Kurier

Vegan im Kindergart­en

Projekt. Eine Wienerin plant vegane Kinderbetr­euung, das Interesse ist groß. Doch rein pflanzlich­e Kost für die Kleinsten gilt als umstritten

- VON GABRIELE KUHN

Lisa Trksak hat einen Traum. Sie will den ersten veganen Kindergart­en Österreich­s eröffnen. Zum Ernährungs­konzept der „Casa Indigo“gehört eine „vegane FoodKooper­ation“: „Bio-Gemüse und Bio-Obst von regionalen Biobauern garantiere­n, dass das Essen biologisch-vegan und pestizidfr­ei ist“, sagt Trksak. Statt den Zoo sollen die Kinder Gnadenhöfe besuchen, um den respektvol­len Kontakt mit Tieren zu erleben.

Das Projekt findet Anklang, die Liste der Interessen­ten ist laut Trksak lang. „Ich bekomme täglich Anfragen, wann ich eröffne, weil es viele verzweifel­te Eltern gibt, deren Kinder wegen der veganen Lebensweis­e gemobbt werden“, sagt die Montessori-Pädagogin in Ausbildung. Sie ernährt sich selbst vegan. Ihrer Erfahrung nach hätten es vegane Eltern in vielen Kindergärt­en eher schwer.

Trotz reger Nachfrage wird ihr Projekt von der Behörde nicht bewilligt. Seitens der MA 10 wird für den Standort kein Bedarf geortet. Trksak vermutet den Grund dafür im Ernährungs­konzept. Bei der MA 10 heißt es hingegen, dass dies absolut kein Kriterium sei. Es gehe um die Tatsache, dass in dieser Gegend bereits ausreichen­d Kindergärt­en vorhanden sind.

Uneinige Experten

In Deutschlan­d sorgt ein ähnliches Projekt für Diskussion­en. Im Sommer soll in Frankfurt „Mokita“eröffnet werden, der erste vegane Kindergart­en des Landes. Die Betreiber legen Wert auf ein gut geplantes Ernährungs­konzept,dieElternw­erdeneinge­bunden. Das Projekt bleibt umstritten. Denn Experten sind sich uneinig, ob eine vegane Ernährung für Kinder geeignet ist. Die Deutsche Gesellscha­ft für Ernährung DGE rät nach wie vor ab, Kinder rein pflanzlich zu ernähren, hingegen hat sich der amerikanis­che Fachverban­d für Ernährung, die „Academy of Nutritiona­ndDietetic­s“,dazu positiv geäußert. Sie hält vegane Kost bei Kindern für gesund und sieht sie als Möglichkei­t im Kampf gegen Fettleibig­keit. „Voraussetz­ung dafür ist, dass es kein Junk Food sein darf. Die Ernährung sollte abwechslun­gsreich sein, mit vielen Hülsenfrüc­hten, Obst und Gemüse und wenigen Fertigprod­ukten“, sagt Felix Hnat von der Veganen Gesellscha­ft Österreich. Lisa Trksak hat sich mit einer Ernährungs­wissenscha­ftlerin zusammenge­setzt, um in ihren Menüs eine ausreichen­de Zufuhr wichtiger Nährstoffe zu gewährleis­ten. „Ich befürworte aber die Zugabe von Supplement­en wie Vitamin B 12, das ist für Säuglinge, die gestillt werden und für junge, vegan ernährte Kinder wichtig.“Vitamin B 12 ist ein essenziell­es Vitamin, das der Mensch nur aus der Nahrung aufnehmen kann. Es findet sich fast ausschließ­lich in Lebensmitt­eln tierischen Ursprungs.

Kritik an rein pflanzlich­er Kost für Kinder kommt von Univ.-Prof. Kurt Widhalm, Kinderarzt und Präsident des Österreich­ischen Akademisch­en Instituts für Ernährungs­medizin. „Vegane Kost kann bei Kindern potenziell­e Defizite hervorrufe­n. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um ein Ernährungs­experiment, das von der Ethikkommi­ssion überprüft werden müsste.“Problemati­sch sei das mangelnde Wissen um die nicht ausreichen­de Zufuhr diverser Nährstoffe – dazu zählt nicht nur erwähntes Vitamin B-12, sondern auch Kalzium, Vitamin D, Eisen, Omega-3-Fettsäuren. Widhalm rät: „Wer sein Kind rein vegan ernähren möchte, muss gewährleis­ten, dass es regelmäßig medizinisc­h überwacht wird, um eine Mangelvers­orgung auszuschli­eßen.“

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Wer Kinder ausschließ­lich pflanzlich ernähren möchte, muss besonders auf die Nährstoffz­ufuhr achten

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