Die Karnevals-Narren scherzen, die Politiker haben wenig zu lachen Oettinger: „Wenn es ums Geld geht, gibt es Streit“
Blümel contra Kommissar. Minister bleibt hart
folgt von Andrea Nahles mit der Aufschrift: „Genossen, das ENDE ist NAHles!“
In der SPD-Parteizentrale ist indessen niemandem zum Lachen. Man bemüht sich um Schadensbegrenzung. SPDVize Ralf Stegner rief zu einem „Ende der Disziplinlosigkeit“auf. Der Streit um die von Nahles und der Parteispitze zunächst gebilligte Rochade – Schulz übergibt den Vorsitz an sie und wird statt Gabriel Außenminister – lastet schwer. Geschadet hat dies nicht nur der Partei, sondern vor allem den Beteiligten: Schulz legte nach dem internen und öffentlichen Druck alles zurück. Und ob Gabriel Außenminister bleiben darf, ist ungewiss. Dass er bei seiner Abrechnung seine Tochter zitierte, um auf Schulz’ Äußerlichkeiten hinzuweisen, fanden viele Genossen geschmacklos („Papa, jetzt hast du mehr Zeit mit uns. Das ist doch besser als mit dem Mann mit den Haaren im Gesicht“).
Unmut gibt es auch über Andrea Nahles. Die Fraktionsführerin soll so schnell wie möglich kommissarisch den Vorsitz übernehmen. Die Parteilinke fordert aber, dass alle Mitglieder über die neue Chefin abstimmen dürfen. Olaf Scholz, Parteivize, lehnt dies ab. Die Wahl werde auf einem Parteitag vom Vorstand entschieden.
Klare Worte fand zuletzt auch Angela Merkel. Nach der internen Kritik am Verhandlungsergebnis kündigte sie an, mehr junge Leute im Kabinett miteinzubeziehen. Während Getreue applaudierten, die Junge Union beruhigt ist („Die Kanzlerin hat verstanden“), rumort es in den hinteren Reihen weiter.
Auf Merkels Abgang können ihre Kritiker nicht hoffen. Sie will bis zum Ende der Legislaturperiode bleiben, das habe sie den Wählern versprochen, argumentiert sie im Sollte dies aufgehen, liegt sie mit Helmut Kohl gleichauf, der 16 Jahre regierte. Ihn haben die Narren einst als Birnenkopf verspottet. Merkel ist diesmal die Schwarze Witwe, die über den Knochen ihrer einstigen Rivalen thront. „Unser Standpunkt ist klar: Eine kleinere EU sollte auch ein kleineres EU-Budget haben“, sagte Europaminister Gernot Blümel. Auf keinen Fall ist Österreich bereit, mehr als bisher an die EU zu zahlen. Netto überwies Österreich 791,3 Millionen Euro im Jahr 2016 an die EU, das sind 0,23 Prozent der österreichischen Wirtschaftsleistung (siehe Grafik unten).
Das war unmissverständlich die Botschaft Blümels an EU-Budgetkommissar Günther Oettinger bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag in Wien. Und Österreichs strikter Sparkurs würde auch von anderen Nettozahlern unterstützt (Niederlande, Schweden, Finnland, Dänemark), betonte Blümel.
Oettinger hatte gestern seinen Österreich-Tag. Er traf Bundeskanzler Sebastian Kurz, etliche Minister, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und Parlamentarier. „Ich möchte die Erwartungen, Prioritäten und roten Linien der Österreicher kennenlernen“, erklärte der CDU-Politiker.
Auf die Blümel-Aussage, keinen Cent mehr in den EUTopf zu überweisen, reagierte Oettinger nüchtern: „Wenn es ums Geld geht, gibt es Streit.“Auf Twitter schrieb er: „Österreichs Regierung bleibt bei ihrer Ausgangsposition: Der EU-Haushalt soll bei einem Prozent des Bruttonationaleinkommens sein.“Mehr Europa, mehr Geld für Migration und Außengrenzschutz heißt anderswo sparen, fügte der Kommissar hinzu.
Österreich muss künftig mit Kürzungen bei diversen Förderungen rechnen, in erster Linie für Bauern. Gestrichen wird auch ein Rabatt, der Österreich wegen des Briten-Rabattes seit vielen Jahren gewährt wird (rund 100 Millionen Euro pro Jahr, Anm.).
In zwei Bereichen will die EU im Rahmen des mehrjährigen Budgets von 2020 bis 2027 die Ausgaben großzügig steigern: Für das Studentenaustausch-Programm „Erasmus“und für Forschung und Innovation wird es deutlich mehr Geld geben. „Die EU muss wettbewerbsfähig bleiben“, erklärte Oettinger.
Ende Mai legt die EUKommission ihre Pläne vor, dann folgen während des österreichischen EU-Vorsitzes in der zweiten Hälfte 2018 intensive Verhandlungen. Die EU-Kommission will eine Einigung für den Finanzplan bis zum Frühjahr 2019.
Steuertrickser
Der EU-Kommissar erkundete bei seinem Besuch auch die Anliegen der Opposition. Ein eigenes Treffen hatte er mit Ex-Bundeskanzler Christian Kern: Auch er findet, dass eine „Erhöhung der Zahlungen an Brüssel nicht nötig ist“. Der SPÖ-Klubchef plädiert für Kürzungen bei Subventionen für die Agrarindustrie. Die EU könnte außerdem Einnahmen lukrieren, wenn sie entschlossener gegen Steuervermeider vorgehen würde, betonte Kern.