„Wo sind denn die Solar-Dächer?“
Der Energie AG-Chef über den Ökostrom-Ausbau und die Chancen durch Digitalisierung
KURIER: Herr Steinecker, die Energie AG Oberösterreich hat beim Großteil ihrer Kunden bereits digitale Stromzähler installiert. Zufrieden? Werner Steinecker: 530.000 Kunden, das sind 77 Prozent unserer Stromabnehmer , haben smart meter. Nur 1,4 Prozent der Kunden wollen das nicht und haben sich gegen die viertelstündliche Ablesung ausgesprochen.
Was bringen diese Zähler?
Für die Kunden einen detaillierten Überblick über ihren Stromverbrauch und ihre Tarife, die einiges an Ersparnis bringen können. Für uns: eine klare Übersicht über die Nutzung der Netze. Da ersparen wir uns viel Geld, weil wir die Leitungen bedarfsgerechter nutzen und weniger ausbauen müssen. Aber smart meter sind für uns schon Thema von gestern. Digitalisierung heißt viel mehr.
Was denn?
Wir stellen die gesamte Unternehmensstruktur auf digitale Basis. Kundenwünsche werden für uns noch zentraler, Mitarbeiter haben in internen Ausschreibungen zig Projektvorschläge eingebracht, wie Digitalisierung die Kundenbeziehung verbessern kann. Wir brauchen dafür keine Start-ups.
Wie zum Beispiel?
SokamderVorschlageine App zu entwickeln, in die Kunden unter Eingabe ihrer Postleitzahl und Dachfläche, dieWirtschaftlichkeitvonSolaranlagen rasch erkennen können. Die App ermittelt Sonnenstände, und errechnet die Amortisation der Investition. Solaranlagen rechnen sich bei der aktuellen Förderung meist schon in vier Jahren.
Wenn sich ihre Kunden vermehrt selbst mit Strom versorgen, wozu brauchen sie dann die Energie AG noch?
Die Solaranlagen decken meist nur Spitzen-Strombedarfszeiten ab. Das ist gut für uns, denn Spitzenstrom ist teuer und das ist gut für die Kunden. Aber wir müssen dafür sorgen, dass Strom zu jeder Zeit in ausreichen- dem Maß vorhanden ist. Wir nehmen den Kunden den Solarstrom ab und steuern die Netzauslastung. Wasserkraftwerke schaffen die Grundlast und mit Gaskraftwerken, die schnell hochgefahren werden können, sichern wir, dass die Versorgung jederzeit klappt.
Die Regierung will aber 100 Prozent Strom aus Erneuerbaren. Geht das überhaupt?
Die Regierung fordert das fast Unmögliche, um ein Maximum zu erreichen. Ich frage mich aber: Wo sind denndievielenDächerfürSolarenergie? Wo sind die Flächen für Windkraftausbau und wo die Flüsse für neue Wasserkraftwerke? Die Versorgung wird ohne neue Gaskraftwerke nicht funktionieren. Derzeit aber ist Gas zu teuer. Ein Kraftwerksbau rechnet sich nicht.
Oder Strom zu billig?
Gas kostet 17 Euro pro Megawattstunde. Ich brauche zwei MWh Gas zur Erzeugung von einer MWh Strom, die ich dann um 40 Euro verkaufen kann. Das rechnet sich nicht.
Zurück zur Digitalisierung: Viele haben Angst, dass sie zu viele Daten preisgeben müssen und diese vor Fremd-Zugriffen nicht sicher sind?
Mir kommt das so vor wie um 1900, als die Menschen Angst vor dem Zugfahren hatten, weil der Mensch angeblich nicht mehr als 30 km/h verträgt. Wir beschäftigen uns selbstverständlich mit Datensicherheit und der Verschlüsselung der Daten. Wir testen derzeit zusammen mit Professor Zeilinger die Quantenübertragung von Daten. Wenn das funktioniert, werden Cyberangriffe auf die Stromnetze gänzlich verunmöglicht. Bei der Quantenübertragung können nur Sender und Empfänger die Datenpakete entschlüsseln.
Wird aus dem Stromversorger ein Digital-Unternehmen?
Wir stehen da noch ganz am Anfang. Die Unternehmen werden weitgehend automatisiert.DasBerufsbild ändert sich in Richtung DataScientist und Mitarbeiter werden in Richtung digitale E.Wirtschaft weitergebildet.