Morden aus Barmherzigkeit
Kritik. Heuer gibt es „Arsen und Spitzenhäubchen“bei den Festspielen Kobersdorf
Im fünfzehnten Jahr seiner Intendanz der Festspiele Kobersdorf hat sich Wolfgang Böck keine leichte Aufgabe gestellt: Er zeigt Joseph KesselringsThrillerkomödie„Arsen und Spitzenhäubchen“.
Denn eine echte Knallkomödie auf die Bühne zu bringen, grenzt an ein Himmelfahrtskommando. Vor allem dann, wenn dem Werk eine cineastische Vorgeschichte zugrunde liegt, die nur schwer zu übertreffen ist.
DieRedeistvonFrankCapras Verfilmung des Broadway-Hits, der mit Gary Grant und dem legendären Peter Lorre anno 1944 Filmgeschichte schrieb. Barbara Frey hatte sich an der Ge- schichte der beiden Mordschwestern Martha und Abby, die alleinstehende ältere Herren aus reiner Barmherzigkeit ins Jenseits befördern, 2006 am Akademietheater versucht und war trotz herausragender Besetzung mit Kirsten Dene und Libgart Schwarz gescheitert.
Abrollen
In Kobersdorf nahm sich nun Regisseur Werner Prinz des Stoffes an und reüssierte beim Premierenpublikum. Prinz verzichtete auf alles, was die ungeschriebenen Theatergesetze einer Komödie vorgeben: Tempo, Türenknallen, scharf gesetzte Pointen. Und trotzdem funktioniert’s, denn er lässt die Story glatt abrollen. Erich Uiberlackerhatihmdafüreineideale Bühne gefertigt.
Betulich agieren in ihrem idyllisch eingerichteten Zimmer zwei betagte, aber flotteDamen, dierührendfür ihren Zögling, den erwachsenen Mortimer, sorgen. Die Cops – bei Prinz zwei junge Polizistinnen (Lisa Stern und Andrea Köhler) – bestechen sie mit belegten Brötchen, wenn sie Teddy, der sich für Präsident Roosevelt hält und nächtens seine Trompete anstimmt, zurRuhemahnen. Gespielt wird mit Hingabe.
GertrudRollzeigtMartha Brewster fein nuanciert als geheimnisvolle Dame mit Charme und Sinn für Humor. Erika Mottl ist ihr als rührige Schwester Abby eine Partnerin auf Augenhöhe.
Wolfgang Böck zeigt als Teddy Brewster, was wirkliche Komik ist. Alexander Jagsch sieht man gern als quirligen, naiven Theaterkritiker Mortimer. Clemens Aap Lindenberg ist nicht nur gestylt wie Herman Munster, er agiert auch so.
Wolf Bachofner überzeugt als schrulliger Quacksalber-Chirurg Eisenstein. Dagmar Bernhard komplettiert als Mortimers Verlobte Elaine. So kann solide Theaterarbeit unterhalten.
KURIER-Wertung: