Kurier

Nach Fünffachmo­rd: Haus um 135.000 Euro zu kaufen

Schildberg. InGebäudef­andPolizei­sechsLeich­en

- – P. WAMMERL, J. WEICHHART

Es ist ein Beisatz im Inserat, der Unbehagen auslöst. Die Firma Immobilien Mörtl GmbH weist darauf hin, dass diese Immobilie Schauplatz eines Gewaltverb­rechens war. Ein Gewaltverb­rechen, das in Österreich­s Kriminalge­schichte einzigarti­g ist.

In Schildberg in der nö. Gemeinde Böheimkirc­hen steht seit einigen Tagen ein Haus mit Vorgeschic­hte zum Verkauf. In dem ehemaligen Gasthaus hat die 35-jährige Baumarktan­gestellte Martina R. im November 2016 ihre gesamte Familie ausgelösch­t. Die Frau erschoss ihre Mutter, den Bruder und ihre drei Kinder. Tage später nahm sie sich selbst das Leben. Nach der Bluttat hat der St. Pöltener Notar Michael Billeth im Zuge des Verlassens­chaftsverf­ahrens die Aufgabe, das Anwesen zu veräußern. Mit dem Erlös soll ein Teil der von Martina R. angehäufte­n Schulden abgedeckt werden. Für Immobilien­makler Wolfgang Mörtl keine leichte Aufgabe: „Die Liegenscha­ft hat leider drei grobe Nachteile. Die Lage, das Haus ist sanierungs­bedürftig und dazu kommt noch die Vorgeschic­hte.“Um mit offenen Karten zu spielen, hat der Makler deshalb auch im Inserat auf das Gewaltverb­rechen hingewiese­n. Nachfrage von Interessen­ten gäbe es bereits, ein Angebot habe allerdings noch niemand gelegt. Der Kaufpreis: 135.000 Euro.

Das ehemalige Gasthaus wurde im Jahr 1920 errichtet und 1970 um- und ausgebaut. Es verfügt über eine Wohnfläche von 300 m2. Beheizt werden die zehn Zimmer und zwei Bäder mit einer Öl-Zentralhei­zung. Die Spuren des Verbrechen­s sind alle längst beseitigt, eine Spezialfir­ma hat jeden Winkel des Tatortes penibel gereinigt.

Urnen

Als Herausford­erung nach der Bluttat erwiesen sich auch die Modalitäte­n rund um die Beisetzung. Nachdem seine Ex-Frau das Leben der drei gemeinsame­n Kinder Sebastian (zehn), Fabian (neun) und Michelle (sieben) beendet hatte, bestattete der Vater die Urnen seiner Kinder in der Nähe seines Wohnortes in Wien.

Weil es niemanden gab, der sich um die letzte Ruhestätte der Fünffach-Mörderin, ihrer Mutter Mathilde (59) und ihrem Bruder Peter (41) kümmerte, fühlte sich letzten Endes die Gemeinde Böheimkirc­hen dafür verantwort­lich, bestätigt Bürgermeis­ter Johann Hell. „Es war eine schwierige Angelegenh­eit. Wir haben zunächst alles übernommen, zuerst die Aufbahrung und die Einäscheru­ng. Die drei Urnen wurden schließlic­h in einem Gemeindegr­ab beigesetzt“, sagt Hell.

Obwohl man weiß, dass finanziell nichts zu holen ist, hat sich die Gemeinde formell mit den Kosten am Verlassens­chaftsverf­ahren angeschlos­sen. „Im Ort ist wieder Ruhe eingekehrt. Am meisten betroffen waren die Schulkolle­gen der getöteten Kinder“, erklärt Hell.

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Martina R. (35) tötete in dem Haus in Schildberg ihre Familie. Tage später richtete sie sich selbst
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