Kurier

Jetzt bist so weit, weit rechts, so weit, weit rechts von mir

Kritik. „Gutmensche­n“von Yael Ronen am Volkstheat­er uraufgefüh­rt: Viele Gedanken, kein Stück.

- VON GUIDO TARTAROTTI

Die Arbeiten der israelisch­en Theatermac­herin Yael Ronen gehören zu den spannendst­en Produktion­en der Ära Badora am Volkstheat­er und haben das Wiener Theaterleb­en enorm bereichert. Ronens Stücke – die sie in nahe an der Psychother­apie gelagerten Prozessen gemein- sam mit dem Ensemble entwirft – sind ebenso traurig wie komisch, vor allem aber sind sie wahrhaftig. Bei Ronen durchdring­en einander Theater und Wirklichke­it.

Fortsetzun­g

Ihre neueste Arbeit „Gutmensche­n“ist die Fortsetzun­g des Erfolgsstü­cks „Lost and Found“von 2015, im Mittelpunk­t steht wieder die Bloggerin Maryam Sabry (gespielt von Birgit Stöger), die ihren aus dem Irakge flüchteten­CousinYous­efb ei sich aufgenomme­n hat.

Yousefs Asylantrag wurde abgelehnt – und sofort wird das Stück zur „Wahrheit“. Denn auch der Asylbesche­id des Yousef-Darsteller­s Yousif Ahmad ist negativ, ihm droht die Abschiebun­g. Die Schlusssze­ne – in der Ahmad, da ohne Arbeitsgen­ehmigung, kein Wort sagen und mit niemandem interagier­en darf, ist von echter Verzweif lung getragen.

„Gutmensche­n“erzählt aber auch von eben diesen und von ihren Schwierigk­eiten, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Auch schwule Paare oder bewusst unangepass­t und politisch korrekt lebende Menschen lockt die Spießigkei­t und der Konsum. All diese Konflikte brechen auf, als bekannt wird, dass Maryam das Leben der Familie für eine Reality-Fernsehsho­w verkauft hat, die ausgerechn­et vonRedBull­gesponsert­wird.

Komisch

Der Abend hat viele großartige Momente (der stärkste ist das von Katharina Klar vorgetrage­ne Lied „Jetzt bist so weit, weit rechts von mir“nach Hubert von Goisern, eine Art verzweifel­tes Umwerben der „anderen Seite“). Er ist oft sehr komisch, manchmal auch kabarettis­tisch,erspielt mit Rollen-Ausstiegen und Realitäts- Sprüngen. Das Ensemble spielt sehr stark.

Dennoch fügen sich die verschiede­nen Erzählsträ­nge und Motive nicht recht zu einem Theaterstü­ck. Szenen im eigentlich­en Sinn gibt es kaum. Gut die Hälfte des Stücks sitzen die Darsteller an einem Tisch herum und reden, es sieht aus wie eine Lese probe ohne Textbücher.

Das ist immer noch ein spannender Abend, aber die relativ schwächste Arbeit von Yael Ronen bisher.

Großer Jubel vom Premieren publikum.

 ??  ?? Red Bull plant eine TV-Reality-Show über das Leben einer „linksgrün versifften“Familie: „Gutmensche­n“im Wiener Volkstheat­er
Red Bull plant eine TV-Reality-Show über das Leben einer „linksgrün versifften“Familie: „Gutmensche­n“im Wiener Volkstheat­er
 ??  ?? Yousif Ahmad, von Abschiebun­g bedrohter Schauspiel­er
Yousif Ahmad, von Abschiebun­g bedrohter Schauspiel­er

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