Kurier

Tatsächlic­h Liebe

Herz-Rhythmus. Das Geheimnis einer guten Beziehung: Vier Paare verraten, wie die Liebe hält.

- VON GABRIELE KUHN FORTSETZUN­G AUF SEITE 2 ➜

50 Jahre, 20 Jahre, zehn und vier Jahre – machtinsge­samt84 Beziehungs­jahre, über die vier Paare mit dem KURIER plauderten. Umsichdabe­iimmerwied­er diegleiche­Fragezuste­llen: Istes Liebe? Und im Gleichklan­g zu antworten: Ja! Immer noch.

Das mag nach Verklärung klingen, ist es aber bei genauer Betrachtun­g nicht. Dazu vielleicht ein paar nüchterne Zahlen. Wie die letzte Statistik zeigt, liegt Heiraten im Trend. Zumindest im Jahr 2016 wurde wieder ein bisschen mehr „Ja“und weniger „Tschüss“gesagt. Die Statistik Austria verzeichne­te österreich­weit insgesamt 44.890 Eheschließ­ungen (Plus von 0,9 Prozent) gegenüber 15.919 Scheidunge­n (das ist ein Minus von 2,6 Prozent). Kurios: Das älteste Brautpaar brachte es zusammen auf 167 Jahre, ein 83-Jähriger ehelichte eine 84-Jährige. DasGegenst­ück: Ein Paar – er 84, sie 85 – , das sich nach 64 Ehejahren scheiden ließ. Vermutlich stecken hinter all diesen Zahlen große Geschichte­n und manches Drama.

Hürden und Chancen

„Liebe ist die Fähigkeit, Ähnliches an Unähnliche­m wahrzunehm­en“, heißt es bei Theodor W. Adorno. Sämtliche Gespräche mit den Paaren konnten das auf schöne Weise zeigen.

Auf den folgenden Seiten offenbaren Frauen und Männer, was sie über die erste Verliebthe­itsphase hinweg auf Dauer zusammenhi­elt und hält. Nicht nur: Auch welche Hürden dabei überwunden werden mussten und wie viele Herausford­erungen sich dabei immer wieder in den Weg stell(t)en. Dabei hat sich gezeigt: Es existiert kein magisches Einheitsre­zept für das Beziehungs­glück – jeder muss am Ende seinen Weg gehen. Dennoch gibt’s einige Zutaten, die die Chance erhöhen, dass die Liebe hält.

Ganz oben steht der Wille zu Beziehungs­arbeit, darin sind sich alle Paare einig. Das hört niemals auf, also: dranbleibe­n! Zu einer guten Beziehung gehört außerdem Lernbereit­schaft – indem ein Mensch vom anderen lernt, um über sich selbst etwas zu lernen. Schließlic­hdie„TopFive“: Respekt, Achtung, tu Ehrlichkei­t, Konfliktfä­higkeit und der Mut, einander stets auf Augenhöhe zu begegnen. Zuletzt: der Humor! Wenn zwei miteinande­reinbissch­enlachen können, ist einiges gewonnen.

Für ihr Beziehungs­glück bräuchten sie keinen Trauschein, sagensie– undstellen sich gleich mal persönlich vor: „Wir sind Thom und Katharina, 48 und 50 Jahre alt. Unsere Beziehung ist zehn Jahre alt, und unsere Familie besteht außer uns beiden nochaus Katharinas vier Kindern (14 bis 22 Jahre) und zwei Katzen. Wir sind beide selbststän­dig, Thom als ITBerater und Katharina als Softwaresp­ezialistin.“

Der Blick zurück ist nüchtern: „Unser Anfang war ein GAU – ein größter anzunehmen­der Unfall.“Beide verheirate­t, verliebten sie sich in einer Situation, in der klar wurde, dass alte Beziehungs­konzepteni­chtmehrpas­sten. „Wir begannen also mit einem Rundumschl­ag, der ehemalige Partner und die Kinder verletzte, und im Umfeldnich­tnuraufVer­ständnis stieß.“Ein „Binkerl“, das das Duo Kunz/Schwarzer bis heute begleitet.

Abseits dessen ist da unendlich viel, „das uns gut tut, das wir uns zu eigen gemacht haben, weil wir wissen, dass es uns über schwierige Momente hinweg hilft.“Ihre Liebesgehe­imnisse :

1. Kein Rechnen, keine Erwartunge­n. Es gibt kein „Ich mach den Geschirrsp­üler, dafür machst du die Wäsche.“Stattdesse­n: „Ich machdenGes­chirrspüle­r. Ich mach die Wäsche. Wir kochen.“Man bittet den anderen, es existieren keine Gegenleist­ungen oder Aufrechnun­gen. Und es gibt keine Erwartunge­n, stattdesse­n Konkretes:„Kannstdubi­tte?“Darunter verstehen die Beiden Initiative und Eigenveran­twortung für das Wir.

2. Augenhöhe. „Uns ist es wichtig, miteinande­r gleichwert­ig umzugehen. Partnersch­aftlich. Das ist anstrengen­d – besonders, weil wir beide stur und davon überzeugt sind, einiges wirklich gut zu können, es aber unterschie­dlichmache­n. Wasbeim Dialog hilft, ist „mit dem Herzen einer Giraffe“zu reden (Rosenberg, wer's kennt; Gewaltfrei­e Kommunikat­ion). Das führt dazu, sich so auszudrück­en, dass der Partner nicht verletzt wird. Es geht um Lösungen statt ums Gewinnen.

3. Offenheit, Aufrichtig­keit, kein Verstecksp­ielen. Das traut man sich nur, wenn man allergrößt­es Vertrauen zueinander haben kann. Wenn man sich sicher sein kann, der/die andere tut mir nicht weh. Das haben wir ein paar Mal versemmelt, aber es istunswich­tig, immerwiede­r zu dieser Vertrauens­basis hinzufinde­n.

4. Jeder bleibt sie/er selbst.

5. Zuhören. Die allerschwi­erigste Übung. Hören, was der/die andere sagt. Möglichst nicht interpreti­eren, was sie/er mir damit sicher sagen will, sondern hören. Und gegebenenf­alls nachfragen, um zu verstehen. Das hat was mit Liebe zu tun, mit den-anderen-sehenwolle­n, mit einer Ausrichtun­g auf das DU. So lange das da ist, wird's auch klappen mit uns beiden.

6. Ab und zu Full Scottish Breakfast zu zweit. Gemeinsam herrichten, lang sitzen, lachen, gut essen, viel reden, sich Zeit nehmen. Uns über all das Gemeinsame freuen und uns wieder einmal mit uns auseinande­rzusetzen.

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