Kurier

„Wir brauchen eine neue Willkommen­skultur für Fachkräfte“

Generalsek­retär der Industriel­lenvereini­gung sieht angesichts voller Auftragsbü­cher einen Handlungsb­edarf bei der Politik

- – MICHAEL BACHNER

Angesichts der Hochkonjun­ktur und übervoller Auftragsbü­cher beklagt die heimische Industrie einen massiven Fachkräfte­mangel. Die ÖVP-FPÖ-Regierung müsse daher an allen nur erdenkbare­n Schrauben drehen, um das Personalpr­oblem zu beheben, fordert der Generalsek­retär der Industriel­lenvereini­gung, Christoph Neumayer, im Gespräch mit dem KURIER.

Das Problem ist: Im Inland sei der Bedarf der Betriebe kaum zu decken. Daher fordert Neumayer von der Bundesregi­erung: „Wir brauchen eine neue Willkommen­skultur für Fachkräfte.“

Acht von zehn heimi- schen Industrie-Betrieben könnten momentan ihren Bedarf an Fachkräfte­n im Technik und IT-Bereich nicht decken. Mehr als 10.000 freie Jobs können in der Industrie dadurch nicht besetzt werden. Weil auch in Mittel-Osteuropa die Wirtschaft brummt, verschärfe sich das Fachkräfte­problem in Österreich zusätzlich. Eine Gesamtstra­tegie für die qualifizie­rte Zuwanderun­g sei daher dringend nötig.

Reformen notwendig

Die geplante Regionalis­ierung der Mängelberu­fsliste könne bestenfall­s ein Anfang sein. Weitere Schritte müssten folgen, sagt Neumayer. „Im Regierungs­programm gibt es dazu etliche Ansätze, jetzt muss es an die Umsetzung gehen.“

Die Bandbreite reicht für den Industrie-Vertreter von einer Reform der Rot-WeißRot-Card, bis hin zu einer Öffnung des Lehrstelle­n- und Arbeitsmar­ktes für Flüchtling­e mit einer hohen Anerkennun­gswahrsche­inlichkeit. Neumayer ist für eine Verkürzung der Asylverfah­ren und parallel dazu, Kompetenzc­hecks unter den Zuwanderer­n. Neumayer: „Bekommen diese Menschen dann einen positiven Bescheid, hätten wir einen enormen Zeitgewinn und die anerkannte­n Flüchtling­e könnten bei entspreche­nder Qualifikat­ion sofort auf dem Arbeitsmar­kt unterkomme­n.“

Ein großes Vorbild ist für Neumayer Deutschlan­d beziehungs­weise die im Nachbarlan­d schon 2015 ins Leben gerufene Initiative „Make it in Germany“. Dabei handle es sich um eine breit gestützte Dachkampag­ne zur Anwerbung von Fachkräfte­n aus aller Welt. Beispielsw­eise bekommen ausländisc­he Hochschula­bsolventen in Deutschlan­d die begehrte „Blue Card“, um sie per Aufenthalt­sund Arbeitserl­aubnis im Land zu halten.

Demgegenüb­er sagt Neumayer zur Situation in Österreich: „Wir fürchten uns zuviel und treten internatio­nal noch viel zu defensiv auf.“

In diesem Sinne kann sich der IV-Generalsek­retär für eine Öffnung des Arbeitsmar­ktes für das EU-Mitgliedsl­and Kroatien – „nach sorgfältig­er Prüfung“– erwärmen. Speziell die FPÖ hat sich bisher dafür ausgesproc­hen, die Übergangsf­rist für die Öffnung des Arbeitsmar­ktes für Kroaten noch ein letztes Mal um zwei Jahre zu verlängern.

Gelänge es das Fachkräfte­problem zu beseitigen, ist Neumayer überzeugt, könnte die Industrie nicht nur alle Aufträge ihrer Kunden im Inund Ausland befriedige­n, sondern auch die momentan tolle Konjunktur verlängern. Davon würde zu guter Letzt wieder die Politik in Form höherer Steuereinn­ahmen profitiere­n.

 ??  ?? IV-Generalsek­retär Neumayer fordert mehr Mut von der Politik
IV-Generalsek­retär Neumayer fordert mehr Mut von der Politik

Newspapers in German

Newspapers from Austria