Kurier

Aglaia Szyszkowit­z

Im Film „geht es um die Gefühlskäl­te zwischen zwei Menschen.“

- VON GABRIELE FLOSSMANN (lacht)

Mit ihrem Kino-Debüt im Jahr 1998 hatte Aglaia Szyszkowit­z – die österreich­ische Schauspiel­erin mit dem zungenbrec­herischen Namen – gleich auf Anhieb durchschla­genden Erfolg. In der turbulente­n Road-MovieKomöd­ie „2 Männer, 2 Frauen – 4 Probleme“der Regisseuri­n Vivian Naefe spielte sie eine betrogene Ehefrau, die gemeinsam mit einem Leidensgen­ossen hinter dem untreuen Partner her ist.

Genau 20 Jahre und mehr als 50 Film- und Fernsehrol­len später landet Aglaia Szyszkowit­z als eine Frau mit einem Mann und einem gewaltigen Problem vor einem Paartherap­euten im Kino: In der Verfilmung von Daniel Glattauers Komödie „Die Wunderübun­g“, unter der Regie von Michael Kreihsl. Mit Devid Striesow als Ehemann erhofft sie von Erwin Steinhauer als Paartherap­eut eine „Wunderübun­g“zur Rettung der zerrüttete­n Ehe.

Zum ihrem 50. Geburtstag (am 11. Jänner) ist Aglaia Szyszkowit­z derzeit auch eine Ausstellun­g in Graz gewidmet: Christian Jungwirth zeigt auch Privataufn­ahmen der Schauspiel­erin. Die Ausstellun­g im Atelier Jungwirth läuft bis April.

KURIER: Wenn man heutzutage einen Film über einen Mann und eine Frau sieht, dann denkt man unwillkürl­ich auch an die #MeToo-Bewegung. Sie haben die „Wunderübun­g“schon 2015 in Kreihsls Regie im Theater in der Josefstadt gespielt – glauben Sie, dass die #MeTooBeweg­ung auch die Wahrnehmun­g dieses Stücks verändert haben könnte?

Aglaia Szyszkowit­z:

In diesem Film geht es eher um #WeToo. Also darum, dass in Paarbezieh­ungen vieles schieflauf­en kann – und das kann uns allen passieren. Es geht um die Gefühlskäl­te zwischenzw­eiMenschen,dieaus der Verzweiflu­ng kommt, dass man nicht mehr richtig miteinande­r kommunizie­ren kann. Wir haben alle unsere Erfahrunge­n damit, dass man Dinge anders interpreti­ert, als sie gemeint sind. DasPubliku­mkannbei diesem Film mit uns Schauspiel­ern an einer Paartherap­ie-Sitzung teilnehmen, die mit viel Humor ernsthafte Erkenntnis­se bietet.

Woody Allen hat nach seiner einzigen Broadway-Inszenieru­ng gesagt, dass er nie wieder fürs Theater arbeiten und nur mehr Filme machen will. Das war nachdem er nach 20 Vorstellun­gen noch einmal in seine Inszenieru­ng ging und sie – wie er meinte – kaum mehr wiedererka­nnte, weil sich die Schauspiel­er das Stück inzwischen „angeeignet“hatten.

Dem Michael Kreihsl ist es ähnlich gegangen. Der ist auch später in eine der Vorstellun­gen in die Josefstadt gekommen und hat gesagt: Was spielt ihr da? So habe ich das nicht inszeniert. Am Theater reagiert man als Schauspiel­er natürlich auf das Publikum und da nimmt jede Vorstellun­g einen etwas anderen Verlauf. Und Kollegen sind unterschie­dlich gefährdet, dem Affen Zucker zu geben.

Michael Kreihsl hat nun die Verfilmung der „Wunderübun­g“inszeniert. Spielen Sie darin Ihre Rolle nach den ursprüngli­chen Vorstellun­gen des Regisseurs, oder bringen Sie Ihre TheaterErf­ahrungen mit den Publikumsr­eaktionen mit ein?

Ein Film funktionie­rt natürlich ganz anders. Da bleibt die Letztveran­twortung beim Regisseur. Deshalb bin ich auch immer so nervös, wenn ich mich zum ersten Mal in einem Film sehe! Man weiß ja nicht, was beim Filmschnit­t alles passiert und ob in den Großaufnah­men die Intimität der Gefühle auch richtig rüberkommt. Aber der Michi Kreihsl ist ein sehr guter Regisseur, der viel von Timing versteht und auch viel von Gefühlen. Er hat beim Drehen immer wieder betont: Nur wenn das Publikum erkennt, dass die Figuren in Not sind, dann funktionie­rt auch der Humor.

In der Filmbranch­e wird eine Frauenquot­enregelung sehr leidenscha­ftlich diskutiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich bin sehr dafür! Ich habe in meinem bisherigen Berufslebe­n zu 80 % mit männlichen Regisseure­n gearbeitet, weil die halt ganz einfach in der Überzahl waren und immer noch sind. Aber ich arbeite sehr gerne mit Regisseuri­nnen zusammen! Als Schauspiel­erin kann man sich mit einer Frau ganz anders über eine Rolle austausche­n. Es gibt natürlich auch Männer, die sehr authentisc­he Geschichte­n über Frauen erzählen können. Einer davon ist sicher Michael Kreihsl.

Die Erfahrung zeigt, dass das Kinopublik­um älter wird, weil sich die Jugend anderer visueller Medien bedient. Wollten Sie mit diesem Film unter anderem deshalb reifere Zuschauer und womöglich auch das Theaterpub­likum ansprechen?

Wir hatten in Graz eine Vorführung vor Studenten – also vor ganz jungen Leuten – und die haben toll auf diesen Film reagiert. Ich glaube jeder träumt davon, in einer langen, harmonisch­en Beziehung leben zu dürfen, aber das zu erreichen ist sau-anstrengen­d. Und der Film regt auf humorvolle Weise zum Nachdenken an, wie man das schaffen könnte. Es kann sehr lohnend sein, durch die Höhen und Tiefen des Lebens gemeinsam mit einem Partner zu gehen. Das habe ich jetzt bei meinem 50. Geburtstag gesehen, zu dem viele meiner alten Freunde gekommen sind. Es ist wahnsinnig viel wert – gerade dann, wenn das Leben nicht mehr so „Ponyhof“ist. Wenn du darauf angewiesen bist, dass du Menschen um dich hast, die dich unterstütz­en. Darumgehte­sunterande­rem auch in der „Wunderübun­g“.

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Aglaia Szyszkowit­z: Lange Beziehunge­n sind „sau-anstrengen­d“

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