Aglaia Szyszkowitz
Im Film „geht es um die Gefühlskälte zwischen zwei Menschen.“
Mit ihrem Kino-Debüt im Jahr 1998 hatte Aglaia Szyszkowitz – die österreichische Schauspielerin mit dem zungenbrecherischen Namen – gleich auf Anhieb durchschlagenden Erfolg. In der turbulenten Road-MovieKomödie „2 Männer, 2 Frauen – 4 Probleme“der Regisseurin Vivian Naefe spielte sie eine betrogene Ehefrau, die gemeinsam mit einem Leidensgenossen hinter dem untreuen Partner her ist.
Genau 20 Jahre und mehr als 50 Film- und Fernsehrollen später landet Aglaia Szyszkowitz als eine Frau mit einem Mann und einem gewaltigen Problem vor einem Paartherapeuten im Kino: In der Verfilmung von Daniel Glattauers Komödie „Die Wunderübung“, unter der Regie von Michael Kreihsl. Mit Devid Striesow als Ehemann erhofft sie von Erwin Steinhauer als Paartherapeut eine „Wunderübung“zur Rettung der zerrütteten Ehe.
Zum ihrem 50. Geburtstag (am 11. Jänner) ist Aglaia Szyszkowitz derzeit auch eine Ausstellung in Graz gewidmet: Christian Jungwirth zeigt auch Privataufnahmen der Schauspielerin. Die Ausstellung im Atelier Jungwirth läuft bis April.
KURIER: Wenn man heutzutage einen Film über einen Mann und eine Frau sieht, dann denkt man unwillkürlich auch an die #MeToo-Bewegung. Sie haben die „Wunderübung“schon 2015 in Kreihsls Regie im Theater in der Josefstadt gespielt – glauben Sie, dass die #MeTooBewegung auch die Wahrnehmung dieses Stücks verändert haben könnte?
Aglaia Szyszkowitz:
In diesem Film geht es eher um #WeToo. Also darum, dass in Paarbeziehungen vieles schieflaufen kann – und das kann uns allen passieren. Es geht um die Gefühlskälte zwischenzweiMenschen,dieaus der Verzweiflung kommt, dass man nicht mehr richtig miteinander kommunizieren kann. Wir haben alle unsere Erfahrungen damit, dass man Dinge anders interpretiert, als sie gemeint sind. DasPublikumkannbei diesem Film mit uns Schauspielern an einer Paartherapie-Sitzung teilnehmen, die mit viel Humor ernsthafte Erkenntnisse bietet.
Woody Allen hat nach seiner einzigen Broadway-Inszenierung gesagt, dass er nie wieder fürs Theater arbeiten und nur mehr Filme machen will. Das war nachdem er nach 20 Vorstellungen noch einmal in seine Inszenierung ging und sie – wie er meinte – kaum mehr wiedererkannte, weil sich die Schauspieler das Stück inzwischen „angeeignet“hatten.
Dem Michael Kreihsl ist es ähnlich gegangen. Der ist auch später in eine der Vorstellungen in die Josefstadt gekommen und hat gesagt: Was spielt ihr da? So habe ich das nicht inszeniert. Am Theater reagiert man als Schauspieler natürlich auf das Publikum und da nimmt jede Vorstellung einen etwas anderen Verlauf. Und Kollegen sind unterschiedlich gefährdet, dem Affen Zucker zu geben.
Michael Kreihsl hat nun die Verfilmung der „Wunderübung“inszeniert. Spielen Sie darin Ihre Rolle nach den ursprünglichen Vorstellungen des Regisseurs, oder bringen Sie Ihre TheaterErfahrungen mit den Publikumsreaktionen mit ein?
Ein Film funktioniert natürlich ganz anders. Da bleibt die Letztverantwortung beim Regisseur. Deshalb bin ich auch immer so nervös, wenn ich mich zum ersten Mal in einem Film sehe! Man weiß ja nicht, was beim Filmschnitt alles passiert und ob in den Großaufnahmen die Intimität der Gefühle auch richtig rüberkommt. Aber der Michi Kreihsl ist ein sehr guter Regisseur, der viel von Timing versteht und auch viel von Gefühlen. Er hat beim Drehen immer wieder betont: Nur wenn das Publikum erkennt, dass die Figuren in Not sind, dann funktioniert auch der Humor.
In der Filmbranche wird eine Frauenquotenregelung sehr leidenschaftlich diskutiert. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Ich bin sehr dafür! Ich habe in meinem bisherigen Berufsleben zu 80 % mit männlichen Regisseuren gearbeitet, weil die halt ganz einfach in der Überzahl waren und immer noch sind. Aber ich arbeite sehr gerne mit Regisseurinnen zusammen! Als Schauspielerin kann man sich mit einer Frau ganz anders über eine Rolle austauschen. Es gibt natürlich auch Männer, die sehr authentische Geschichten über Frauen erzählen können. Einer davon ist sicher Michael Kreihsl.
Die Erfahrung zeigt, dass das Kinopublikum älter wird, weil sich die Jugend anderer visueller Medien bedient. Wollten Sie mit diesem Film unter anderem deshalb reifere Zuschauer und womöglich auch das Theaterpublikum ansprechen?
Wir hatten in Graz eine Vorführung vor Studenten – also vor ganz jungen Leuten – und die haben toll auf diesen Film reagiert. Ich glaube jeder träumt davon, in einer langen, harmonischen Beziehung leben zu dürfen, aber das zu erreichen ist sau-anstrengend. Und der Film regt auf humorvolle Weise zum Nachdenken an, wie man das schaffen könnte. Es kann sehr lohnend sein, durch die Höhen und Tiefen des Lebens gemeinsam mit einem Partner zu gehen. Das habe ich jetzt bei meinem 50. Geburtstag gesehen, zu dem viele meiner alten Freunde gekommen sind. Es ist wahnsinnig viel wert – gerade dann, wenn das Leben nicht mehr so „Ponyhof“ist. Wenn du darauf angewiesen bist, dass du Menschen um dich hast, die dich unterstützen. Darumgehtesunteranderem auch in der „Wunderübung“.