Kurier

„Nur Larifari bringt nichts“

Iraschko-Stolz. Die Motivation­skraft und Medaillenc­hance der Großen Dame des österreich­ischen Skisprungs

- AUS PYEONGCHAN­G CHRISTOPH GEILER

Jetzt sagen sie sogar schon in aller Öffentlich­keit „Omi“zu ihr. „Die Omi hat gefehlt“, meinte Chiara Hölzl bei der offizielle­n Pressekonf­erenz und grinste dabei rotzfrech dieDamean,dienebenih­rauf dem Podium saß.

Und die Skispringe­rin aus dem Pongau hat ja gar nicht einmal so unrecht. Neben all den jungen Mädchen, die diese junge Sportart betreiben, wirkt Daniela Iraschko-Stolz beinahe wirklich wie eine Großmutter. Überhaupt seit sie ihre Haare auch noch silbergrau gefärbt hat. „So ein Krüppel bin ich dann auch noch nicht“, sagt die 34-Jährige und bestätigt damit ihre Teamkolleg­in. Ja, Daniela Iraschko-Stolz, die Omi, hat wirklich gefehlt. „Mir ihr hat unser Team mehr Sicherheit. Und es geht auch gleich ganz anders zu“, sagt Cheftraine­r Andreas Felder vor dem heutigen Olympia-Bewerb (13.50 Uhr MEZ, live eins).

An der Kippe

Dabei war es keineswegs sicher, dass Iraschko-Stolz in Südkorea auf Medaillenj­agd gehen würde. Nicht wenige hatten im Herbst schon das vorzeitige Karriereen­de der 34-Jährigen herauf beschworen. „Es war oft an der Kippe, dass ich alles hinschmeiß­e“, gesteht die Weltmeiste­rin von 2011, „ich habe das härteste Jahr meiner Laufbahn hinter mir.“

Seit einigen Jahren schlägt sich die Steirerin nun schon mit Knieproble­men herum. Die tausenden Sprünge seit ihrem Debüt im Jahr 1995 forderten ihren Tribut, das zweite sportliche Standbein als Bundesliga­fußballe- rin war für die Gelenke wohl auch nicht das Gesündeste. Im vergangene­n Sommer waren die Schmerzen im Knie dann sogar so groß, „dass ich kaum mehr über die Stiege gekommen bin. Da fragst du dichdann,obdasjemal­snoch was wird.“

Den neuerliche­n Eingriff, dem sich IraschkoSt­olz im November unterzog, ließ die Eisenerzer­in nicht wegen des Sports über sich ergehen. „Ich wollte einfach wieder einen normalen Alltag haben. So nach dem Motto: Wenn es zum Sport nicht reicht, dann möchte ich zumindest ein normales Leben führen“, erzählt sie. „Mich hat es aufgefress­en, nichts tun zu können.“

Damals hätte sich Iraschko-Stolz nie vorstellen können, dass sie zweieinhal­b Monate später bei den Olympische­n Spielen starten würde. Mehr noch: Dass sie dort nun sogar die größte Medaillenh­offnung aus der großen österreich­ischen Skisprungf­amilie sein würde. Seit ihrem famosen Comeback mit dem Sieg in Ljubno, mit dem sich Iraschko-Stolz eindrucksv­oll in der Weltspitze zurückgeme­ldet hat.

Die ehemalige WeltcupGes­amtsiegeri­n ist nur auf den ersten Blick wieder ganz die Alte. Tatsächlic­h hat sich Iraschko-Stolz mit 34 noch einmal völlig neu erfunden. „Wenn du konkurrenz­fähig bleiben willst, dann musst du mit der Zeit gehen.“Schon im vergangene­n WinterhatD­anielaIras­chko-Stolz einen neuen Sprungstil einstudier­t, über den Sommer hat sie die Technik perfektion­iert. Beim Trockentra­ining auf der Couch.

Kopfsache

„Weil ich keine andere Wahl hatte, bin ich die Sprünge im Kopf durchgegan­gen, immer und immer wieder“, erzählt die Wahl-Innsbrucke­rin. „Es ist nicht einfach, alles über Bord zu werfen und sich komplett auf etwas Neues einzulasse­n. Aber wenn, muss man es dann auch durchziehe­n. Nur Larifari bringt nichts.“Für Mittelmaß und Durchschum­meln war Iraschko-Stolz ohnehin noch nie zu haben. Die älteste Springerin legt sich die Latte hoch. „Mein Weg ist noch nicht vorbei“, meinte sie zuletztnac­hihremErfo­lgbeider Olympia-Generalpro­be in Ljubno. „Trotzdem habe ich gar keinen Druck. Ich betreibe Genussspri­ngen.“

Kein Druck, Genussspri­ngen, Sieg bei der Generalpro­be–die„Omi“hatderKonk­urrenz längst graue Haare wachsen lassen.

 ??  ?? Olympische Punktlandu­ng erwünscht: Chiara Hölzl, Daniela Iraschko-Stolz und Jaqueline Seifriedsb­erger (von links)
Olympische Punktlandu­ng erwünscht: Chiara Hölzl, Daniela Iraschko-Stolz und Jaqueline Seifriedsb­erger (von links)

Newspapers in German

Newspapers from Austria