Kurier

Psychologe verkaufte falsche Drogentest­s

Therapie statt Strafe. Süchtiger wusste, dass es bei einem Therapie-Verein Schein-Gutachten gibt

- – RICARDO PEYERL

Mithilfe von gefälschte­n Harntests und geschönten Gutachten eines TherapieVe­reins konnten drogenabhä­ngige Klein-Dealer offenbar dem Gefängnis entgehen, ohne wirklich von der Sucht loszukomme­n. Das zeigte am Donnerstag der Prozess gegen einen Wiener Psychother­apeuten auf. Dieser wurde zu neun Monaten bedingter Haft und einer Geldstrafe von 5580 Euro verurteilt, weil er einem suchtgifta­bhängigen Mann gegen Entgelt fälschlich bescheinig­te, „clean“zu sein.

Der junge Mann war wegen mehrerer Delikte verurteilt worden, hatte nach dem Grundsatz „Therapie statt Strafe“aber einen Strafaufsc­hub gewährt bekommen. Er musste seine Strafe nicht antreten und erklärte sich dafür im Gegenzug bereit, bei einem Verein, der seit 2006 in Kooperatio­n mit dem Justizmini­sterium Entzugsthe­rapien anbietet, seine Sucht behandeln zu lassen.

Wie der 24-Jährige Richterin Elisabeth Reich schilderte, wusste er, „dass man bei dem Verein eine Scheinther­apie machen kann“. Zwischen Juli 2014 und Mai 2015 ging er daher regelmäßig zum Angeklagte­n, der früher Geschäftsf­ührer des Vereins war: „Ich musste keinen Harn abgeben.“

Die Justiz erfuhr nichts davon, dass der 24-Jährige längst wieder Drogen nahm. Der Psychother­apeut bestätigte ihm nämlich Monat für Monat, dass der Mann „sauber“war. Dafür habe der Therapeut 150 Euro pro Sitzung verlangt, „die fünf Minuten gedauert hat“, offenbarte der Zeuge. Für einen positiven Abschlussb­efund, damit die aufgeschob­ene Strafe erlassen wird, übergab er dem Psychother­apeuten 300 Euro. Der durch einen verdeckten Ermittler überführte Angeklagte bestritt entschiede­n, von dem Mann Geld genommen zu haben, was ihm die Richterin jedoch nicht glaubte. Der Therapeut hatte auch behauptet, seine monatliche­n Berichte ans Gericht wären inhaltlich nicht wirklich unrichtig gewesen: „Es geht um einen Therapiepr­ozess. Da können auch Rückfälle stattfinde­n.“Er müsse daher nicht jeden Harnbefund mit einem Drogennach­weis erwähnen, manchmal verwende er auch Schablonen.

Schablonen

Die Richterin konfrontie­rte den Angeklagte­n mit Passagen aus seinen Schreiben an die Justiz. Der Patient halte sich „vorbildhaf­t an die Auflagen“, seine Harntests seien „durchgehen­d negativ“. Der Psychother­apeut erklärte, er habe „eine Schablone vielleicht ein Mal zu oft geschriebe­n“.

Das Justizmini­sterium will nun die Rahmenvere­inbarung mit dem betreffend­en Verein (es gibt mehrere) überprüfen. 2016 hat die Justiz für das Maßnahmen-Paket „Therapie statt Strafe“8,41 Millionen Euro aufgewende­t. 561 Verurteilt­e ersparten sich damit das Gefängnis, 281 wurden früher entlassen.

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Bei einem Verein waren vorgetäusc­hte Harntests zu bekommen

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