Tatsächlich Liebe
Herz-Rhythmus. Das Geheimnis einer guten Beziehung: Vier Paare verraten, wie die Liebe hält.
50 Jahre, 20 Jahre, zehn und vier Jahre – machtinsgesamt84 Beziehungsjahre, über die vier Paare mit dem KURIER plauderten. Umsichdabeiimmerwieder diegleicheFragezustellen: Istes Liebe? Und im Gleichklang zu antworten: Ja! Immer noch.
Das mag nach Verklärung klingen, ist es aber bei genauer Betrachtung nicht. Dazu vielleicht ein paar nüchterne Zahlen. Wie die letzte Statistik zeigt, liegt Heiraten im Trend. Zumindest im Jahr 2016 wurde wieder ein bisschen mehr „Ja“und weniger „Tschüss“gesagt. Die Statistik Austria verzeichnete österreichweit insgesamt 44.890 Eheschließungen (Plus von 0,9 Prozent) gegenüber 15.919 Scheidungen (das ist ein Minus von 2,6 Prozent). Kurios: Das älteste Brautpaar brachte es zusammen auf 167 Jahre, ein 83-Jähriger ehelichte eine 84-Jährige. DasGegenstück: Ein Paar – er 84, sie 85 – , das sich nach 64 Ehejahren scheiden ließ. Vermutlich stecken hinter all diesen Zahlen große Geschichten und manches Drama.
Hürden und Chancen
„Liebe ist die Fähigkeit, Ähnliches an Unähnlichem wahrzunehmen“, heißt es bei Theodor W. Adorno. Sämtliche Gespräche mit den Paaren konnten das auf schöne Weise zeigen.
Auf den folgenden Seiten offenbaren Frauen und Männer, was sie über die erste Verliebtheitsphase hinweg auf Dauer zusammenhielt und hält. Nicht nur: Auch welche Hürden dabei überwunden werden mussten und wie viele Herausforderungen sich dabei immer wieder in den Weg stell(t)en. Dabei hat sich gezeigt: Es existiert kein magisches Einheitsrezept für das Beziehungsglück – jeder muss am Ende seinen Weg gehen. Dennoch gibt’s einige Zutaten, die die Chance erhöhen, dass die Liebe hält.
Ganz oben steht der Wille zu Beziehungsarbeit, darin sind sich alle Paare einig. Das hört niemals auf, also: dranbleiben! Zu einer guten Beziehung gehört außerdem Lernbereitschaft – indem ein Mensch vom anderen lernt, um über sich selbst etwas zu lernen. Schließlichdie„TopFive“: Respekt, Achtung, tu Ehrlichkeit, Konfliktfähigkeit und der Mut, einander stets auf Augenhöhe zu begegnen. Zuletzt: der Humor! Wenn zwei miteinandereinbisschenlachen können, ist einiges gewonnen.
Für ihr Beziehungsglück bräuchten sie keinen Trauschein, sagensie– undstellen sich gleich mal persönlich vor: „Wir sind Thom und Katharina, 48 und 50 Jahre alt. Unsere Beziehung ist zehn Jahre alt, und unsere Familie besteht außer uns beiden nochaus Katharinas vier Kindern (14 bis 22 Jahre) und zwei Katzen. Wir sind beide selbstständig, Thom als ITBerater und Katharina als Softwarespezialistin.“
Der Blick zurück ist nüchtern: „Unser Anfang war ein GAU – ein größter anzunehmender Unfall.“Beide verheiratet, verliebten sie sich in einer Situation, in der klar wurde, dass alte Beziehungskonzeptenichtmehrpassten. „Wir begannen also mit einem Rundumschlag, der ehemalige Partner und die Kinder verletzte, und im UmfeldnichtnuraufVerständnis stieß.“Ein „Binkerl“, das das Duo Kunz/Schwarzer bis heute begleitet.
Abseits dessen ist da unendlich viel, „das uns gut tut, das wir uns zu eigen gemacht haben, weil wir wissen, dass es uns über schwierige Momente hinweg hilft.“Ihre Liebesgeheimnisse :
1. Kein Rechnen, keine Erwartungen. Es gibt kein „Ich mach den Geschirrspüler, dafür machst du die Wäsche.“Stattdessen: „Ich machdenGeschirrspüler. Ich mach die Wäsche. Wir kochen.“Man bittet den anderen, es existieren keine Gegenleistungen oder Aufrechnungen. Und es gibt keine Erwartungen, stattdessen Konkretes:„Kannstdubitte?“Darunter verstehen die Beiden Initiative und Eigenverantwortung für das Wir.
2. Augenhöhe. „Uns ist es wichtig, miteinander gleichwertig umzugehen. Partnerschaftlich. Das ist anstrengend – besonders, weil wir beide stur und davon überzeugt sind, einiges wirklich gut zu können, es aber unterschiedlichmachen. Wasbeim Dialog hilft, ist „mit dem Herzen einer Giraffe“zu reden (Rosenberg, wer's kennt; Gewaltfreie Kommunikation). Das führt dazu, sich so auszudrücken, dass der Partner nicht verletzt wird. Es geht um Lösungen statt ums Gewinnen.
3. Offenheit, Aufrichtigkeit, kein Versteckspielen. Das traut man sich nur, wenn man allergrößtes Vertrauen zueinander haben kann. Wenn man sich sicher sein kann, der/die andere tut mir nicht weh. Das haben wir ein paar Mal versemmelt, aber es istunswichtig, immerwieder zu dieser Vertrauensbasis hinzufinden.
4. Jeder bleibt sie/er selbst.
5. Zuhören. Die allerschwierigste Übung. Hören, was der/die andere sagt. Möglichst nicht interpretieren, was sie/er mir damit sicher sagen will, sondern hören. Und gegebenenfalls nachfragen, um zu verstehen. Das hat was mit Liebe zu tun, mit den-anderen-sehenwollen, mit einer Ausrichtung auf das DU. So lange das da ist, wird's auch klappen mit uns beiden.
6. Ab und zu Full Scottish Breakfast zu zweit. Gemeinsam herrichten, lang sitzen, lachen, gut essen, viel reden, sich Zeit nehmen. Uns über all das Gemeinsame freuen und uns wieder einmal mit uns auseinanderzusetzen.