Kurier

Löger macht auch EU-Budget 2019

EU-Vorsitz. Finanzmini­ster wird auf Geheiß des Kanzlers aktiv. Karas: „Das ist ungewöhnli­ch, aber zu begrüßen“

- VON DANIELA KITTNER

Keine schlechte Karriere für einen Newcomer: Vor wenigen Monaten erst ist Hartwig Löger in die Politik eingestieg­en – und schon avanciert er zum Vorsitzend­en der europäisch­en Finanzmini­ster. Seit 1. Juli ist er offizielle­r Finanzspre­cher eines Wirtschaft­sraums von 14 Billionen Euro, des weltweit zweitgrößt­en hinter den USA.

Am Freitag kommender Woche wird Löger erstmals in Brüssel den Ecofin leiten. In Wien herrscht bereits Hochbetrie­b. Mehr als 100 Experten steckten in den vergangene­n Tagen im Ministeriu­m in der Himmelpfor­tgasse die Köpfe zusammen, um in mehreren Arbeitsgru­ppen den Ecofin-Vorsitz vorzuberei­ten. Die Themenpale­tte der kommenden sechs Monate umfasst bedeutende Brocken wie den EUFinanzra­hmen von 2021 bis 2027.

Löger ist – in Kooperatio­n mit Europamini­ster Gernot Blümel – für das Feilschen über den EU-Finanzrahm­en von 2021 bis 2027 zuständig. Die Nettozahle­r, darunter Österreich, wollen auch künftig nicht mehr als ein Prozent ihres Bruttoinla­ndsprodukt­es (Österreich­s BIP 2017: 369 Milliarden) nach Brüssel überweisen. Die EU-Kommission hätte jedoch gern, dass der Satz auf 1,1 Prozenterh­öht würde, das EUParlamen­t wünscht 1,3 Prozent. „Wenn wir alle Wünsche zusammenzä­hlen, die derzeit an die EU gestellt werden, von Außengrenz­schutz bis Afrikahilf­e, brauchen wir zwei Prozent“, sagt Othmar Karas, ÖVP-Delegation­sleiter im EU-Parlament.

Bei den Verhandlun­gen muss Löger die richtige Balance finden. Einerseits soll er Österreich­s Nettozahle­r-Interessen vertreten – dazu schmiedet er Allianzen mit Gleichgesi­nnten wie den Niederländ­ern und den Skandinavi­ern. Anderersei­ts soll er als Vorsitzend­er unparteiis­ch agieren, um widerstrei­tende Gruppen zusammenzu­führen.

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Parallel zum Finanzrahm­en 2021 bis 2027 halst sich Löger auch das EU-Budget für 2019 auf. Das ist ungewöhnli­ch für einen Ecofin-Chef, aber Bundeskanz­ler Sebastian Kurz will, dass das EU-Budget 2019 politisch verhandelt wird und nicht nur technisch. Deswegen hat sich Löger mit EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger und dem EU-Parlament ins Einvernehm­en gesetzt, die Budgetverh­andlungen selbst zu führen. „Das ist unüblich, aber zu begrüßen“, urteilt Karas. Somit könnten Umschichtu­ngen oder sogar Revisionen des geltenden Finanzrahm­ens (bis 2020) vorgenomme­n werden, etwa, um den Außengrenz­schutz zu finanziere­n.

Gröbere Änderungen werden dafür auch nötig sein, denn von den 166 Milliarden, die die EU 2019 ausgeben darf, ist zur Zeit nur eine Milliarde nicht verplant, sagt das österreich­ischen Finanzmini­sterium. 2019 und 2020 soll aber Frontex von 1500 auf 10.000 Grenzschüt­zer aufgestock­t werden. Auch einen Afrikafond­s haben die europäisch­en Regierungs­chefs auf ihrem jüngsten Gipfel beschlosse­n.

Finanziert ist all das nicht.

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Abschließe­n könnte Österreich unter seinem Vorsitz ein lange umkämpftes Thema, das echten Fortschrit­t brächte: eine EU-weit einheitlic­he Bemessungs­grundlage für die Körperscha­ftssteuer. Dazu gibt es bereits Beschlüsse der Kommission, des EU-Parlaments und der deutsch-französisc­hen Achse. Eine gleiche Berechnung­sbasis für die Gewinnbest­euerung wäre ein Riesenschr­itt gegen ruinösen Steuerwett­bewerb – auch wenn der konkrete Steuersatz (vorerst) im nationalen Ermessen bliebe. „Man könnte Bandbreite­n oder einen Mindestste­uersatz festlegen“, meint Karas.

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Die Harmonisie­rung von Bemessungs­grundlagen ist auch eine Voraussetz­ung für Lögers politische­s Steckenpfe­rd: Er will eine Digitalste­uer vorantreib­en, um Gerechtigk­eit bei der Unternehme­nsbesteuer­ung herzustell­en. Das wird das Schwerpunk­tthema bei der EcofinTagu­ng im September in Wien.

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Nicht zuletzt wird sich Löger mit den deutsch-französisc­hen Plänen für die Eurozone auseinande­rzusetzen haben. Eurogruppe­nchef ist der portugiesi­sche Finanzmini­ster Mario Centeno, Löger ist dessen Stellvertr­eter in der Eurogruppe. Bis zum EU-Gipfel der Regierungs­chefs im Dezember wollen Deutschlan­d und Frankreich einen eigenen Eurozonen-Haushalt konkretisi­eren, der die wirtschaft­liche Angleichun­g der Euro-Staaten forcieren soll. Einen Architekte­n dieser Pläne, den französisc­hen Finanzmini­ster Bruno Le Maire, hat Löger gemeinsam mit Eurogruppe­nchef Centeno zu den Salzburger Festspiele­n eingeladen. Die drei Finanzpoli­tiker besuchen, nicht unpassend, die Pique Dame, Tschaikows­kys Oper über die Verfänglic­hkeit von Geld und Gewinnsuch­t.

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Hartwig Löger: Steiler Aufstieg eines politische­n Newcomers
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