären TunesienFa­hrt gerieten die Maler Paul Klee, August Macke und Louis Moilliet in einen Schaffensr­ausch. Das intensive Licht, die orientalis­che Architektu­r und der arabische Alltag regten die Künstler an.

Welche Kunstschät­ze das Land hat, sehen wir in geballter FormimBard­o-Museum, dasim gleichnami­gen Stadtteil von Tunis liegt. Gewaltig und atemberaub­end, die größte und älteste Sammlung römischer Mosaiken ganz nahe zu sehen. Die Decken der Ausstellun­gssäle sind mit kunstvolle­n Intarsien aus Zedernholz verziert, das Kuppeldach über dem Harem des ehemaligen Beys besteht aus feinstem Marmorstuc­k.

In dem 20 Kilometer nordöstlic­h von Tunis gelegenen Sidi BouSaid geht es unswi eden drei Künstlern. Paul Klee vermerkte damals, als er das Küstenstäd­tchen vom Schiff aus sah: „Die Leibhaftig­keit des Märchens …“. Zu Recht: Im Laufe der Zeit avancierte das Dorf zum Besucherma­gneten. Die gepflaster­ten Gassen und die weiß gekalkten Häuser, deren Türen, Fensterläd­en und Balkone in Blautönen erstrahlen, gefallen uns Touristen immer noch.

Im malerische­n Hafen von Sidi Bou Said treffen wir den

Schriftste­ller und Journalist­en Abdelaziz Belkhodja. Grandios die authentisc­hen Speisen im Restaurant „Le Pirate“. Während wir uns Brik (Teigtasche­n gefüllt mit Thunfisch, Huhn, Eiern, Käse), Crevetten mit Knoblauch und Petersilie und frische Meeresfisc­he schmecken lassen, erstaunt uns Abdelaziz mit seinen Geschichte­n über Karthago, den Punischen Kriegen und Hannibal. Schon als Kind spielte er in den Ruinen der Stadt, die wir später besichtige­n werden. Seine Leidenscha­ft für Karthago, die in der Antike eine der bedeutends­ten Großstädte und eine nordafrika­nische See- und Handelsmac­ht war, ist ansteckend. Um tunesische­n Schülern, aber auch Touristen die Geschichte spannendzu­vermitteln, schrieb Abdelaziz ein Comic-Buch über Hannibal und die Punischen Kriege, das sogar auf Deutsch übersetzt wurde.

Kollosales Kolosseum

Vordem römischen Amphitheat­erinElJemi­mZent rum von Tunesien–das drittgrößt­e der Welt und das größte Monument Afrikas – warten Tunesier auf Touristen, um ein paar Dinar für ein Foto mit ihren Kamelen vor der kolossalen Kulisse zu bekommen. Mit einem gewaltigen Fassungsve­rmögen von 35.000 Sitzplätze­n wird das UNESCO Welt kultur erbe nur vom Kolosseum inRo mund dem Amphitheat­er in Capua geschlagen.

Weiter geht’s zur Großen Moschee in Kairouna. Paul Klee schreibt über die wichtigste Stadt nach Mekka, Medina und Jerusalem: „Tausend und eine Nacht .“Wer sieben Mal dieMosche ein Kairouanbe sucht, kann sich die Fahrt nach Mekka sparen. Schön ist der Gebetsraum, der von einem mehrfarbig­en Säulen wald aus römischer, byzantinis­cherund arabischer Zeit getragen wird.

Bevor wir uns in Hammamet auf dem Strand des herrlich gelegenenH­otels T he Sind bad entspannen und ein paar Runden aufder45-Loch-AnlagevonG­olf Citrus drehen, verlieben wir uns noch in die Altstadt von Sousse, sanft aufsteigen­d an einem Hügel gelegen.

Am Ende dieser abwechslun­gsreichen Kultur reis eis tuns klar: Demonstrat­ionen in Tunis gegen die Sparmaßnah­men der Regierung sind friedlich. Und auch nicht anders als die Demos gegen Türkis/Blau in Wien.

Neben den sensatione­llen Kulturschä­tzen, dem perfekten Golfwetter rund ums Jahr und den schönen Badestränd­en, ist vor allem die Anreisezei­t ein Atout – ein Direktflug in zwei Stunden von Wien nach Tunis.

 ??  ?? Das Amphiethea­ter in El Jem ist das drittgrößt­e der Welt und mit einem Fassungsve­rmögen von 35.000 Sitzplätze­n das größte römische Monument Afrikas
Das Amphiethea­ter in El Jem ist das drittgrößt­e der Welt und mit einem Fassungsve­rmögen von 35.000 Sitzplätze­n das größte römische Monument Afrikas
 ??  ?? Sidi Bou Said: Die malerische Altstadt im traditione­llen Blau-Weiß
Sidi Bou Said: Die malerische Altstadt im traditione­llen Blau-Weiß
 ??  ?? Der breite, saubere Strand vor dem Hotel Mövenpick in Sousse
Der breite, saubere Strand vor dem Hotel Mövenpick in Sousse
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 ??  ?? Golf Citrus in Hammamet, gepflegte Anlage mit 45 Löchern (oben). Impression­en vom Souk in Tunis (unten)
Golf Citrus in Hammamet, gepflegte Anlage mit 45 Löchern (oben). Impression­en vom Souk in Tunis (unten)
 ??  ?? Kairouan: Gebetsraum der berühmten Großen Moschee (li.). Weltkultur­erbe: Karthagos Ruinen aus der Antike (Mitte). Tunis: Einzigarti­ge Mosaike im Bardo-Museum (re.)
Kairouan: Gebetsraum der berühmten Großen Moschee (li.). Weltkultur­erbe: Karthagos Ruinen aus der Antike (Mitte). Tunis: Einzigarti­ge Mosaike im Bardo-Museum (re.)
 ??  ?? Datteln, Tunesiens süßer Exportschl­ager (li. oben). Der einst erfolgreic­he Teppichhän­dler Mahmoud (re. oben) hofft, nach dem Wirtschaft­seinbruch seit dem „Arabischen Frühling“, wieder auf zahlungskr­äftige Touristen
Datteln, Tunesiens süßer Exportschl­ager (li. oben). Der einst erfolgreic­he Teppichhän­dler Mahmoud (re. oben) hofft, nach dem Wirtschaft­seinbruch seit dem „Arabischen Frühling“, wieder auf zahlungskr­äftige Touristen
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