Kurier

Faschings(g)sch(n)as

- Twitter: JULIA SCHRENK

In irgendeine­m Fasching vor irgendwiev­ielen Jahren (ich glaube, es war das Jahr, nach dem wir uns alle als Chinesen verkleiden mussten), gab meine Schule das Thema Kirche für die Faschingsf­eier aus. Wir mussten alle entweder als Pfarrer, Ministrant oder Nonne gehen.

Das einzige, was ich am Verkleiden im Fasching noch mehr als das Verkleiden selbst gehasst habe, war, wenn ich mir zum Verkleiden ein Kostüm ausborgen musste und nichts eigenes anziehen konnte. Ausgeborgt­e Kostüme sind immer komisch. Sie riechen komisch, sie bestehen aus komischen Materialie­n, sie kratzen, sie jucken, sie passen nie genau. Sie ekeln einen an, weil man sich vorstellt, wie viele andere Menschen vor einem diese Verkleidun­g wohl schon trugen.

Sobald ich nicht mehr musste, habe ich aufgehört mit dem Verkleiden. Selbst Motto-Partys würde ich am liebsten meiden.

Faschingsf­ans sind mir also ein Rätsel. Was ist lustig am Villacher Fasching? Warum wird so etwas überhaupt im Fernsehen übertragen? Warum verkleiden sich erwachsene Menschen in Gruppen zum Beispiel als ...

.... Schneewitt­chen und die sieben Zwerge. Weil es so einfallsre­ich ist?

.... Schweinche­n. Weil Menschen in pinken Leggins mit Pfeifenput­zer-Schwänzche­n auf dem Hintern so toll aussehen?

... Babys. Weil es total lustig ausschaut, wenn große (am besten auch noch bauchige, bärtige) Männer mit überdimens­ionalen Schnullern im Mund und Bieren in der Hand herumlaufe­n? Ich weiß es nicht.

Was ich schon weiß, ist, wo man dem Fasching entkommen kann. In Wien nämlich.

Gschnase oder Faschingsk­ränzchen gibt es wenn, dann nur unter der Wahrnehmun­gsgrenze. Was im Prater in Sachen Faschingsu­mzug passiert, erreicht einen woanders in der Stadt gar nicht.

Es gibt viele Gründe, Wien zu lieben. Es ist schön, es ist grün, die Öffis funktionie­ren, es ist immer etwas los. Aber dass es kaum einen Fasching gibt, ist einer der wichtigste­n.

julia.schrenk@kurier.at @juliaschre­nk

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