Faschings(g)sch(n)as
In irgendeinem Fasching vor irgendwievielen Jahren (ich glaube, es war das Jahr, nach dem wir uns alle als Chinesen verkleiden mussten), gab meine Schule das Thema Kirche für die Faschingsfeier aus. Wir mussten alle entweder als Pfarrer, Ministrant oder Nonne gehen.
Das einzige, was ich am Verkleiden im Fasching noch mehr als das Verkleiden selbst gehasst habe, war, wenn ich mir zum Verkleiden ein Kostüm ausborgen musste und nichts eigenes anziehen konnte. Ausgeborgte Kostüme sind immer komisch. Sie riechen komisch, sie bestehen aus komischen Materialien, sie kratzen, sie jucken, sie passen nie genau. Sie ekeln einen an, weil man sich vorstellt, wie viele andere Menschen vor einem diese Verkleidung wohl schon trugen.
Sobald ich nicht mehr musste, habe ich aufgehört mit dem Verkleiden. Selbst Motto-Partys würde ich am liebsten meiden.
Faschingsfans sind mir also ein Rätsel. Was ist lustig am Villacher Fasching? Warum wird so etwas überhaupt im Fernsehen übertragen? Warum verkleiden sich erwachsene Menschen in Gruppen zum Beispiel als ...
.... Schneewittchen und die sieben Zwerge. Weil es so einfallsreich ist?
.... Schweinchen. Weil Menschen in pinken Leggins mit Pfeifenputzer-Schwänzchen auf dem Hintern so toll aussehen?
... Babys. Weil es total lustig ausschaut, wenn große (am besten auch noch bauchige, bärtige) Männer mit überdimensionalen Schnullern im Mund und Bieren in der Hand herumlaufen? Ich weiß es nicht.
Was ich schon weiß, ist, wo man dem Fasching entkommen kann. In Wien nämlich.
Gschnase oder Faschingskränzchen gibt es wenn, dann nur unter der Wahrnehmungsgrenze. Was im Prater in Sachen Faschingsumzug passiert, erreicht einen woanders in der Stadt gar nicht.
Es gibt viele Gründe, Wien zu lieben. Es ist schön, es ist grün, die Öffis funktionieren, es ist immer etwas los. Aber dass es kaum einen Fasching gibt, ist einer der wichtigsten.
julia.schrenk@kurier.at @juliaschrenk