Kurier

Warum sich die Wirtschaft Grenzkontr­ollen nicht leisten kann

Längere Wartezeit. Eine Stunde kostet 3,2 Millionen Euro. Experte sieht Gefahr für Binnenmark­t

- – ANDREAS ANZENBERGE­R

Die Wirtschaft­skammer hat Berechnung­en über die Höhe der zusätzlich­en Kosten von Grenzkontr­ollen durchgefüh­rt. In die Rechnung eingegange­n sind nur die Ausgaben für die längeren Wartezeite­n an den AutobahnGr­enzübergän­gen.

Allein für vier davon zu Deutschlan­d würden demnach die Mehrkosten rund 760.000 Euro pro Stunde ausmachen, verweist Erik Wolf, Geschäftsf­ührer der Bundesspar­te Transport und Verkehr, auf die Rechnung der Kammer. Doch damit alleine wäre es nicht getan.

Kanzler Sebastian Kurz hat bereits angekündig­t, dass im Falle von intensiven Grenzkontr­ollen der deutMan schen Behörden Österreich die Grenzüberg­änge zu Slowenien, Italien und Ungarn ebenso kontrollie­ren werde. Dies sei notwendig, „damit Österreich nicht Leidtragen­der der Aktion ist“und „sich die Menschen nicht in Österreich stapeln, wenn sie nicht mehr nach Deutschlan­d hineingela­ssen werden“, lautet die Begründung von Kurz.

Die Wirtschaft­skammer hat die Kosten für die zusätzlich­e Wartezeit für insgesamt 20 Autobahn-Grenzüberg­änge von und nach Österreich ermittelt. Die Mehrausgab­en dafür betragen 3,2 Millionen Euro pro Stunde. Wobei die Annahmen eher am unteren Ende der realen Ausgaben angesiedel­t seien, sagt Wolf. habe für eine Stunde Wartezeit lediglich 50 Euro angesetzt.

Die Wirtschaft­skammer hat die ersten solcher Berechnung­en bereits auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise durchgefüh­rt. Jetzt wurden die Zahlen aktualisie­rt.

„Just in time“

Wobei noch einiges dazu kommt. Im EU-Markt ist „just in time“zur Regel geworden: Das Material wird in der Stückzahl und zu dem Zeitpunkt produziert und geliefert, wie es für die weitere Produktion gebraucht wird. Große Lager sind Vergangenh­eit. Daher muss die Transportl­ogistik stimmen. Wie hoch der Schaden durch Verzögerun­gen der Transporte an der Grenze sein wird, lässt sich schwer sagen.

Ebenfalls nicht mitgerechn­et wurden die zusätzlich­en Ausgaben der Republik für die Grenzkontr­ollen. An vielen Grenzüberg­ängen wurden die Kontrollst­ellen längst abgebaut.

Kritik an den Plänen von Innenminis­ter Horst Seehofer kam vom Präsidente­n des Deutschen Instituts für Wirtschaft­sforschung, Marcel Fratscher. Grenzkontr­ollen würden „das Konzept des europäisch­en Binnenmark­tes hinterfrag­en und schwächen“und „einen großen Teil des Nutzens des Binnenmark­tes zerstören“.

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Auch in Deutschlan­d warnen Wirtschaft­sexperten vor umfangreic­hen Grenzkontr­ollen, die den Warenverke­hr behindern

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