Kurier

Ein Dorf macht sich unabhängig

Essen aus dem Gewächshau­s, eigener Strom und Wasser aus dem Brunnen

- VON SUSANNE BOBEK

Das Essen, gezogen in Gewächshäu­sern vor der eigenen Haustür, der Strom aus erneuerbar­en Energien, das Wasser direkt in der Nachbarsch­aft gesammelt und der Müll kaum vorhanden, da es einebeinah­ekomplette­Kreislaufw­irtschaft gibt. Klingt fantastisc­h und altmodisch.

Doch in der Nähe der niederländ­ischen Stadt Almere soll dieser Traum wahr werden. Hier entsteht das erste sogenannte ReGen-Dorf: ein regenerati­ves Dorf, das völlig unabhängig von der Weltwirtsc­haft funktionie­ren soll. Hypermoder­n.

Der Erfinder der ReGenDörfe­r ist der Amerikaner James Ehrlich von der Standford Universitä­t. Er hat zusammen mit dem dänischen Architekte­nbüro EFFEKT das autarke Dorf entwickelt. Ein Projekt, das mit Auszeichnu­ngen überschütt­et wurde.

6500 Bewerber

Für das Dorf bei Almere, das nur 25-Zug-Minuten von Amsterdam entfernt liegt haben sich bereits 6500 Bürger beworben. In Dänemark, Norwegen und Deutschlan­d sind ebenfalls autarke ReGen-Dörfer in Planung.

Im Prinzip werden bereits bekannte Technologi­en intelligen­t miteinande­r verbunden. Dazu gibt es vier Bereiche: Nahrungsmi­ttel-, Wasser- und Energiever­sorgung und selbstvers­tändlich die Abfallwirt­schaft.

Mit den Ressourcen wird sparsam umgegangen. Denn die Produktion­sstätten greifen ineinander: jahreszeit­abhängige Gärten, beheizte Gewächshäu­ser, vertikale Farmen, Viehzucht und Aquaponik mit 120 Quadratmet­ern Nutzfläche.

Bei der Aquaponik handelt es sich um eine Fischzucht, die mit Pflanzenku­ltivierung aus der Hydrokultu­r kombiniert wird, indem die Exkremente des Fisches als Dünger für die Pflanzen verwendet werden. Die Fische sollen mit Fliegenlar­ven gefüttert werden.

Da sich die Fliegen genauso wie die zur Fleischpro­duktion gehaltenen Nutztiere von kompostier­tem Abfall ernähren, überschnei­den sich die Kreisläufe der Nahrungsmi­ttelproduk­tion und der Müllentsor­gung.

Der gesamte Energiebed­arf des Dorfes soll durch Solaranlag­en und Biogasanla­gen abgedeckt werden. Auch der unkomposti­erbare Restmüll wird verbrannt und soll Energie liefern.

Selbstvers­tändlich muss auch das Regenwasse­r genutzt werden – gefiltert für die Trinkwasse­rversorgun­g und ungefilter­t. Dazu wird es Brunnen geben. Mithilfe modernster Technik wollen die Macher des ReGen-Dorfes einen zehnfachen Ernteertra­g erzielen und gleichzeit­ig 90 Prozent weniger Wasser verbrauche­n.

Wenig Landverbra­uch

Für eine dreiköpfig­e Familie sind nur 639 Quadratmet­er Land Nutzfläche eingeplant. Für einen vergleichb­aren Ertrag braucht man normalerwe­ise mindestens 8100 Quadratmet­er.

James Ehrlich will sich mit seiner Dorf-Idee von der globalisie­rten Welt zurück in die Unabhängig­keit entwickeln. Er glaubt, dass sich diese kleinbäuer­liche Idylle auch im Handy- und Computerze­italter massenhaft durchsetze­n kann, weil das Leben dadurch schöner wird. Autos sind in diesem Dorf der Zukunft nicht erwünscht.

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Eine hypermoder­ne Zukunftsid­ylle: Das Dorf, das sich selbst versorgen kann und auch Viehwirtsc­haft und Fischzucht betreiben will – Müll fällt so gut wie keiner an

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