Bachmann-Preis ging an Tanja Maljartschuk
„Frösche im Meer“erzählt von der Begegnung eines Migranten mit einer dementen Frau
Tanja Maljartschuk ist in Klagenfurt mit dem 42. Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet worden. Die in Wien lebende Ukrainerin siegte im Stechen bei der öffentlichen Jury-Abstimmung gegen Bov Bjerg und Raphaela Edelbauer und erhält 25.000 Euro.
Maljartschuks Text befasste sich mit Einsamkeit und Fremdsein und hatte als einziger jenen Stil, den die Jury offenbar am meisten schätzt. Jurorin Nora Gomringer rief nach der Lesung begeistert aus: „Alle sind erleichtert! Endlich Literatur!“Und ihre Kollegin Inse Wilke merkte an: „Eine ganz einfache Geschichte, die aber sehr kompliziert ist.“
Spektakulär
Der zweitgrößte Preis (12.500 Euro) ging an den Deutschen Bov Bjerg mit einer unter die Haut gehenden Erzählung über einen suizidgefährdeten Vater, der fürchtet, die Neigung zur Selbsttötung an seinen Sohn vererbt zu haben. Jurorin Insa Wilke beschrieb ihn so: „Das ist ein spektakulär unspektakulärer Text, oder anders gesagt, ein unspektakulär spektakulärer Text.“
Die drittwichtigste Auszeichnung (10.000 Euro) erhielt die türkischstämmige Deutsche Özlem Özgül Dündar. Ihre Geschichte handelte von drei Frauen in einem brennenden Asylheim. Mit 7500 Euro ausgezeichnet wurde die Schweizerin Anna Stern. Ihr Text, eine Art Gedankenstrom am Bett einer Schwerverletzten, war der Jury noch bei der Lesung eher rätselhaft erschienen.
Publikumspreis
Der traditionelle Publikumspreis ging an die einzige Autorin aus Österreich, Raphaela Edelbauer. Ihr Text ging von der Seegrotte in der Hinterbrühl aus, wo im Zweiten Weltkrieg Zwangsarbeiter gequält wurden, und wuchs sich zu einer detailverliebten Schilderung geologischer Vorgänge aus. Die Vergangenheit wird hier als Loch beschrieben, das eine ganze Stadt unterhöhlt. Edelbauer bekommt 7000 Euro und ein 5000-Euro-Stipendium als Klagenfurter Stadtschreiberin.
Die einzigen Autoren, die Mut zu Witz bewiesen (Corinna Sievers und Stefan Grötzner) gingen leer aus. Komik wird in Klagenfurt traditionell beim Abwiegen als zu leicht empfunden.
Geschockt
In einer ersten Reaktion sagte die Gewinnerin des Hauptpreises: „Ich bin richtig geschockt. Ich kann kaum etwas sagen. Es ist für mich neu, in diesem Zustand zu sein: ,Bachmann-Preisträgerin’.
Maljartschuk: „Es ist ein Wunder. Ich verstehe nicht und weiß nicht, warum mich diese Welt so liebt. Das ist eine große Verantwortung. Vielleicht muss ich noch etwas Wichtiges in meinem Leben machen.“
Von der gefürchteten Jury habe sie sich gut behandelt gefühlt: „Sie haben gesagt, dass es nicht viel zu sagen gibt über den Text. Ich glaube, das war das höchste Lob.“