Vegan im Kindergarten
Projekt. Eine Wienerin plant vegane Kinderbetreuung, das Interesse ist groß. Doch rein pflanzliche Kost für die Kleinsten gilt als umstritten
Lisa Trksak hat einen Traum. Sie will den ersten veganen Kindergarten Österreichs eröffnen. Zum Ernährungskonzept der „Casa Indigo“gehört eine „vegane FoodKooperation“: „Bio-Gemüse und Bio-Obst von regionalen Biobauern garantieren, dass das Essen biologisch-vegan und pestizidfrei ist“, sagt Trksak. Statt den Zoo sollen die Kinder Gnadenhöfe besuchen, um den respektvollen Kontakt mit Tieren zu erleben.
Das Projekt findet Anklang, die Liste der Interessenten ist laut Trksak lang. „Ich bekomme täglich Anfragen, wann ich eröffne, weil es viele verzweifelte Eltern gibt, deren Kinder wegen der veganen Lebensweise gemobbt werden“, sagt die Montessori-Pädagogin in Ausbildung. Sie ernährt sich selbst vegan. Ihrer Erfahrung nach hätten es vegane Eltern in vielen Kindergärten eher schwer.
Trotz reger Nachfrage wird ihr Projekt von der Behörde nicht bewilligt. Seitens der MA 10 wird für den Standort kein Bedarf geortet. Trksak vermutet den Grund dafür im Ernährungskonzept. Bei der MA 10 heißt es hingegen, dass dies absolut kein Kriterium sei. Es gehe um die Tatsache, dass in dieser Gegend bereits ausreichend Kindergärten vorhanden sind.
Uneinige Experten
In Deutschland sorgt ein ähnliches Projekt für Diskussionen. Im Sommer soll in Frankfurt „Mokita“eröffnet werden, der erste vegane Kindergarten des Landes. Die Betreiber legen Wert auf ein gut geplantes Ernährungskonzept,dieElternwerdeneingebunden. Das Projekt bleibt umstritten. Denn Experten sind sich uneinig, ob eine vegane Ernährung für Kinder geeignet ist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung DGE rät nach wie vor ab, Kinder rein pflanzlich zu ernähren, hingegen hat sich der amerikanische Fachverband für Ernährung, die „Academy of NutritionandDietetics“,dazu positiv geäußert. Sie hält vegane Kost bei Kindern für gesund und sieht sie als Möglichkeit im Kampf gegen Fettleibigkeit. „Voraussetzung dafür ist, dass es kein Junk Food sein darf. Die Ernährung sollte abwechslungsreich sein, mit vielen Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse und wenigen Fertigprodukten“, sagt Felix Hnat von der Veganen Gesellschaft Österreich. Lisa Trksak hat sich mit einer Ernährungswissenschaftlerin zusammengesetzt, um in ihren Menüs eine ausreichende Zufuhr wichtiger Nährstoffe zu gewährleisten. „Ich befürworte aber die Zugabe von Supplementen wie Vitamin B 12, das ist für Säuglinge, die gestillt werden und für junge, vegan ernährte Kinder wichtig.“Vitamin B 12 ist ein essenzielles Vitamin, das der Mensch nur aus der Nahrung aufnehmen kann. Es findet sich fast ausschließlich in Lebensmitteln tierischen Ursprungs.
Kritik an rein pflanzlicher Kost für Kinder kommt von Univ.-Prof. Kurt Widhalm, Kinderarzt und Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. „Vegane Kost kann bei Kindern potenzielle Defizite hervorrufen. Aus meiner Sicht handelt es sich dabei um ein Ernährungsexperiment, das von der Ethikkommission überprüft werden müsste.“Problematisch sei das mangelnde Wissen um die nicht ausreichende Zufuhr diverser Nährstoffe – dazu zählt nicht nur erwähntes Vitamin B-12, sondern auch Kalzium, Vitamin D, Eisen, Omega-3-Fettsäuren. Widhalm rät: „Wer sein Kind rein vegan ernähren möchte, muss gewährleisten, dass es regelmäßig medizinisch überwacht wird, um eine Mangelversorgung auszuschließen.“